Klassiker neu gelesen: "Megatrends"

Mit seinen "Megatrends" sagte John Naisbitt schon vor vier Jahrzehnten voraus, was uns heute umtreibt.

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Sind Vorhersagen eingetroffen, wirken sie im Rückblick oft trivial. Dies sollte im Hinterkopf behalten, wer John Naisbitts „Megatrends“ liest. „Keine der Veränderungen ist folgenschwerer als die große Wandlung von einer Industrie- zur Informationsgesellschaft“, heißt es da etwa. „Es ist unsinnig, eine Wirtschaft, die gar nicht mehr auf die Herstellung von Industrieprodukten gegründet ist, reindustrialisieren zu wollen.“ Schon klar, denkt sich der heutige Leser: Weiß ich, kenn ich, hab ich schon tausendmal gehört.

Nur: Diese Sätze hat Naisbitt bereits 1982 geschrieben. Damals war das World Wide Web noch mehr als ein Jahrzehnt entfernt. Trotzdem sagte er einige Folgen der Digitalisierung bemerkenswert korrekt voraus: „Die unkontrollierte und unorganisierte Information ist zu einer Belastung geworden.“ Also müssten „elektronische Datenverleger“ aus dem Informationsangebot die benötigten Daten „herausfischen“.

Neben der Suchmaschine nimmt Naisbitt auch soziale Netze vorweg: „Wann immer eine neue Technologie in die Gesellschaft eingeführt wird, muß die menschliche Reaktion dem entgegenwirken: mit hohem Kontaktbedürfnis.“

Weitere Treffer sind das Entstehen einer Software-Industrie, die Bedeutung von Gentechnik, die Entwicklung von Südostasien als Zentrum der Elektronikindustrie sowie die damit einhergehende Globalisierung (diesen Begriff hat Naisbitt selbst geprägt).

Naisbitt, Jahrgang 1929, war bereits als Vorstandsmitglied von IBM und Kodak sowie als Berater von John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson tätig, bevor er „Megatrends“ schrieb. Das Buch verkaufte sich neun Millionen Mal.

Mitunter ist Naisbitts Sicht allerdings sehr US-zentrisch und überoptimistisch. So hat er die Gleichberechtigung der Frauen deutlich überschätzt, wie er selbst in einem TR-Interview einräumte.

Auch sein Glaube, dass die Globalisierung zu einem nachhaltigeren Denken in Unternehmen führen und Hierarchien auflösen wird, erweist sich aus heutiger Sicht als naiv – ebenso wie der Satz: „Politisch Rechte und Linke sind tot; die Politik geht immer mehr von der radikalen Mitte aus.“ Zumindest als Hoffnung sind die Prognosen aber immer noch aktuell.

John Naisbitt: Megatrends – 10 Perspektiven, die unser Leben verändern werden, Hestia, antiquarisch

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(anwe)