Border Security: Die neusten Standards der Sicherheitsindustrie

Militärs und Vertreter der Sicherheitsindustrie tauschten sich auf der Konferenz "Border Security" über intelligente Grenzsicherung aus.

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Border Security: Die neusten Standards der Sicherheitsindustrie

(Bild: smi-online.co.uk)

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Von
  • Valerie Lux
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"Die technische Aufrüstung von Grenzen folgt zwei Prinzipien. Zeit ist Geld, das heißt es soll keine Wartezeiten mehr geben. Die Grenzübertritte der Zukunft werden durch biometrische Daten viel effizienter aufgebaut werden." Damit skizzierte Robert Rozploch von der US-Firma Gate Keeper Security die zwei wichtigsten Themen des Gipfeltreffens von Militärs und der Sicherheitsindustrie, die sich zur Konferenz "Border Security" am 12. und 13. Februar in Rom traf. Die Fachtagung versammelte einige hochrangige Experten, die für intelligente Grenzüberwachung in verschiedenen EU-Staaten verantwortlich sind. Die Tagung kam zur richtigen Zeit: Mittlerweile hat die EU-Kommission wie auch in den einzelnen Mitgliedsstaaten die Entwicklung der "Smart Borders" höchste Priorität.

Bei den "Smart Border" geht es stets um dasselbe Sicherheitsdilemma: Wie lässt sich der Grenzübertritt von privaten Reisenden beschleunigen und gleichzeitig die Abwehr illegaler Reisender verbessern? Wie können Lastwagen mit ihrer Fracht schneller nationalstaatliche Grenzen passieren und gleichzeitig Drogenschmuggler draußen gehalten werden? Mit einem Paukenschlag stellte Szekelly Zoltan von der ungarischen Grenzpolizei die martialische Sicherung der ungarischen Grenze mit Robotern vor. Durch das Projekt "Roborder" würden bald Drohnen und andere unbemannte Flugträger die ungarischen Grenzen inspizieren. "Die Roboter werden nicht bewaffnet. Noch nicht", sagte er.

Verschiedene ausgefeilte Sicherheitstechnik wurde auf der "Border Security" präsentiert, zum Beispiel KI-gestützte Kameraoptimierung. Durch eine immer bessere Gesichtserkennung ist es bereits möglich, die Passagiere vor der Grenze in ihrem Auto abzuzählen und ihren Gesichtern Namen zuzuordnen, ohne dass die Reisenden aussteigen müssen. "So werden wertvolle Minuten am Grenzübergang eingespart. Die Reduzierung von Staus ermöglicht einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukt – Zeit ist Geld", erläuterte Rozploch.

Heute bietet die Künstliche Intelligenz Grenzbeamten vollkommen neue Möglichkeiten, zu analysieren, wer vor ihnen steht. Durch stetiges Training der Algorithmen könne KI helfen, auffällige Muster von Reisenden zu erkennen, die Grenzoffiziere übersehen, hieß es auf der Konferenz. Maschinen arbeiteten hier längst besser als das Bauchgefühl von Beamten.

Beispielsweise erkenne eine mit KI-optimierte Kamera automatisch eine Auffälligkeit, wenn eine Frau mit zwölf verschiedenen Automodellen im Zeitraum von zwei Monaten zwischen der mexikanisch-US-amerikanischen Grenze hin- und her fahre, berichtete Rozploch von einem Testprojekt. Hier könne das KI-System automatisch Verdachtsalarm wegen Autoschmuggel melden, die Kamera speichere automatisch das Fahrzeugmodell, mit der Reisende unterwegs seien. Merke die Kamera mit automatischer Gesichtserkennung, dass zwanzig verschiedene Kinder immer auf dem Rücksitz desselben Fahrers im Auto säßen, könne der Algorithmus einen Menschenhandelverdacht melden, der Fahrer würde noch einmal kontrolliert. Die Kamera habe ein Muster entdeckt, dass sich ein menschlicher Beamter unmöglich im Gedächtnis einprägen könnten.

Maschinelle biometrische Passkontrollen werden erfolgreich in Kanada durchgeführt, berichtete Keri Phoenix vom Flughafen Vancouver. Reisende gehen zu einem Border-Express-Scanner, machen ein Selfie von sich und lassen die Daten ihres Reisepass einlesen. Nachdem sie ein paar Fragen auf dem Bildschirm zu ihrem Aufenthalt beantworten, müssen sie zehn Sekunden einem echten Grenzbeamten in das Gesicht schauen. "Normalerweise sind Grenzbeamte nur damit beschäftigt, die Reisepässe zu scannen und schauen kaum hinter ihrer Glasscheibe den Reisenden an", erklärte Phoenix. "Durch die automatisierte Grenzkontrollen erhalten die menschlichen Beamten mehr Gelegenheit, ihre Intuition einzusetzen und haben mehr Zeit, wirklich mit den Reisenden zu interagieren", sagte Phoenix. Die deutsche Version der rund 200 E-Gates mit Selfie, die mittlerweile an sieben deutschen Flughäfen im Jahr 2018 eingesetzt sind, stellte Carsten Glade von der deutschen Bundespolizei vor: Glasschiebetüren mit Rundum-Kameraüberwachung.

E-Gates oder Border-Express-Scanner werden in Zukunft vermutlich in zwei Jahren an jedem Flughafen Europas eingesetzt. Denn ab dem Jahr 2021 tritt das neue Entry-Exit-System der Europäischen Union in Kraft. Ab dem Zeitpunkt sollen zweifelsfrei Visa und die Daten der Ein- und Ausreise jedes Nicht-EU-Bürger verbindlich und maschinell festgestellt werden. Die biometrischen Fingerabdrücke und das Gesichtsbild jedes Reisenden werden erfasst. Die Kapazität für diese technischen Kontrollen sicherzustellen, sei noch eine große Aufgabe für deutsche Flughäfen, war auf der Konferenz zu hören.

Die Entwicklung der "Smart Border" umfasst nicht nur die maschinelle Verbesserung der Identifizierung legaler, sondern sondern auch jene illegaler Reisender. Das israelische Unternehmen Cellebrite bietet zuständigen Behörden an, die Smartphones von Migranten ohne Personalausweise zu durchsuchen, die einen Asylantrag stellen wollen und nicht zweifelsfrei ihre Identität nachweisen können. Ohne Richtergenehmigung ist das seit 2017 in Deutschland möglich. Überlassen Geflüchtete den zuständigen Entscheidern des BAMF nicht ihr Smartphone, kann ihr Asylantrag abgelehnt werden oder mit Entschlüsselungstechnik dekodiert werden.