Probleme mit der Paywall lösen

Eine Studie sagt der Nachrichten-Branche Negativeffekte voraus, weil Abo-Modelle nicht genügend Einnahmen erzielen. Die Qualität der Inhalte sei entscheidend.

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Probleme mit der Paywall

(Bild: Photo by Bogomil Mihaylov on Unsplash)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Sascha Mattke
Inhaltsverzeichnis

Die Verschiebung zu digitalen Medien hat Zeitungen und Zeitschriften weltweit schon in den vergangenen Jahren erheblich zugesetzt – erst mussten die Medienhäuser in die neuen Kanäle investieren und dann zusehen, wie der überwiegende Teil der Internet-Nutzer seine Nachrichten trotzdem lieber über Plattformen wie Google oder Facebook bezieht.

Für den Bericht mit dem Titel „Journalism, Media and Technology Trends and Predictions 2019“ haben die Forscher des Reuters-Instituts 200 Führungskräfte bei klassischen und digitalen Medienhäusern in 29 Ländern mit dem Schwerpunkt Europa befragt. Dabei gab mehr als die Hälfte der Teilnehmer an, dass Abo- und Mitgliedschaftsmodelle in diesem Jahr den Hauptschwerpunkt ihrer Bemühungen um höhere Umsätze bilden werden. Werbung (als Banner und in Form bezahlter Werbebeiträge) kam hier nur auf 35 Prozent.

Und genau darin sehen die Journalismus-Forscher das Problem. Als Grund für die Rückbesinnung auf Abonnements nennen sie die Tatsache, dass die Werbeumsätze für Verlage bereits stark gefallen seien. Zwar gebe es bei Online-Werbung noch immer schnelles Wachstum, doch der Großteil davon lande eben bei Technologieunternehmen, die dank ihrer Größe eine effizientere Zielgruppen-Ansprache und niedrigere Preise bieten könnten.

Einen Ausweg aus dieser unschönen Situation wollen Medienhäuser 2019 wie auch schon in den Vorjahren mit Hilfe von Bezahl-Angeboten hinter sogenannten „Paywalls“ (Bezahlschranken) finden. Monatliche Zahlungen direkt von Lesern statt indirekt von Anzeigenkunden sollen die Einnahmenlücke schließen. Nach der Prognose der Reuters-Forscher klappt das aber nicht immer. Einzelne Digital-Angebote wie das der "New York Times" seien durchaus erfolgreich. In der Breite könnten 2019 jedoch „die Grenzen dieses Modells erkennbar werden“. Schlimmstenfalls drohe eine Entlassungswelle. Es komme auf die Qualität der Inhalte an.

Der Grund: Für jeden einzelnen Anbieter mag es so aussehen, als wäre ein digitales Abonnement für seine Inhalte für einen niedrigen zweistelligen Euro-Betrag pro Monat durchaus attraktiv. Aber das Internet ist voll von solchen Angeboten.

Insgesamt betreiben deutsche Print-Medienhäuser laut einer Übersicht ihres Verbandes BDZV mittlerweile 217 Websites mit Bezahl-Option. Wenn man sich als Leser nicht auf einzige Quelle festlegen will, kommen schnell hohe Summen zusammen. „Im Vergleich zu Netflix (oder Spotify) sieht bereits ein einziges Abo einer Online-Zeitung teuer aus, von zwei oder drei ganz zu schweigen“, heißt es in der Studie.

Vor diesem Hintergrund sagen die Forscher der digitalisierten Print-Branche für 2019 auch eine Art Gegenwehr der Nutzer voraus, wenn die Content-Qualität nicht stimmt: Das Navigieren im Internet werde durch die neuen Paywalls immer schwieriger. Statt den Geldbeutel zu zücken, könnten "ausgebremste" Leser bald öfter zu technischen Abhilfen greifen: Nach den Anzeigen-Blockern, so die Studie, könnten die Paywall-Blocker kommen, Software also, die schwache Sicherungsmaßnahmen für Inhalte aushebelt. Andere Nutzer würden in Zukunft schlicht auf den Konsum von Nachrichten verzichten.

Was also tun? Zu einen erklären die Autoren der Studie, dass hochwertige Inhalte durchaus Chancen haben. Als Beispiele nennen sie die "New York Times", die mittlerweile 3,1 Millionen Digital-Abonnenten hat. Auch kleinere Publikationen aus Skandinavien und Frankreich finden mit sechsstelligen Abo-Zahlen ein gutes Auskommen. „Wie es scheint, kann investigativer Journalismus im digitalen Zeitalter florieren und sogar Geld verdienen“, heißt es dazu.

Zum anderen erkunden Verlage neben Werbung und Abos weitere Erlösquellen: 7 Prozent der befragten Führungskräfte gaben an, beim Umsatz 2019 hauptsächlich auf Spenden zu setzen. Das Vorbild dafür ist die britische Zeitung "The Guardian", die 2018 die Zahl von insgesamt einer Million „Unterstützern“ veröffentlichte. Nach Jahren mit hohen Verlusten soll die Publikation damit wieder kurz vor dem Überschreiten der Gewinnschwelle stehen – und das ganz ohne Paywall, die den größten Teil der potenziellen Leser aussperren würde.

Und nicht nur direkte Spenden von Lesern könnten der geplagten Nachrichten-Branche im Jahr 2019 helfen. Tatsächlich geht die Mehrheit der Befragten davon aus, dass Medienanbieter in diesem Jahr finanzielle Unterstützung von Stiftungen, Tech-Unternehmen oder Regierungen bekommen werden. Denn guter Journalismus gilt als öffentliches Gut, von dem alle profitieren – auch wenn vielleicht nicht jeder Geld dafür ausgeben möchte.

(sma)