Emmanuel Macron: Internet muss reguliert werden, um frei zu bleiben

Der französische Staatspräsident Macron forderte auf dem Internet Governance Forum eine strengere Regulierung des Internet und mehr Kompetenzen für das IGF.

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Staatspräsident Macron: Internet muss reguliert werden, um frei zu bleiben

UN-Generalsekretär António Guterres, UNESCO-Generalsekretärin Audrey Azoulay und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron.

(Bild: Monika Ermert)

Lesezeit: 4 Min.
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  • Monika Ermert

Damit das Internet frei, offen und sicher bleibt, bedarf es der Regulierung, sagte der französische Staatspräsident Emmanuel Macron zum Auftakt des 13. Internet Governance Forum (IGF) am Montag in Paris vor teils erstaunten, teils begeisterten 2000 Zuhörern. Streichen will Macron unter anderem das Haftungsprivileg für Hosting Provider. Diese seien nicht weniger verantwortlich als Inhalte-Provider, so Macron. Besonders genau hörte eine große interministerielle Delegation aus Deutschland zu. Im kommenden Jahr ist Deutschland der Gastgeber.

Fast eine Stunde lange entwarf Macron seine Vorstellungen für die nächste Runde der Netzregulierung, von der Stärkung des Online-Urheberrechts, wie sie in Europa gerade vorbereitet wird, über die faire Besteuerung großer Netzplattformen bis hin zur echten Datenportabilität. Kinderpornographie und Terrorinhalte könnten mittlerweile durch künstliche Intelligenz erkannt werden, versicherte Frankreichs Staatspräsident. Auch auf die Herausforderung von "Fake News" und Hate Speech gibt es für den Franzosen eine richtige Antwort: Das müsse staatlich reguliert werden.

"Wenn ich hier Regulierung sage, höre ich ein Raunen", sagte Macron im großen Saal des UNESCO-Sitzes in Paris vor großem Publikum. Er wisse, dass viele hier gegen Regulierung kämpften. Sie lud Macron nun ein, im Rahmen des Multi-Stakeholder-Dialogs mitzumachen. "Wir sind die ersten, die darunter zu leiden haben, wenn die Regulierung nicht gut gemacht ist", versicherte er.

In Bezug auf die Themen "Fake News" und Hate Speech arbeite Paris im eigenen Land direkt mit den Plattformen zusammen. Erstmals würde eine Reihe französischer Diplomaten bei dem US-Unternehmen gastieren, um gemeinsam mit ihnen sinnvolle Schritte im Kampf gegen unliebsame Inhalte auszuarbeiten. Zugleich lobte Macron einen gerade von Reporter ohne Grenzen vorgelegten Entwurf für eine Erklärung zu Information und Demokratie.

Parallel zu dieser Erklärung hatte Macron bei den Paris Peace Talks gemeinsam mit anderen Staaten den "Paris Call 2018 Trust and Security in Cyberspace" eröffnet. Er soll Startschuss für eine Initiative für internationale Regeln im Bereich Cybersicherheit sein, eine Alternative zu den bei der UN vorgelegten russischen Vorschlägen und auch privaten Initiativen wie der von Microsoft initiierten Genfer Konvention für den Cyberspace.

Macron warb für das Mehr an Regulierung mit der Idee eines europäischen Mittelweges, der zwischen Kalifornien und China liege, zwischen Marktliberalismus und Laissez-faire auf der einen und einer absoluten Staatshegemonie auf der anderen Seite. UN-Generalsekretär António Guterres bekräftigte bei der Eröffnung: "Wir dürfen unser Schicksal nicht der unsichtbaren Hand des Marktes überlassen." In die Regulierung will Macron die eigenen Werte eingegossen haben. Neutral zu bleiben, anstatt Position zu beziehen, sei eines der größten Übel in Zeiten, in denen extremistische und nationalistische Kräfte die Debatte im Netz zu übernehmen drohten.

Dem IGF kommt bei der Entwicklung der Gesetzgebung für das Netz nach Ansicht Macrons eine große Rolle zu. Er forderte daher in seiner Rede dazu auf, das Forum aufzuwerten. Es solle beim UN-Generalsekretär angesiedelt werden und vor allem mit der Kompetenz ausgestattet sein, Vorschläge für mögliche Netzregulierungen zu entwickeln.

Um die Rolle des IGF gibt es seit seiner Gründung Streit. Die Staaten des globalen Südens hatten früh gefordert, dem Forum mehr Kompetenzen zu geben. Der globale Norden, angeführt von den USA, hatte mit wenigen Ausnahmen jegliche Chance für das IGF, Empfehlungen auszusprechen, grundsätzlich abgelehnt. Auch die Bundesregierung fuhr bislang diesen Kurs. In Paris sagte Christian Hirte, Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, dass eine Stärkung des Multi-Stakeholder Modells ein zentrales Anliegen für das IGF 2019 in Berlin sei.

Anders als bei den französischen Kollegen, die Mitte dieses Jahres einsprangen, weil ein Gastgeber für das IGF fehlte, laufen auf deutscher Seite bereits frühzeitig die Vorbereitungen. Eine Delegation von Parlamentariern traf sich auf dem IGF zu Gesprächen. Außen-, Innen- und Wirtschaftsministerium sind mit einer großen Delegation angereist. Hirte versprach bei einer der Eröffnungsrunden eine finanzielle Unterstützung für Teilnehmer aus Entwicklungsländern.

Hat Macron mit seinem ganzen Sack an Initiativen und seiner "Europa rettet das Internet"-Vision allen anderen nun ein bisschen die Butter vom Brot genommen? Aus der deutschen Delegation heißt es immerhin, nachdem Macron das IGF eröffnet habe, werde wohl auch Merkel antreten. (olb)