Lex Amazon: Grünen-Chefin fordert Einigung auf europäische Digitalsteuer

Eine europaweite Digitalsteuer für US-Konzerne wie Apple oder Amazon ist ein Wunschprojekt Frankreichs. Die Bundesregierung fürchtet den Zorn Donald Trumps.

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Lex Amazon: Grünen-Chefin fordert Einigung auf europäische Digitalsteuer

(Bild: skylarvision)

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Von
  • dpa

Im deutsch-französischen Streit um eine Digitalsteuer hat Grünen-Chefin Annalena Baerbock die Bundesregierung zum Einlenken aufgefordert. Datenkonzerne wie Google, Facebook oder Amazon sollen in Europa stärker zur Kasse gebeten werden. "Das Wettbewerbsrecht muss auch in der digitalen Welt gelten", sagte Baerbock der Deutschen Presse-Agentur. "Wir ruinieren unseren Mittelstand, wenn Amazon dauerhaft kaum Steuern bezahlt, während der kleine Buchladen um die Ecke oder digitale Start-ups hemmungslos zur Kasse gebeten werden."

Baerbock forderte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sollten aufhören, einen entsprechenden Vorstoß etlicher EU-Länder zu blockieren. Er ziele darauf ab, die großen digitalen Konzerne verpflichten, auf ihre Umsätze auch Steuern zu zahlen.

Grünen-Chefin Baerbrock fordert eine schnelle Einigung auf eine europäische Digitalsteuer. Apple, Google, Facebook und Amazon sollen mehr steuern zahlen.

(Bild: Stefan Kaminsiki / annalena-baerbrock.de)

Am Sonntag kommt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach Berlin und trifft auch Merkel. Geredet werden dürfte vor allem über Vorschläge für EU-Reformen – möglicherweise auch über das von Paris forcierte Projekt einer Digitalsteuer. Bei der Digitalsteuer hat die EU-Kommission vorgeschlagen, für Firmen mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent Umsatzsteuer zu verhängen.

Digitalkonzerne verbuchen in Europa riesige Umsätze und Gewinne, zahlen aber kaum Steuern, da sie in den meisten Ländern keine versteuerbaren Firmensitze haben. Scholz fürchtet aber Vergeltungsmaßnahmen der US-Regierung von Präsident Donald Trump, etwa gegen deutsche Autokonzerne in den USA. Er will daher eine Lösung auf der Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die OECD hat 36 Mitgliedstaaten, darunter auch die USA. Eine solche Einigung ist bisher aber unwahrscheinlich.

Als Kompromiss kann Scholz sich eine allgemeine Mindestbesteuerung von Gewinnen in Europa vorstellen, um damit mehr Geld als bisher von Amazon, Apple & Co. abzuschöpfen. "Die Argumentation der Bundesregierung, es sei sinnvoller eine internationale Steuer im Rahmen der OECD einzuführen, funktioniert schon seit Jahren nicht", kritisierte Grünen-Chefin Baerbock. Wer wie die Union und die SPD weiter hierauf setze, wolle das Problem eigentlich nicht lösen, "sondern billigt, dass große Digitalkonzerne und andere weiter mit legalen Steuertricks ihre Gewinne in Steueroasen verschieben".

[UPDATE 18.11.2018 16:35]
Vor dem Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Berlin hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) der raschen Einführung einer EU-Digitalsteuer eine Absage erteilt. Er wolle zunächst bis Mitte 2020 im Rahmen der OECD Regeln zur Mindestbesteuerung und zur Besteuerung der digitalen Unternehmen vereinbaren, sagte Scholz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

"Sollte das wider Erwarten in den nächsten anderthalb Jahren nicht klappen, muss die EU allein handeln und zum Januar 2021 in jedem Falle entsprechende Regeln in der EU etablieren", fügte er an. Die französische Regierung wirft der Bundesregierung in der Frage ein Ausbremsen vor. Auch die Grünen, die Linke und die SPD-Linke pochen vehement auf eine Digitalsteuer, da viele Bürger das Abschöpfen der Gewinne dank ihrer Daten für höchst ungerecht halten. (sha)