Lootboxen als Glücksspiel: Square Enix nimmt mehrere Spiele vom belgischen Markt

Aus Angst vor der Lootbox-Sperre stellt Square Enix einige Mobilspiele in Belgien ein. Andere Hersteller ziehen ebenfalls Konsequenzen.

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Lootboxen als Glücksspiel: Square Enix bietet Mobilspiele nicht mehr in Belgien an

Screenshot aus Mobius Final Fantasy

(Bild: Square Enix)

Lesezeit: 4 Min.
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Square Enix bietet die bekannten Mobilspiele "Mobius Final Fantasy", "Kingdom Hearts Union X" und "Dissidia Final Fantasy Opera Omnia" nicht mehr in Belgien an. In einer Nachricht, die Spielern in Belgien angezeigt wird, begründet der Publisher diesen Schritt mit der rechtlichen Haltung Belgiens gegenüber Lootboxen, berichtet unter anderem PocketGamer.

"Wegen des ungewissen rechtlichen Status der Lootboxen im belgischen Gesetz" werden die drei prominenten Mobilspiele demnach in Belgien nicht mehr funktionieren. Noch in diesem Jahr sollen die Spiele abgeschaltet werden. Alle drei Titel setzen auf Lootboxen – digitale Beutekisten, deren zufällige Inhalte vor dem Kauf nicht absehbar sind. Sie können unter Umständen unter das belgische Glücksspielgesetz fallen.

Square Enix hat sich präventiv zu dem Schritt entschieden – das Unternehmen fürchtet offenbar, dass die Lootboxen in den drei Titeln zu einem späteren Zeitpunkt als Glücksspiel eingestuft werden könnten. Tatsächlich herrscht in Belgien kein generelles Lootbox-Verbot: Die Systeme unterscheiden sich von Spiel zu Spiel und müssen im Einzelfall geprüft werden.

Als Glücksspiel versteht Belgien laut dem belgischen Justizminister Koen Geens Wetten, die mit einem spielerischen Element versehen sind und abhängig vom Zufall entweder zu einem Gewinn oder zum Verlust führen. In Belgien ist Glücksspiel grundsätzlich verboten. Nur Besitzer einer von der Glücksspielkommission ausgestellten Lizenz dürfen es betreiben.

Bisher gibt es nur drei Spiele, deren Lootbox-Systeme von der belgischen Glücksspielkommission als Glücksspiel eingeordnet wurden: Overwatch, Counter-Strike: Global Offensive und FIFA 18. Blizzard (Overwatch) und Valve (CS:GO) haben sich in Folge dieser Entscheidung dazu entschieden, ihre Lootbox-Systeme aus den beanstandeten Spielen in Belgien zu entfernen. Electronic Arts hingegen sträubt sich gegen die Entscheidung und bietet in FIFA 18 und dessen Nachfolger FIFA 19 weiterhin Lootboxen an. Die belgischen Behörden ermitteln daher gegen EA, der Fall könnte vor Gericht landen.

Lootbox in Overwatch: Der Online-Shooter gehört zu nur drei Spielen, deren Lootboxen von Belgien als Glücksspiel eingestuft wurden.

(Bild: Blizzard)

Obwohl bisher nur drei Titel in Belgien als Glücksspiel eingeordnet wurden: Die Entscheidung der belgischen Glücksspielkommission hat auch andere Entwickler dazu gebracht, ihre Lootboxen vorbeugend für den belgischen Markt zu entschärfen. ArenaNet, das Studio hinter dem MMORPG Guild Wars 2, hat zum Beispiel die komplette Ingame-Währung aus der belgischen Version entfernt. 2k Games ging mit NBA 2k19 ähnlich vor.

Dass Square Enix sich für den drastischen Schritt entscheidet, die drei Spiele mit Lootboxen gar nicht mehr in Belgien anzubieten, liegt wohl an der Aufmachung dieser Titel: Als Free2Play-Spiele sind sie von Grund auf darauf ausgelegt, Ingame-Zahlungen zu forcieren. Es wäre wohl schwierig, diese Zahlungssysteme aus den Spielen zu entfernen, ohne das komplette Grundgerüst ad absurdum zu führen. Der Vertrieb eines kostenlosen Spiels ohne Ingame-Zahlungen dürfte sich außerdem finanziell nicht lohnen.

Neben Belgien haben auch die Niederlande entschieden, dass Lootboxen grundsätzlich als Glücksspiel eingeordnet werden können. In anderen Ländern – darunter Frankreich, Österreich und Großbritannien – haben sich die Behörden zumindest darauf verständigt, Lootboxen und andere Finanzierungsmodelle in Videospielen genauer prüfen zu wollen. Die in Deutschland für Glücksspiel zuständigen Landesbehörden gehören allerdings nicht zu den Unterzeichnern dieser gemeinsamen Erklärung. Sie haben sich bisher nicht zur Lootbox-Problematik geäußert.

Auch auf Bundesebene bewegt sich nicht viel: "Die Jugendschutzinstitutionen USK und KJM sehen nach ihrer eigenen Einschätzung aktuell aus rechtlicher Sicht keinen Anlass, Lootbox-Systeme bei der Prüfung der Altersgrenzen für Games zu berücksichtigen und solche Spiele zum Beispiel auf 'USK ab 18' heraufzustufen", erklärte der digitale Geschäftsmodelle spezialisierte Anwalt Dr. Patrick Ehinger im September gegenüber heise online.

Für Hersteller sind Lootboxen und andere MIkrotransaktions-Systeme eine Möglichkeit, mit bereits verkauften Spielen oder Free2Play-Titeln wiederkehrende Zahlungen einzustreichen und somit nachhaltig zu verdienen. EA macht mit Mikrotransaktionen schon deutlich mehr Geld als mit Spiele-Downloads, 2k Games machte mit Mikrotransaktionen bereits 2017 über 40 Prozent aller Einnahmen. (dahe)