Verkehrssicherheit: EU-Abgeordnete stimmen für Unfalldatenspeicher und Alcolocks
Pkw, Lkw und Busse müssen künftig EU-weit mit "fortgeschrittenen Sicherheitsfunktionen" wie automatischen Warnsystemen ausgerüstet werden.
In der EU soll die Verkehrssicherheit erhöht und die Zahl der Toten und Verletzten auf den Straßen reduziert werden. Für alle Fahrzeuge werden künftig erweiterte Sicherheitsfunktionen wie Unfalldatenspeicher, intelligente Geschwindigkeitshilfen oder alkoholempfindliche Wegfahrsperren Pflicht. Einen entsprechenden Verordnungsentwurf über eine neue "Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen" hat der federführende Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments am Donnerstag mit großer Mehrheit befürwortet.
Assistenzsysteme vorgeschrieben
Für "Alcolocks" hatte sich zuvor auch die hiesige schwarz-rote Koalition ausgesprochen. Auf EU-Ebene kommen nun zudem Notbremsassistenten und Warnsysteme bei Anzeichen von Fahrermüdigkeit oder Ablenkungen dazu. Auch der Reifendruck soll automatisiert in allen Fahrzeugen überwacht werden. Spurhaltesysteme, die bisher nur in Lkws und Busse eingebaut werden mussten, werden auch für neue Pkws und Transporter vorgeschrieben.
Die Hersteller sollen dem Beschluss nach sicherstellen, dass die Systeme "akzeptabel" sind für die Fahrer. Diesen müssen Bedienungsanleitungen mit klaren und umfassenden Informationen über die Funktionsweise der technischen Helfer an die Hand gegeben werden. Dazu kommen einheitliche Anforderungen zum Schutz von Fahrzeugen vor Cyberangriffen.
Lkw und Busse müssen laut dem Votum Abbiegeassistenten erhalten und generell so entwickelt und gebaut werden, dass besonders verletzliche Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer oder Fußgänger für den Fahrer besser erkennbar werden. Damit sollen sichttote Bereiche direkt vor der der Frontscheibe beseitigt sowie der tote Winkel neben den Seitenfenstern verkleinert werden, unterstreichen die Volksvertreter.
Sorge um Datenschutz
Besonders umstritten war im Vorfeld der vorgesehene Unfalldatenspeicher. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hatte in diesem Zusammenhang angesichts der damit verknüpften weitgehenden Informationserfassung vor dem "gläsernen Fahrer" gewarnt. Zur "aktiven Sicherheit im Straßenverkehr" trage ein solches Gerät "in keiner Weise bei". Der vzbv zeigte sich auch besorgt, dass die generierten Datenberge Begehrlichkeiten bei Autobauern, Händlern, Werkstätten oder Diensteanbietern weckten.
Die Ausschussmitglieder haben angesichts der Kritik an diesem Punkt nachgebessert und festgeschrieben, dass ein solches Speichergerät als "in sich geschlossenes System" operieren muss. Aufbewahrte Informationen sollen nach einiger Zeit überschrieben werden. Die Abgeordneten stellten zudem klar, dass weder das Fahrzeug noch der Fahrer mit dem Gerät identifiziert werden dürfen. Messwerte sind also anonymisiert zu speichern.
Nicht punkten konnte die Verbraucherlobby mit ihren Bedenken, dass auch das unbeschränkte Aufzeichnen und Sammeln "sonstiger relevanter Eingabeparameter" für die weiter vorgesehenen bordseitig aktiven Sicherheits- und Unfallvermeidungssysteme "der Missbrauchsgefahr Tür und Tor" öffne. Die Parlamentarier halten die Technik für nötig, um auch dem automatisierten und autonomen Fahren den Weg zu ebnen. Die Einbaupflichten sollen die Fahrer ihnen zufolge schrittweise an Autopilot-Funktionen gewöhnen und das Vertrauen in sowie die Akzeptanz für einschlägige weitere Schritte fördern.
Mit dem noch ausstehenden formalen Plazet des Plenums kann das Dossier in die Trilogverhandlungen mit dem Ministerrat und der Kommission gehen. Das entsprechende Mandat hat der Ausschuss den parlamentarischen Berichterstattern prinzipiell schon erteilt. Wenn sich die EU-Gremien auf einen gemeinsamen Text einigen, wird die entsprechende Verordnung – nach möglichen Übergangsfristen – in allen Mitgliedsstaaten direkt anwendbar sein. (mho)