CRISPR-Technik kann Babys nicht intelligenter machen

Es wird immer wieder befürchtet, dass die Gen-Editierung hochintelligente Designer-Babys schaffen wird. Genexperten halten dagegen.

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CRISPR-Technik kann Babys nicht intelligenter machen

(Bild: Photo by Luma Pimentel on Unsplash)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Antonio Regalado
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Befragungen über Auswirkungen der Gentechnik stellen immer wieder fest, dass eine Hauptsorge der Öffentlichkeit die Erzeugung von hochintelligenten „Designer-Babys“ ist. Hinzu kommen Bedenken, dass diese Optimierung wiederum nur für Reiche verfügbar sein wird, wie eine Unfrage des Pew Research Centers im Juli 2018 ergeben hat. Beide Sorgen gelten auch für das Gen-Editier-Werkzeug CRISPR.

Befeuert wurden die Bedenken durch die Bekanntgabe des chinesischen Wissenschaftlers He Jiankui im vergangenen November, er habe mit der CRISPR-Technik Zwillingsmädchen im Embryonalstadium resistent gegen HIV gemacht. Schließlich hat der Fall deutlich gemacht, dass es nicht mehr möglich ist, die Erzeugung von optimierten Kindern zu stoppen.

Die Sorgen über optimierte Designerbabys sind allerdings mehreren Experten zufolge unbegründet. „Auf lange Sicht könnte unser größter Schutz vor unangemessener Genom-Bearbeitung die Tatsache sein, dass Merkmale wie Intelligenz durch sehr komplexe Interaktionen zwischen mehreren Genen und der Umgebungen entstehen“, schreiben der Stammzellforscher George Daley (Harvard Medical School) und die Embryologen Robin Lovell-Badge (Francis Crick Institute, London) und Julie Steffann (Université Paris Descartes) in einem Vorwort des Fachjournals „New England Journal of Medicine“. Mit anderen Worten: Intelligenz sei schlicht zu kompliziert, als dass man sie maßschneidern könnte.

Zwar werden mehr als tausend Genen ein Einfluss auf den IQ-Wert und darauf zugeschrieben, welchen Bildungserfolg jemand haben wird. Allerdings wissen die Wissenschaftler nicht genau, was diese Gene bewirken. Mehr noch, Gen-Editier-Werkzeuge sind noch nicht dazu in der Lage, die Gene eines Embryos an so vielen Orten anzupassen.

Für die Autoren sind diese Wissenslücken kein Problem. Sie können es kaum erwarten, dass die Editiermethoden genetische Krankheiten bereits im Embryonalstadium ausrotten und sind überzeugt, dass die CRISPR-Technik dafür ausgefeilt genug ist. Bei schweren angeborenen Krankheiten wie Huntington oder Mukoviszidose, die häufig durch Mutationen in einzelnen Genen verursacht werden, ist das auch durchaus möglich.

Daley und andere Wissenschaftler hoffen, dass diese Art von Therapie voranschreiten wird. Dies wird jedoch schwieriger werden, wenn die Gen-Bearbeitung noch öfter wie im Fall He Jiankui missbraucht wird. Dann nämlich werden die Aufsichtsbehörden die Entwicklung blockieren und die öffentliche Meinung könnte sich dagegen wenden.

He Jiankui hat bei den Zwillingsmädchen nach eigenen Angaben ein Gen namens CCR5 entfernt, um sie gegen HIV zu immunisieren. Obwohl He Jiankui möglicherweise einen Ersterfolg erzielt hat, sind sich Daley und seine Mitautoren einig, dass er „für immer als derjenige in Erinnerung bleiben wird, der weitverbreitete wissenschaftliche, klinische und ethische Standards missachtet hat“, schreiben sie.

Jiankui scheint derzeit unter Hausarrest zu stehen – die New York Times hatte ihn hinter vergitterten Fenstern auf dem Balkon einer Campus-Wohnung erspäht –, während die chinesischen Behörden nachforschen oder zumindest abwarten, bis sich der Skandal legt.

Die Autoren des NEJM-Vorwortes betonen nachdrücklich, dass dies erst der Anfang sei und es legitime Gründe gäbe, Embryonen genetisch zu verändern. Dazu gehörten Situationen, in denen ein Paar sonst keine gesunden Kinder haben kann oder die Weitergabe von Krankheitsgenen bei künstlichen Befruchtungen vermieden werden soll.

Ein Risiko solcher großen medizinischen Ambitionen besteht darin, dass CRISPR zu Zwecken eingesetzt wird, die die Öffentlichkeit immer noch für besorgniserregend hält. Meinungsumfragen zeigen, dass die meisten Menschen damit einverstanden sind, krankmachende Mutationen zu beseitigen.

Aber nur etwa 20 Prozent halten andere Optimierungen wie die Steigerung von Intelligenz für eine gute Idee. Die Wissenschaftler verraten nicht, ob das an sich gut oder schlecht finden. Es ist nicht möglich, sagen sie, also soll man sich keine Sorgen machen. Damit schieben sie aber eine Diskussion einfach nur auf.

(vsz)