Recht auf Home-Office: IT-Branche offen, aber skeptisch

Die Arbeit zu Hause ist sowohl bei Arbeitnehmern als auch bei Arbeitgebern beliebt. Doch letztere wollen lieber keine gesetzliche Verpflichtung.

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Arbeit am Computer

(Bild: SFIO CRACHO, Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Das Home-Office ist in Mode. Laut Umfrage des Branchenverbandes Bitkom erlauben inzwischen 39 Prozent der Unternehmen zumindest einzelnen Mitarbeitern zeitweise von zu Hause zu arbeiten. Eine gewaltige Steigerung: 2014 gaben nur 22 Prozent der Arbeitgeber an, dass die Angestellten zumindest teilweise zu Hause bleiben können.

Dennoch stößt der Vorschlag der SPD, ein gesetzlich verbrieftes Recht auf den Heim-Arbeitsplatz einzuführen, auch bei IT-Branchenverbänden nur auf verhaltenen Enthusiasmus. "Für Arbeitnehmer, aber auch für Arbeitgeber, sprich für die Unternehmen müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ihnen erlauben, Deutschland zu einem der führenden Digitalstandorte zu machen - damit gute und sichere Arbeitsbedingung geschaffen werden können", erklärt Lucia Falkenberg vom Verband der Internetwirtschaft eco. Zusätzliche Reglementierungen gehörten jedoch eher nicht dazu. Stattdessen müsse dringend an Faktoren wie dem Breitbandausbau gearbeitet werden.

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Ein gesetzliche Recht auf die Arbeit Home-Office hatte der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium Björn Böhning bereits im Januar ins Gespräch gebracht, die SPD-Spitze hat in einer Klausurtagung Anfang Februar eine entsprechende Initiative beschlossen.

Noch ist unklar, wie ein solches Gesetz konkret aussehen soll oder wann es Thema im Bundestag wird. Dass ein Lagerarbeiter plötzlich beschließen kann, künftig bei vollem Gehalt zu Hause zu bleiben, ist jedoch nicht zu erwarten. Das gesetzliche Recht auf das Home-Office wird sich wohl wie bei den Teilzeit-Regelungen auf die Arbeitnehmer beschränken, bei denen es keine betrieblichen Gründe für die Anwesenheit gibt.

Die Arbeitgeber scheuen den bürokratischen Aufwand und befürchten, dass die gesetzliche Regelung die Realität in den Betrieben nicht ausreichend berücksichtigt. "Die Arbeitgeber im Digitalsektor sind daran interessiert, ihren Mitarbeitern die Arbeit im Home-Office zu ermöglichen, da es ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhöht", sagt Christoph Busch, Bereichsleiter Arbeit und Innovation beim Branchenverband Bitkom, im Gespräch mit heise online. Die Tücke stecke jedoch im Detail: "Bei Arbeitsmethoden wie SCRUM ist die Präsenz der Mitarbeiter essenziell", erklärt Busch.

Gerade für hochqualifizierte Arbeitnehmer ist die Möglichkeit zur Heimarbeit mittlerweile üblich geworden. So nutzen Arbeitgeber die Option als Anreiz für Arbeitskräfte, ohne allzu sehr an der Gehaltsschraube zu drehen. So kann ein kundig umgesetztes Konzept mit Heimarbeit sogar Kosten sparen - schließlich muss der Arbeitgeber für die eigenen Büroräume zahlen. Zudem zeigen Umfragen, dass Arbeitnehmer, die zu Hause arbeiten wollen, auf die Anwesenheitspflicht im Büro negativ reagieren.

Ob sich das Home-Office tatsächlich ohne gesetzliche Hilfe weiter verbreitet, ist dabei noch nicht ausgemacht. So stellte das Institut für Wirtschaftsforschung fest, dass zwar im Prinzip 40 Prozent der Arbeitnehmer im Prinzip von zu Hause arbeiten könnten. Laut dem Sozi-ökonomischen Panel von 2014 konnten aber lediglich 17,9 Prozent der Arbeitnehmer dies tatsächlich in der Praxis umsetzen. Die Hälfte davon konnte allerdings nur unregelmäßig oder selten auf den Arbeitsweg verzichten. In den Jahren zuvor nahm die Zahl der Heimarbeiter sogar ab.

Auch die Arbeitnehmervertreter wollen die Anwesenheitspflicht reduzieren, gleichzeitig aber den Schutz der Arbeitnehmer zu Hause erhöhen. „Home-Office sollte grundsätzlich für alle Beschäftigten möglich sein, muss aber auch die nötige Sicherheit bieten, um unsichtbare Mehrarbeit und ständige Erreichbarkeit zu vermeiden", erklärt Annelie Buntenbach, Mitglied im DGB-Bundesvorstand. Das heißt: Nur weil Arbeitnehmer zu Hause arbeiten und während der Kern-Arbeitszeiten nicht immer zur Verfügung stehen, sollen die Chefs kein Recht haben, bis spät in die Nacht anzurufen. Zudem neigen Arbeitnehmer ohne klar definierten Feierabend dazu, länger zu arbeiten. Dazu fällt es ihnen mitunter schwer sich nach einem Arbeitstag zu erholen.

Die Gewerkschaften wollen verhindern, dass Arbeitnehmer mit Aufgaben überhäuft wird, die sie in einem normalen Arbeitstag nicht bewältigen können. Die Arbeitgeber hingegen würden gerne einige Regelungen zur Präsenzarbeit loswerden. So ist nach den derzeitigen Arbeitszeitgesetzen eine elfstündige Pause zwischen zwei Arbeitstagen vorgeschrieben – bei selbstverantworteter Arbeit der Angestellten seien solch starre Regelungen jedoch nicht mehr zeitgemäß. (axk)