Ausprobiert: eSIM für das iPhone XR

Die großen Mobilfunker haben ihre Unterstützung für die elektronische SIM-Karte für Apples jüngste Smartphones gestartet. Hürdenlos ist der Weg dorthin nicht.

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Ausprobiert: eSIM für das iPhone XS

eSIM-Einrichtung und Nutzung – hier auf Englisch.

(Bild: Apple)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Eigentlich könnte alles so einfach sein – wenn unser iPhone XR nur in China oder Hongkong gekauft worden wäre. Dann hätte es statt eines SIM-Slots derer zwei und wir könnten jegliche zwei SIM-Karten in unserem neuen, für alle Netze freigeschalteten Apple-Smartphone verwenden. Doch leider versucht der Konzern in allen anderen Weltregionen die neue, elektronische SIM, eSIM genannt, in seinen Dual-SIM-Geräten durchzusetzen – neben dem iPhone XR auch beim XS und dem XS Max.

Die eSIM ist durchaus modern und "cool", hat allerdings einen entscheidenden Nachteil – Apple braucht stets die Mithilfe der Mobilfunkanbieter, die prompt ihre üblichen Tricks einsetzen, der Kundschaft noch etwas mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.

Im Fall des Mac & i-Ausprobiert-Probelaufs sitzt im iPhone XR bereits eine physische SIM-Karte aus dem EU-Ausland, der wir gerne noch eine deutsche Nummer hinzufügen wollen. eSIMs gibt es derzeit allein mit Laufzeitvertrag und auch nur direkt bei der Deutschen Telekom und bei Vodafone. O2 will zwar mitziehen, war zum Zeitpunkt unseres Versuchs aber noch nicht soweit. Gleiches gilt für Prepaid-Anbieter, die allesamt noch nichts von der eSIM wissen (wollen) – obwohl es technisch wohl kein Problem wäre.

[Update 21.11.18 16:25 Uhr:] Laut Angaben einer Sprecherin der Deutschen Telekom kann die eSIM auch in Verbindung mit einem Prepaid-Vertrag verwendet werden. Dies ist allerdings nur im Rahmen eines Eintausches der physischen SIM möglich, der kostenlos sein soll. Bei Vertragstarifen soll die eSIM "auf Wunsch" sofort ausgeliefert werden. O2 und dessen Discounttochter Blau bieten eSIMs seit dieser Woche ebenfalls an, allerdings nicht für die Apple Watch und nur für Postpaid-Tarife. [/Update]

Als Tarif entscheiden wir uns für den nur online erhältlichen "Vodafone IN". Dieser enthält eine Telefonie-Flat, 1 GByte Datenvolumen und erlaubt es, ein GByte-Maximum (500 MByte kosten jeweils 1 Euro zusätzlich) zu setzen. Standardmonatspreis: 15 Euro. Nur eine SMS-Flat müssen wir uns abschminken, hier zahlt man wie zu Opas Zeiten schlappe 19 Cent pro 160 Zeichen.

An der Vodafone-Hotline weiß man zunächst nichts von unserer für das XR gewünschten eSIM – der Mitarbeiter spricht davon, dass die 5 Euro im Monat koste und meint damit aber eigentlich den Multi-SIM-Tarif für die Apple Watch.

Ein Gespräch mit der Vodafone-Presseabteilung bringt Aufklärung: Ja, die eSIM gibt es für unseren Tarif, wir müssen sie nur an der Hotline beauftragen oder in einen Laden gehen. Aufgrund der schlechten Ersterfahrungen entscheiden wir uns für zweiteres. Eine eSIM direkt zu erhalten geht (noch?) nicht, stattdessen erhalten wir nach Verifizierung und Online-Vertragsunterzeichnung eine physische SIM per DHL-Paket zugestellt.

Mit selbiger bewaffnet gehen wir in einen Vodafone-Laden in unserer Nähe. Zunächst starten wir den Versuch, die physische SIM gegen eine eSIM auszutauschen, ohne die Person zu sein, die die SIM ursprünglich beauftragt hatte. Das klappt nicht: Die Vodafone-Mitarbeiterin würde gerne einen Ausweis sehen. Auch eine reine Vollmacht hätte nicht ausgereicht, sagt sie, da hätten wir schon mit einer zusätzlichen Ausweiskopie kommen müssen. Also kommen wir mit dem Beauftrager wieder.

Das Setup der eSIM am Vodafone-Computer klappt schnell und einfach – obwohl wir anschließend einen Riesenberg Papier erhalten, den man auch für eine Multi-SIM erhalten hätte. Eigentlich wären nur ein QR-Code, die eSIM-PIN und gegebenenfalls SIM-PIN und SIM-PUK notwendig. Die hätte man auch problemlos digital erhalten können, doch so umweltfreundlich ist man bei Vodafone noch nicht oder es hapert noch am digitalen Backend.

Äußerst unschön: Den Switch von der physischen SIM auf die eSIM lässt sich Vodafone etwas kosten, weil es sich angeblich um einen SIM-Tausch handle. Macht dann 10 Euro, zu berappen über die nächste Vodafone-Rechnung. (Bargeld wurde abgelehnt.) Dass es gar nicht möglich war, die eSIM direkt zu bestellen, ist dem Konzern bislang egal.

Die Einrichtung der eSIM ist danach extrem einfach: Man geht in den Systemeinstellungen des iPhone auf den Bereich Mobilfunk, scannt den QR-Code mit der Kamera, tippt die eSIM-PIN ein und das war's auch schon.

Anschließend kann man festlegen, was man mit der neuen Nummer machen will, ihr ein Label geben und sie beispielsweise zur primären Leitung befördern. Die zweite (physische) SIM bleibt auf Empfang und kann auch für Daten verwendet werden.

Schlecht gelöst ist allerdings die Nutzung von FaceTime und iMessage: Hier erlaubt Apple derzeit nur die Einrichtung einer der beiden Dual-SIM-Nummern, obwohl technisch problemlos beide auf Empfang geschickt werden könnten, ist ja schließlich alles Internet. Wer mehrere iPhones hat, kann deren Nummern ja auch auf allen Geräten nutzen – sie sind dann im Apple-ID-Account hinterlegt und einzeln als primäre Sende- oder Empfangsnummer auswählbar.

Bei Dual-SIM-Nutzung im XR, XS oder XS Max geht das hingegen aus unerfindlichen Gründen nicht, hier muss man explizit entscheiden, welche der beiden Nummern per FaceTime und iMessage erreichbar sein soll – die andere wird jeweils schlicht deaktiviert. Das ist umso verwirrender, als dass ein paralleler Telefonie- und SMS-Empfang über beide Nummern erlaubt ist.

eSIMs sind schön, wenn man sie kriegen kann und die Zusammenarbeit mit dem Mobilfunkanbieter problemlos funktioniert. Wir hätten uns gewünscht, bei Vodafone direkt eine eSIM bestellen zu können, anstatt zunächst die physische SIM erhalten und dann im Laden umtauschen zu müssen.

Dass dieser Tausch auch noch 10 Euro kostet, ist ein kleiner Skandal – schließlich geht es derzeit einfach noch nicht anders. Vodafone sollte seine Backend-Infrastruktur schleunigst für eSIM-Geräte aufrüsten. Im Grunde könnte man einen kompletten Vertragsabschluss dank dieser in einer Viertelstunde abwickeln – inklusive Verifizierung des Ausweises per Video. Die eSIM ist ja schließlich komplett digital.

Dass so etwas möglich ist, zeigen die Anbieter von Auslandsdatentarifen Gigsky und Truphone: Diese wickeln die eSIM-Erstellung komplett über ihre eigene iOS-Anwendung ab, vom Kauf bis zur Auslieferung ans iPhone. Weiterhin wäre wünschenswert, dass auch Prepaid-Anbieter eSIMs offerieren. Dass man hier bislang in Deutschland zum altbackenen Vertragstarif – Standardlaufzeit 24 Monate – gezwungen ist, nervt gewaltig.

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(bsc)