G20-Krawalle: Senat muss Rechtsgrundlage für Gesichtserkennung schaffen

Die FDP ist für den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware bei den G20-Krawall-Ermittlungen. Der Senat müsse eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffen.

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G20-Krawalle: Senat muss Rechtsgrundlage für Gesichtserkennung schaffen

(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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  • dpa
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Im Streit um den Einsatz einer Gesichtserkennungssoftware bei den Ermittlungen der Hamburger Polizei zu den G20-Krawallen fordert die FDP vom Senat eine Bundesratsinitiative zur Änderung der Strafprozessordnung. Ziel müsse eine gesicherte Rechtsgrundlage sein, die "unter Beachtung der Sicherheitsinteressen und der Grundrechte der Betroffenen den automatisierten Abgleich biometrischer Daten legitimiert", heißt es in einem Antrag der Fraktion, mit dem sich die Bürgerschaft am kommenden Mittwoch befassen wird.

Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar hatte im Dezember die Löschung der Vergleichsdatenbank mit den biometrischen Gesichtsabdrücken tausender Bürger angeordnet und dies mit der fehlenden Rechtsgrundlage für deren Erhebung begründet. Innensenator Andy Grote (SPD) sieht den Softwareeinsatz dagegen durch bestehendes Recht gedeckt und hat angekündigt, vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen die Anordnung zu erheben. Bis zur Entscheidung des Gerichts solle sich an der bisherigen Praxis nichts ändern.

Die Gesichtserkennung sei ein wichtiges Instrument zur Aufklärung schwerer Straftaten, sagte die FDP-Fraktionsvorsitzende Anna von Treuenfels-Frowein der Deutschen Presse-Agentur. "Gleichzeitig ist der Einsatz dieser Software ein einschneidender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der erfassten Personen – insbesondere, wenn es sich um zufällig aufgenommene Anwesende handelt." Ähnlich hatte auch Caspar argumentiert.

Betroffenen müsse die Möglichkeit gegeben werden, "zu erfahren, welche biometrischen Daten von ihnen erhoben wurden und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Löschung besteht", sagte Treuenfels-Frowein. Daher müsse die automatisierte Gesichtserkennung rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Und dafür müsse sich Hamburg auf Bundesebene einsetzen. "Ansonsten gefährdet der Senat ein wichtiges Instrument zur Verbrechensbekämpfung."

Die Polizei hatte die Software "Videmo 360" nach den Krawallen rund um den G20-Gipfel angeschafft. Seit März 2018 wurde damit Video- und Bildmaterial – etwa aus Überwachungskameras auf S-Bahnhöfen, Medienberichten sowie von Zeugen auf dem G20-Hinweisportal hochgeladene Dateien – automatisch ausgewertet. Allein bis August waren es circa 32.000 Video- und Bilddateien.

"Größere Mengen von Bild- und Videodateien können nur durch technische Unterstützung systematisch ausgewertet werden. Ohne die Nutzung entsprechender Software würde eine erfolgreiche Ermittlungsarbeit beziehungsweise Strafverfolgung erheblich erschwert, in einigen Fällen wahrscheinlich unmöglich gemacht", sagte der Sprecher der Innenbehörde, Frank Reschreiter.

Der Einsatz erfolge nur bei Vorliegen einer einzelfallbezogenen staatsanwaltschaftlichen Verfügung in laufenden Ermittlungsverfahren gegen bereits bekannte Beschuldigte und gegen bislang nicht identifizierte Tatverdächtige. Verdachtsunabhängige Suchläufe gebe es nicht, hieß es in der Innenbehörde. Die der Anordnung Caspars zugrundeliegenden Bewertungen beruhten deshalb maßgeblich auf der Betrachtung rein hypothetischer Einsatzmöglichkeiten der Software, die allerdings weder erfolgt noch geplant seien. (bme)