Die weiße Landkarte bekommt Flecken

Eigentlich sollte nach dem Abschlussbericht der Endlagerkommission ein Konsens darüber herrschen, auf welche Weise ein Endlager gesucht wird. Doch die ersten Bundesländer scheren schon aus.

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„Wir denken beim Schutz unserer Heimat über Generationen hinaus“, heißt es im bayerischen Koalitionsvertrag. „Wir sind überzeugt, dass Bayern kein geeigneter Standort für ein Atomendlager ist.“

Zwei äußerst seltsame Sätze. Denn wenn die Koalitionäre erstens glauben, dass Bayern geologisch ungeeignet ist, und zweitens unterstellen, dass die Endlagerkommission ihre Arbeit ordentlich gemacht hat, wäre der Freistaat ohnehin aus dem Rennen. Damit wäre der Satz überflüssig. Was also hat er in einem Koalitionsvertrag zu suchen?

Wenn die Bayern hingegen nicht an eine faire Endlagersuche glauben, dann kommt das reichlich spät. Schließlich waren sie an der Endlagerkommission beteiligt und haben in einem Sondervotum zum Abschlussbericht zu Protokoll gegeben: „Damit hat sich auch Bayern zu einer unvoreingenommenen und transparenten Suche nach dem Prinzip der weißen Landkarte und auf der Basis wissenschaftsbasierter Kriterien bekannt.“

Gilt das nach der Landtagswahl nun nicht mehr? Welchen Teil von „weiße Landkarte“ haben die Koalitionäre nicht verstanden? Und wie genau kommen CSU und Freie Wähler überhaupt zu ihrer Weisheit, wo die Suche doch gerade erst begonnen hat? Die Endlagerkommission hat Granit, wie er in Bayern vorkommt, jedenfalls nicht als Standort für ein Endlager ausgeschlossen.

Bemerkenswert ist weiterhin, dass die Koalitionäre mit „Schutz unserer Heimat“ offenbar ausschließlich den Schutz ihres eigenen Bundeslandes meinen. Das zeugt insofern von besonderer Chuzpe, da ausgerechnet Bayern von allen Bundesländern den meisten Atomstrom produziert hat – laut Wikipedia bisher etwa 1500 Terawattstunden. Erst mit weitem Abstand folgen Baden-Württemberg und Niedersachsen mit je rund 1100 Terawattstunden.

Bayern ist mit seinem passiv-aggressiven Widerstand allerdings nicht allein: Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland verweigern sowohl die Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz als auch das schwarz-rot regierte Sachsen die korrekten geologischen Daten, die zur Standortauswahl benötigt werden.

(grh)