Meine Daten gehören dir? Besserer Zugriff auf Daten von Facebook & Co gefordert

Ein spezielles "Dateneigentum" bringt nichts, das Kartellrecht müsse aber schärfer durchgesetzt werden, geht aus einem Gutachten für Verbraucherschützer hervor.

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"Meine Daten gehören dir"? Besserer Zugriff auf Daten von Facebook & Co gefordert

(Bild: Pixybay)

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Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) warnt davor, ein spezielles Eigentum an Daten festzuschreiben. Ein neuer ausschließlicher Nutzungsanspruch "macht nichts besser, nur einiges schlechter", erklärte der Regensburger Staats- und Informationsrechtler Jürgen Kühling zur Präsentation eines Gutachtens zu dem Thema in Berlin.

Jürgen Kühling

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

"Ein einheitliches Datenrecht kennt die Rechtsordnung nicht", heißt es in dem Gutachten. Es würde sich auch nicht in ihre Systematik einfügen. Die Idee, jeweils einem Berechtigten exklusiv die Verfügung über Daten zuzuweisen, lehnt Kühling daher ab. Es sei "unnötig" und "kontraproduktiv", einzelnen Akteuren Ausschließlichkeitsrechte zuzusprechen.

Die Datenschutzaufsichts- und Kartellbehörden sieht Kühling aber stärker gefordert, um die bestehenden Regeln besser durchzusetzen. Der Zugang zu Informationen und Messwerten, über die etwa marktbeherrschende Konzerne wie Facebook oder Google faktisch bereits die Hoheit ausübten, müsse "im Interesse größtmöglicher Gesamtwertschöpfung" beziehungsweise des Gemeinwohls sichergestellt werden. Um den "sich vor allem bei Plattformdiensten zeigenden Tendenzen zu monopolistischen Strukturen" entgegenzuwirken, müssten erweiterte Zugangsrechte gegebenenfalls gesetzlich normiert werden.

Die große Frage ist für Kühling derzeit, ob das Kartellrecht hier wirklich ausreiche im Verbund mit dem Datenschutzrecht: "Wir sind in der Erprobungsphase." Von Forderungen, Internetriesen wie Google oder Facebook zu zerschlagen, hält er derzeit aber nichts; dafür müssten erst Instrumente geschaffen werden, zudem könnten bald wieder ähnliche Konglomerate entstehen.

"Im Vergleich zu Sachen sind Daten kein knappes Gut", meinte Kühling. Der gern genutzte Vergleich mit dem Öl und die Rede vom "Rohstoff des 21. Jahrhunderts" greife daher nicht. Daten müssten daher anders behandelt werden als materielle Dinge. Es sei praktisch schwierig, die schon in der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) abschließend geregelten persönlichen Informationen von nicht-personenbezogenen abzugrenzen. Nur auf letztere könne sich aber ein "Dateneigentumsrecht auf nationaler Ebene" beziehen.

Andererseits erwächst Berechtigten laut Kühling "aus dem rechtlichen Schutz der Daten vor unberechtigtem Zugriff" bereits ein "Recht auf Verfügungen" darüber. Es handle sich somit auch um ein handelbares Gut. Mit Apple, Microsoft, Amazon & Co. beruhten die wertvollsten Unternehmen auf der Datenökonomie. Ein Beispiel sei auch die Vermarktung von Rohwetterdaten oder daraus abgeleiteten Vorhersagen. Mit einer solchen Weitergabe relativiere sich der Schutz auf die allgemeinen Pflichten des Vertragspartners, Informationen etwa nur wie vereinbart zu nutzen oder an Dritte zu transferieren. Auch Verbraucher hätten so bereits eine "effiziente Möglichkeit zur Kommerzialisierung ihrer Daten", solange sie die Schutzvorgaben einhielten.

Um Verbrauchern eine "echte Wahlfreiheit und die Möglichkeit zur Kommerzialisierung der sie betreffenden Daten zu bieten", bringt Kühling die informierte Einwilligung auf Basis der DSGVO ins Spiel. Wichtig sei dabei aber, dass das Opt-in tatsächlich freiwillig erfolge und nicht etwa an Vergünstigungen oder andere Geschäfte gekoppelt werden dürfe. Das oft von Anbietern angewandte Motto "friss oder stirb" sei damit unvereinbar.

Der Mobilitätssektor zeige zwar die "wachsende Bedeutung von Daten" etwa für das autonome Fahren auf, sei zugleich aber ein Beispiel für einen an sich funktionierenden Rechtsrahmen. Die Messwerte, die im Auto generiert werden, würden zugewiesen basierend auf "rechtlich geschützten tatsächlichen Positionen gegenwärtig tendenziell an die Akteure, die daraus die größtmögliche Wertschöpfung erzielen können". Gleichzeitig würden Verbraucher effektiv vor dem Missbrauch ihrer personenbezogenen Daten geschützt. Ein zusätzlicher Eigentumsaspekt wäre daher nur eine überflüssige "Störquelle".

Auch der Umgang mit nicht weniger sensiblen Gesundheitsdaten zeige, dass ein komplexes und damit schon jetzt nicht mehr immer zielführendes Schutzregime bestehe. Dieser "sektorbezogene Kontrollblick" mit vielen Einzelregeln würde ebenfalls durch ein hinzutretendes Ausschließlichkeitsrecht an persönlichen Informationen nur noch verkompliziert.

Der vzbz spricht sich daher gegen ein neues Recht auf Dateneigentum aus, bei dem es vor allem um den "Ausschluss von anderen" und so eine "exklusive Nutzung" gehe. Ein solches böte "mehr Gefahren, als dass es Lösungen liefern könnte". "Die Hoheit über unsere Daten liegt bei uns und so sollte es auch bleiben", betonte vzbv-Chef Klaus Müller, der mit dem ironisch gemeinten Motto "Meine Daten gehören Dir" auf die Untersuchung aufmerksam machen will. Rechtliche Schritte, um etwa das in der DSGVO verankerte Prinzip der Datenportabilität durchzusetzen, will der Verbraucherschützer nicht ausschließen.

Der Konstanzer Wirtschaftsrechtler Karl-Heinz Fezer sah in einem Gutachten zu "Repräsentativen Dateneigentum" im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung dagegen jüngst den Gesetzgeber gefordert. Er schlug vor, ein "repräsentatives, kontinuierliches und zeitliches Dateneigentum der Bürger" festzuschreiben. Eine solches greife die Autonomie der Individuen auf, über ihre "Verhaltenskommunikation" souverän zu bestimmen.

Hauptsächlich angefeuert hatte die Debatte im vorigen Jahr Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Der CSU-Politiker wollte "Daten im Ergebnis mit Sachen gleichstellen" und damit die Basis dafür schaffen, "dass diese eindeutig natürlichen oder juristischen Personen als 'Eigentum' zugewiesen werden können". Über Messwerte solle dann derjenige verfügen dürfen, "auf den die Erstellung der Daten zurückgeht", im Auto also der Halter. Alle nicht personenbezogenen Daten, die der Staat erhebe, sollten für alle Interessierten frei verfügbar sein. Der frühere Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte den Spruch "Meine Daten gehören mir" dagegen zum Mythos erklärt. Ausschließlichkeitsrechte des Sachenrechts dürften so auch nicht auf persönliche Informationen angewendet werden. (anw)