"Cyber Security Cluster": Bonn will Zentrum für Internetsicherheit werden

Stadtverwaltung, IT-Firmen, Hochschulen und die Bundeswehr wollen hochqualifizierte Arbeitskräfte in Bonn ansiedeln. Die Konkurrenz schläft aber nicht.

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"Cyber Security Cluster": Bonn will Zentrum für Internetsicherheit werden

Im Alten Rathaus Bonn stellten die Beteiligten den neuen Cyber Security Cluster vor. Erster Vorsitzender ist Telekom-Manager Dirk Backofen (2.v.r.).

(Bild: heise online / Torsten Kleinz)

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Von
  • Torsten Kleinz
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Wurde die Bedeutung von IT-Sicherheit in Deutschland lange unterschätzt, gilt die Branche nun als zukunftssicherer Wachstumsmotor. Am Freitag hat der neue Verein "Cyber Security Cluster Bonn e.V." seine Aktivitäten offiziell aufgenommen. Sein Ziel: Bonn soll zur deutschen, wenn nicht gar europäischen Hauptstadt für IT-Sicherheitsunternehmen werden.

Im Alten Rathaus in Bonn stellte Dirk Backofen, Leiter der Security-Sparte der Deutschen Telekom als neu gewählter Vereinsvorsitzender die Aktivitäten des Clusters vor: Der Konzern will im Zusammenschluss mit wichtigen anderen Akteuren Werbung für den Standort Bonn machen, gleichzeitig die Nachwuchsausbildung fördern und einen ständigen Wissensaustausch zwischen allen Beteiligten in Gang setzen.

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Die Aufgaben des neuen Vereins besteht zum einen in der Standortwerbung. Backofen schwärmte bereits vom "Cyber Security Valley Europas" und greift seinen Slogan von einer Armee der Guten wieder auf, die der wachsenden Bedrohung durch Angriffe auf IT-Systeme entgegengestellt werden müsse. Aus der Marketing-Parole ist inzwischen jedoch mehr geworden. Auch das neue Kommando Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr (CIR) gehört mit zu den Gründungsmitgliedern des Clusters. Generalmajor Jürgen Setzer begrüßte die Wortwahl ausdrücklich und betonte, dass die Herausforderungen der IT-Sicherheit zu groß seien, um von einer Institution geschultert zu werden. "Keiner kann das alleine", betonte Setzer.

Um den neuen Verein die notwendige Schlagkraft zu verschaffen, haben die Beteiligten einen breiten Schulterschluss gesucht. Neben Telekom, BSI und Bundeswehr gehören auch Vertreter der Bonner Wirtschaft, der Industrie- und Handelskammer, der Stadtverwaltung und der lokalen Universitäten und Forschungseinrichtungen zum neuen Verein. Und der Kreis soll noch größer werden: Als erste Aktivität haben die Mitglieder des Vereins ein Schreiben an die Bundesregierung aufgesetzt, um die geplante neue Agentur für Innovation in der Cybersecurity ebenfalls an den Rhein zu holen.

Für die Stadt Bonn bietet sich die Konzentration auf den neuen Schwerpunkt an: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat in Bonn ebenso seinen Sitz wie das Cyber Defense Center der Deutschen Telekom, dazu kommen zahlreiche weitere IT-Unternehmen und Konzerne mit großen IT-Abteilungen. Laut dem Jahreswirtschaftsbericht der Stadt arbeiteten bereits 2014 über 10.000 Beschäftigte in der Branche – mit stark steigender Tendenz. Beispielsweise wurden die Kompetenzen des BSI in den vergangenen Jahren immer weiter ausgebaut und damit auch der Mitarbeiterstamm der Behörde.

Will die Stadt den Boom ausnutzen und verstärken, muss sie den Unternehmen die notwendige Infrastruktur zur weiteren Expansion schaffen. Die Unternehmen haben bereits heute Schwierigkeiten, genug qualifizierte Beschäftigte zu finden, um alle Aufträge im IT-Sicherheitsbereich zu erfüllen.

Aus dem Grund sind auch die Universität Bonn und die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg mit an Bord, dazu das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIE. Bei den Ausbildungsstätten wollen Vertreter der Wirtschaftsförderung Bonn in Zukunft Wert darauflegen, dass alle Absolventen über ihre Karrierechancen in der Bonner Region gut informiert sind. Dazu sollen die Forschungsinstitute den Behörden und Unternehmen helfen, ihre Technik ständig weiterzuentwickeln.

Hinzu kommt auch die Qualifizierung außerhalb der Universitäten. Die IHK Bonn und Deutsche Telekom haben bereits 2014 einen zweieinhalbjährigen Ausbildungsgang zum "Cyber Security Professional" eingerichtet, der inzwischen von 20 Auszubildenden erfolgreich absolviert wurde. Ab diesem Jahr sind zu dem Ausbildungsgang auch Angestellte anderer Unternehmen zugelassen. Ein solcher Wissensaustausch soll auch nach vollendeter Ausbildung weitergeführt werden. Telekom und BSI haben bereits Hospitanzen ermöglicht, sodass Mitarbeiter die Arbeitsabläufe in anderen Häusern kennenlernen können, um so in Zukunft besser zusammenzuarbeiten.

Um den Standort Bonn in Sachen IT-Sicherheit bekannter zu machen, will der Security Cluster einen "Rat der Weisen" für IT-Sicherheitsfragen einrichten. Zum Start mahnte Fraunhofer-Präsident Professor Reimund Neugebauer aber, dass es nicht bei Schaufensterveranstaltungen bleiben sollte: "Um wirklich zusammenzuarbeiten braucht es auch konkrete Projekte", mahnte der Forscher.

Beispielsweise sei eine quantenkryptografisch abgesicherte Verbindung zwischen Berlin und Paris denkbar, bei der sich Bonner Forscher, Behörden und Privatwirtschaft gemeinsam einbringen könnten. Ohne solche Projekte könnten Wirtschaftsinitiativen wieder in sich zusammenfallen, warnte Neugebauer. Eile ist hier geboten: Auch andere Städte wie München, Darmstadt und Saarbrücken buhlen inzwischen um die Ansiedlung von IT-Sicherheitsunternehmen.

Die Stadt Bonn will dabei helfen, dass Forscher und Unternehmen neue Techniken in der Praxis testen können. Unter der Überschrift "Secure Digital City Bonn" sollen Sicherheitstechniken wie schlüssellose Zugangssysteme, intelligentes Parken und digitale Identitäten vor Ort in der Praxis erprobt werden. Konkrete Projekte stehen hier allerdings noch aus.

Der erste Auftritt des neuen Cyber Security Clusters steht für den kommenden März an. Die Deutsche Telekom hat dem Verein ihren Kongress Magenta Security übereignet, der bisher eine Leistungsschau der Sicherheitssparte des Konzerns war. In Zukunft soll es ein Aushängeschild für den Standort Bonn werden. Für den Cyber Security Tech Summit Europe werden nach heutigen Planungen über 3000 Besucher erwartet. (anw)