"Sexpressung": Polizei warnt vor Folgen von Online-Flirts

Erpresser drohen, kompromittierende Sex-Videos von Opfern im Internet zu veröffentlichen. Vielfach existieren solche Videos nicht [--] Opfer bezahlen trotzdem.

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Daten-Überwachung soll ausgeweitet werden

(Bild: dpa, Jochen Lübke)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Christiansen
  • dpa

Auf der Dating-Plattform kommt man sich näher, gewinnt Vertrauen und im Videochat geht es danach heiß her. Doch wenn dann eine E-Mail oder Facebook-Nachricht mit der Forderung einer Geldsumme eintrifft, weicht das erotische Knistern schnell blankem Entsetzen. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat erneut eindringlich vor einer digitalen Masche von Erpressern gewarnt, bei der den Empfängern mit der Veröffentlichung von Sex-Videos gedroht wird.

Die Unbekannten behaupten, die Betroffenen per Videochat nackt – oft bei der Selbstbefriedigung – gefilmt zu haben. Nur die Zahlung von mehreren Hundert oder Tausend Euro könne die Veröffentlichung verhindern.

Die Masche wird "Sexpressung" oder "Sextortion" (von extortion - Erpressung) genannt. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Methoden, die seit vergangenem Jahr kursieren: Bei der "Pornmail"-Masche behaupten die Erpresser, den Computer gehackt, Spionage-Software installiert und den Besitzer beim Konsum von Pornofilmen mit dessen eigener Kamera gefilmt zu haben.

Bislang ist dies reiner Bluff und es existieren gar keine Aufzeichnungen. Dem Landeskriminalamt NRW und auch anderen Polizeibehörden ist zumindest kein Fall bekannt, in dem die Versender dieser Tausenden von Spam-Mails ihre Drohung wahr gemacht hätten. Viele Empfänger zahlen trotzdem, weil sie es nicht darauf ankommen lassen wollen.

Anders sieht es bei der Lockvogel-Masche im Videochat aus. In diesen Fällen können die Erpresser tatsächlich mit "Kostproben" aufwarten. Es sei ein leichtes und koste nur einen Knopfdruck, die intimen Aufnahmen über die Kontaktlisten an den Freundes- und Kollegenkreis des Erpressten zu schicken, heißt es dann. Und vereinzelt sei dies Realität geworden. "Es sind Fälle bekannt, bei denen tatsächlich kompromittierende Aufnahmen gestreut wurden", warnt das LKA.

"Für die Betroffenen ist das verheerend", hatte der Kölner Oberstaatsanwalt Markus Hartmann bereits berichtet. In höchster Not habe sich ein älterer Mann bei den Strafverfolgern gemeldet. "Er hatte schon den Familienrat zusammengerufen, um seiner Ehefrau zu beichten, dass demnächst Videos von ihm im Netz kursieren."

Zahlen zu beiden Phänomenen sind für NRW noch nicht bekannt. In Bayern berichtete die Polizei von 870 Opfern in den ersten acht Monaten des vergangenen Jahres. Die Ermittler gehen aber von einer hohen Dunkelziffer aus, weil viele Opfer aus Scham den Gang zur Polizei scheuen dürften.

Den Tätern ist nicht so leicht auf die Spur zu kommen: "Sie bedienen sich anonymisierter Transaktionen ins Ausland, etwa via Western Union oder verlangen Kryptowährungen wie Bitcoin. Serverstandorte und Geldforderungen, sofern sie nachvollzogen werden können, deuten auf ein Agieren aus dem Ausland hin", berichtet ein Sprecher des Landeskriminalamts NRW.

Die Polizei rät, im Ernstfall Beweise wie Chatverläufe zu sichern, oder auch Screenshots anzufertigen und Anzeige zu erstatten. Um sich erst gar nicht in eine solche Situation zu bringen, helfe ein einfacher Kniff: Das Abkleben der Kameralinse von Laptop oder PC – und der Verzicht auf freizügiges Verhalten, auch wenn das Gegenüber im Videochat es noch so verführerisch vormacht.

Die Bochumer Polizei veröffentlichte vor wenigen Tagen – aus gegebenem Anlass – einen deutlichen Appell: "Bitte stellen sie sich bei intimen Handlungen nicht vor eine Webcam, bitte machen sie keine Nacktfotos von sich und versenden diese vor allem nicht an andere Personen. Unsere Welt ist schon lange digital und sie verzeiht im Zweifelsfall nicht, wenn man leichtsinnige und unüberlegte Dinge tut - lebenslang!" (olb)