Facebook blockiert Transparenz-Tools, die Wahlwerbung sammeln

Mit Browser-Plugins sammeln NGOs Informationen zu politischer Werbung auf Facebook. Das soll für Transparenz sorgen. Doch nun werden diese Tools blockiert.

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Facebook ist um Transparenz bei Wahlwerbung bemüht – blockiert nun aber Tools von NGOs, die Informationen zu politischer Werbung sammeln.

(Bild: dpa, Tobias Hase)

Lesezeit: 4 Min.

Facebook blockiert offenbar Drittanbieter-Tools, die im sozialen Netzwerk Informationen zu politischer Werbung sammeln. Betroffen sind die Angebote von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) wie ProPublica, Mozilla oder die britische Aktivistengruppe Who Targets Me. Facebook habe seinen Code etwas abgeändert, sodass die Browser-Plugins nicht mehr funktionieren würden, schreiben Jeremy B. Merrill und Ariana Tobin von ProPublica. Die NGO baut seit anderthalb Jahren eine durchsuchbare Datenbank auf, die politische Online-Werbung transparent katalogisiert. Im "Facebook Political Ad Collector" ist auch verzeichnet, welche Zielgruppe(n) die Werbung erreichen soll.

Gesammelt wurden die Daten mithilfe einer Browser-Erweiterung, die rund 20.000 Nutzer freiwillig installiert haben, um der NGO zu helfen. Die Erweiterung hatte alle Anzeigen auf Facebook erfasst, die der Nutzer zu sehen bekam. Zudem wurden ergänzende Metadaten gesammelt, darunter Informationen zur Zielgruppe der Anzeige. Facebook selbst betreibt ein Archiv mit politischen Anzeigen in den USA. Doch es gebe hier einige Lücken, kritisiert ProPublica. Es fehle jüngst etwa Werbung der National Rifle Association (NRA). Das soziale Netzwerk will das prüfen, auf Nachfrage der NGO wurden die betroffenen Anzeigen gestoppt.

Gegenüber ProPublica erklärte Facebook, dass die neuen Änderungen im Rahmen eines "routinemäßigen Updates" vorgenommen worden waren. Dadurch sollen die Daten der Nutzer besser geschützt werden, erklärte ein Sprecher. Betroffen seien Scraping-Plugins und Adblocker, die eben auch persönliche Informationen gegen den Willen der Nutzer abgreifen könnten. Facebook blockiert deshalb Klicks, die nicht von Menschen getätigt wurden, sondern etwa von Browser-Plugins. (Details zum eingesetzten JavaScript-Code und der Funktionsweise hat ProPublica auf ihrer Website veröffentlicht.)

Es sei bei den Änderungen keineswegs darum gegangen, Journalisten, NGOs oder Interessengruppen auszuschließen, bekräftigte Facebook. Transparenz bei Werbeanzeigen sei wichtig für das Netzwerk, meint Facebook-VP Rob Leathern. "Wir wollen aber auch sicherstellen, dass mehr Transparenz nicht auf Kosten der Offenlegung von privaten Informationen geht", schreibt Leathern auf Twitter.

Schon zuvor habe Facebook kleinere Code-Änderungen vorgenommen, die das Tool von ProPublica gestört hätten, erklärte die NGO. "Doch dieses Mal hat Facebook die Möglichkeit gesperrt, automatisch Werbeinformationen auszulesen", schreiben Merrill und Tobin. Heißt nun also, dass das Pro-Publica-Plugin "Political Ad Collector" nicht mehr erfährt, warum ein Nutzer eine bestimmte Werbung von Facebook angezeigt bekam. Journalisten haben daher keine Möglichkeit mehr, politische Anzeigen sowie Tracking-Informationen bei Facebook zu sammeln.

ProPublica kritisiert zudem, dass dem Facebook-Archiv einige wichtige Metadaten fehlen würden. Nicht ersichtlich ist etwa, welche Zielgruppe Werbetreibende mit ihren politischen Anzeigen erreichen wollten. Dieses "Microtargeting" wird immer wieder gern verwendet, um sehr gezielt Gruppen zu erreichen und damit politische Prozesse zu beeinflussen. Während der US-Wahl haben etwa russische Akteure versucht, bestimmte Gruppierungen via Facebook zu beeinflussen. Es soll auch weiterhin keine Daten zu Zielgruppen im Facebook-Archiv geben, erklärte ein Sprecher des Unternehmens. Es sei schließlich möglich, dass dadurch persönliche Informationen offengelegt werden. Wie das aber genau passieren könnte, erklärte Facebook nicht, moniert ProPublica.

Facebook erklärt seinen Nutzern, warum sie bestimmte Werbeanzeigen zu sehen bekommen. Diese Infos hatten NGOs gesammelt und ausgewertet, um für Transparenz zu sorgen.

Facebook arbeitet derzeit an einem API, das Forschern erlaubt, die politischen Anzeigen zu analysieren. Die Schnittstelle befindet sich jedoch noch in der Betaphase. Allzu mächtig sind die Möglichkeiten des API momentan aber offenbar nicht. "Sie können nur Anzeigen zu Dingen finden, von denen Sie bereits wissen, dass Sie sie suchen", erklärt die Forscherin Laura Edelson von der New York University. Es sei lediglich eine Stichwortsuche möglich – neue Aktivitäten von politischen Akteuren sind damit nur schwer zu entdecken.

Die Facebook-Nutzer selbst können bei (politischen) Anzeigen sehen, warum gerade sie diese angezeigt bekommen. Die Option ist im Menü der Anzeige unter "Warum wird mir das angezeigt?" zu finden. In einem Erklärungstext steht dort etwa, dass die NRA via Facebook Menschen erreichen wollte, die in den USA leben, über 18 Jahre alt sind und zuvor eine NRA-App oder -Website besucht haben. Genau diese Metadaten hatte ProPublica mit der Browser-Erweiterung erfasst und auf diesem Umweg bislang 100.000 politische Anzeigen gesammelt. Damit ist nun erst einmal Schluss. (dbe)