Facebook konkretisiert Anti-Sex-Regeln

Sich auf Facebook zum Sex verabreden? Das ist nicht erlaubt: Ein Abschnitt in den Standards verbietet die "sexuelle Kontaktaufnahme". Das sorgt für Irritation.

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Facebook

(Bild: dpa, Armin Weigel)

Lesezeit: 3 Min.
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Facebook soll idealerweise eine disneyhafte Plattform ohne entblößte Nippel, Glieder und nackte Pöter sein. Was genau erlaubt ist und was nicht, regeln die Gemeinschaftsstandards – und klar: Sex ist tabu, das ist nicht neu. Nun hat Facebook aber einen neuen Abschnitt in die Standards eingefügt, der die "sexuelle Kontaktaufnahme" thematisiert. Groß mitbekommen hat das zunächst kaum jemand, die Ergänzung passierte bereits im Oktober. Kritik wurde erst jetzt laut und viele Nutzer zeigten sich irritiert.

Die Diskussion über sexuelle Gewalt und Ausbeutung sei zwar auf Facebook möglich, erklärt der hinzugefügte Abschnitt 15. Dies gelte jedoch nicht, "wenn Inhalte sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen ermöglichen, unterstützen oder koordinieren". Die Electronic Frontier Foundation wundert sich darüber: "Die Diskussion über sexuelle Ausbeutung ist erlaubt, aber die Diskussion über einvernehmlichen Sex ist tabu", analysiert EFF-Aktivist Elliot Harmon. Das sei ein "klassisches Zensurmodell": Über Sex darf nur gesprochen werden, wenn er als "gefährlich" und "beschämend" dargestellt werde. Die Gemeinschaftsstandards gelten laut Facebook für alle Gruppen, Seiten und auch Messenger-Chats.

Wirklich neu sind die Inhaltsregeln von Facebook nicht, nur waren sie in unterschiedlichen Abschnitten in den Gemeinschaftsstandards zu finden. In dem neu eingefügten Abschnitt 15 hat Facebook die Regeln nun konkretisiert, weil die Content-Moderatoren die Regeln nicht eindeutig genug fanden. Sie sichten gemeldete Beiträge und entscheiden, ob sie gelöscht werden.

In dem Abschnitt schränkt das soziale Netzwerk auch die Verwendung von "explizit sexueller, möglicherweise zu einer Kontaktaufnahme führender Sprache" ein. Verboten ist laut Facebook eine Bemerkung wie: "Möchte heute Nacht noch Spaß haben". Erwachsene, die sich auf Facebook (in anzüglichem Ton) zum legalen Geschlechtsverkehr verabreden, haben also das Nachsehen – zum Glück gibt's ja noch Tinder. Oder WhatsApp, dort ist alles verschlüsselt. Facebook argumentiert, dass "ein solcher Sprachgebrauch" die Nutzer davor abschrecken würde, mit anderen Nutzern zu interagieren.

Facebook ist gerade für marginalisierte Gruppen eine wichtige Plattform, um etwa über ihre sexuelle Identität zu sprechen. Das sei auch weiterhin möglich, versicherte ein Facebook-Sprecher gegenüber The Verge. In geschlossenen Gruppen etwa könne frei diskutiert werden – solange kein "Spitzel" oder Troll die Beiträge in der Gruppe anzeigt. Denn "Inhalte müssen gemeldet werden, ehe sie entfernt oder angeschaut werden", erklärte der Facebook-Sprecher weiter. Liebestolle Paare, die im Facebook-Messenger ausführlich über Sex reden (Sexting!), müssen demnach also nichts befürchten – schließlich wird der Partner den Chat kaum melden. Allerdings könnten Trolle den Melde-Mechanismus missbrauchen, warnt die EFF. Es sei doch nur eine Frage der Zeit, bis Gruppen von Trollen infiltriert würden, um diese zu melden.

Bereits vor dieser Änderung bei Facebook hatte es Aufruhr im Netz gegeben, denn die Blogging-Plattform Tumblr wird ab dem 17. Dezember keine Pornografie mehr erlauben. Ein Schock für viele Betreiber von Erotik-Blogs: Sie sind häuft bei Tumblr zu finden, weil die Regeln dort sehr lax und sexuelle Inhalte explizit erlaubt waren. Aus und vorbei, das große Reinemachen hat bereits begonnen, wenngleich der Algorithmus noch peinliche Fehler macht und etwa Garfield als anstößig einstuft. Es ist eben nicht einfach, all den Sex aus dem Netz zu bekommen. Auch Facebook wird niemals Sex-frei werden. (dbe)