Indische Regierung erlässt umfassende Überwachungsverordnung

In Indien dürfen Sicherheitsbehörden ab sofort sämtliche von einem IT-System generierten Informationen belauschen und dafür auch Staatstrojaner einsetzen.

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Indien

(Bild: dpa, Piyal Adhikary)

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Das indische Innenministerium hat am Donnerstag eine Verordnung veröffentlicht, wonach Geheimdienste und Polizeieinheiten des Landes nun Datenkommunikation umfangreich überwachen dürfen. Die breite Befugnis bezieht sich auf "jegliche Information, die in einer Computerressource erzeugt, übertragen, empfangen oder gespeichert wird". Entsprechende Daten können abgehört, ausgelesen und entschlüsselt werden.

Die Anordnung enthält unter anderem eine weitreichende Lizenz zum Einsatz von Staatstrojanern für heimliche Online-Durchsuchungen oder die Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Dabei geht es darum, Kommunikation etwa von Messenger-Apps oder Diensten zur Internet-Telefonie wie WhatsApp, Signal oder Skype auf einem Smartphone oder Rechner vor einer Ver- oder nach einer Entschlüsselung abzugreifen.

Zu den zehn berechtigen Stellen gehören neben Nachrichtendiensten des Landes etwa die Drogen- und die Steuerfahndung, das FBI-ähnliche "Central Bureau of Investigation" oder die Polizei von Delhi. Die neue Verordnung beruht auf dem IT-Gesetz des Landes aus dem Jahr 2000 (Information Technology Act) und allgemeinen Überwachungs- und Entschlüsselungsregeln von 2009.

Zuvor hatte Anfang Dezember das australische Parlament ein ähnlich gestricktes Anti-Verschlüsselungsgesetz verabschiedet. Dieses geht in den laufenden "Crypto Wars" über die indischen Vorschriften aber noch hinaus, da damit Diensteanbieter dazu verdonnert werden können, nationalen Sicherheitsbehörden auch Zugriff auf verschlüsselte Nachrichten oder Dateien im Klartext zu geben.

Die indische Opposition, Bürgerrechtler und Rechtsexperten kritisieren die neuen Vorgaben scharf. Anand Sharma von der Kongress-Partei beklagte, dass die Regierung den Subkontinent in einen Überwachungsstaat verwandle. Die Internet Freedom Foundation hält die Anordnung für unvereinbar mit der Verfassung und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Schutz der Privatsphäre. Auch laut Chitranshul Sinha, Anwalt am indischen Obersten Gerichtshof, geht die Initiative zu weit, da sie mögliche Durchsuchungsanordnungen inhaltlich und zeitlich nicht weiter einschränke.

Vertreter der rechtskonservativen Regierung unter Premierminister Narendra Modi betonten dagegen, dass jedes Ersuchen für eine einschlägige Maßnahme zunächst vom Innenressort geprüft werde und von diesem freigegeben werden müsse. Die Sicherheitsbehörden erhielten zudem keine neuen Kompetenzen. Diese seien in den angeführten Normenwerken bereits angelegt und würden nun quasi scharf gestellt, aber versehen mit ausreichenden rechtsstaatlichen Schutzmechanismen. (tiw)