Verfassungsschutzchef sieht im 5G-Standard "enormes Problem"

Durch den neuen 5G-Standard droht eine Informationsquelle der Geheimdienste zu versiegen, fürchtet Hamburgs oberster Verfassungsschützer Torsten Voß.

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Was 5G-Mobilfunk bringt

(Bild: dpa, Andrea Warnecke)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Im Zusammenhang mit dem neuen Mobilfunkstandard
5G hat sich Hamburgs Verfassungsschutzchef Torsten Voß für einen
technischen Zugriff der Sicherheitsbehörden ausgesprochen. "Das
Problem sind die Verschlüsselungsmöglichkeiten durch 5G", sagte Voß
der Deutschen Presse-Agentur. Diese würden "natürlich auch
Extremisten und Terroristen für ihre Kommunikation ausnutzen".

Während derzeit nur bestimmte Messenger-Apps mit sogenannter
Ende-zu-Ende-Verschlüsselung abhörsicher seien, sei das bei
Gesprächen im 5G-Netz generell der Fall. "Für den Datenschutz ist das
gut", betonte Voß. "Aber: Für Sicherheitsbehörden, die für den Schutz
der Menschen in unserem Land verantwortlich sind, ist 5G ein enormes
Problem."

Der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg, Torsten Voß, verlangt für Geheimdienste Zugrif auf das 5G-Netz.

(Bild: LfV Hamburg)

Die für 2020 geplante Einführung von 5G sei deshalb ein "ganz
wichtiges" Thema. "Alle reden davon und erhoffen sich natürlich auch
wirtschaftliche Vorteile. Aber es ist nicht nur ein wirtschaftliches
Thema, sondern auch eine riesige Herausforderung für die
Sicherheitsbehörden", sagte Voß, der den für den Verfassungsschutz
zuständigen Arbeitskreis 4 der Innenministerkonferenz leitet.

Voß sprach sich für eine "technische Zugriffsmöglichkeit" aus, über
die Sicherheitsbehörden bei "begründeten Anlässen wie zum Beispiel
Terrorverdacht" und mit Zustimmung der zuständigen G10-Kommission
Telefongespräche abhören könnten. Er sei jedoch skeptisch, ob die
Hersteller den Sicherheitsbehörden auf den Geräten eine solche
Hintertür offen lassen würden. "Ich befürchte, dass starke
kommerzielle und wirtschaftliche Interessen einer solchen technischen
Lösung entgegenstehen."

Umso wichtiger sei für die Sicherheitsbehörden die sogenannte
Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ), "da wir mit 5G
ansonsten kaum mehr an die Kommunikation von Extremisten und
Terrorverdächtigen herankommen". Bei der Quellen-TKÜ werden
sogenannte Trojaner auf Handys eingesetzt, um Gespräche abzuhören,
bevor diese verschlüsselt über das Netz übertragen werden.

Dem Verfassungsschutz in Bayern sei dies durch ein entsprechendes
Landesgesetz bereits möglich, sagte Voß. Gemeint ist das umstrittene Polizeiaufgabengesetz (PAG), gegen das mehrere Verfassungsbeschwerden anhängig sind. Auch gegen die Nachahmung der bayerischen Regelungen zum Einsatz so genannter Staatstrojaner etwa in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen formiert sich immer wieder Protest. In anderen Ländern - auch in
Hamburg - fehlten hingegen laut Voß solche Regelungen. "Fachlich sind wir uns
auf Verfassungsschutzebene einig, dass wir mit der technischen
Entwicklung und mit den Gegnern unserer Demokratie, die diese Technik
nutzen, mithalten müssen."

Ohne eine entsprechende Ermächtigung würde dem Verfassungsschutz
"eine seiner Informationserhebungsquellen genommen", warnte Voß.
"Wenn uns mit 5G diese Überwachungsmöglichkeit stark eingeschränkt
wird, dann fehlt uns ein ganz wichtiges Mittel der
Informationserhebung. Das muss man so deutlich sagen." (tig)