Spiegellose Vollformatkameras: Preisentwicklung zeigt harten Konkurrenzkampf

Immer mehr Hersteller steigen ins spiegellose Vollformat ein. Wir haben uns Preisentwicklung und Nachfrage angeschaut.

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Spiegellose Vollformatkameras: Preisentwicklung zeigt harten Konkurrenzkampf
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Nikon, Canon und Sony konkurrieren hart im Marktsegment der spiegellosen Vollformatkameras. Diesen Trend zeigen auch die Zahlen von Ende Juli 2018 bis Mitte Februar 2019, die das Preisvergleichsportals Geizhals erhoben hat. Es gehört wie heise online zur Heise Gruppe. Dort hat man nicht nur auf die Preisentwicklung der Geräte geschaut, sondern auch darauf, welche Kameras (teils mit angebotenen Objektivkombinationen) über den Preisvergleicher tatsächlich nachgefragt wurden.

Dabei zeigt sich, dass der Preis der Einsteiger-Vollformatspiegellosen Nikon Z6 stärker schwankte. Ende November 2018 fiel sie für wenige Wochen um etwa zehn Prozent auf einen Gehäusepreis von knapp 2070 Euro. Auch das Bundle mit Objektivadapter entwickelte sich ähnlich. Zum Jahresende sprangen die Preise dann zurück auf das Niveau der unverbindlichen Preisempfehlung, um kurz nach Jahresanfang 2019 unter 2000 Euro (Gehäuse) beziehungsweise 2100 Euro (Adapter) zu fallen.

Während sich die Preise von EOS R (samt Adapter) und Sony A7 III vergleichsweise stabil halten, machte die Nikon Z6 in den letzten Monaten stärkere Schwankungen durch.

Auffällig ist, dass die Konkurrenten Sony A7 III und Canon EOS R diese Talfahrt im Jahr 2018 nicht mitgemacht haben. Mit dem Start des neuen Jahres haben sich aber auch ihre Preise stärker nach unten entwickelt. Das gilt übrigens auch für die Profi-Varianten Sony A7R III und Nikon Z7, die im vergangenen Jahr eher preisstabil blieben.

Tatsächlich scheint gerade die Nikon Z6 dem Platzhirsch Sony A7 III das Leben schwer zu machen. Während Letztere bis Ende August vergangenen Jahres nahezu die gesamte Aufmerksamkeit in diesem Segment einheimste, musste sie ab Ende August beziehungsweise Anfang September 2018 mit Nikons Z-Kameras und Canons EOS R teilen. Und zunächst sah es noch so aus, als würde letzterer Hersteller am erfolgreichsten die Nachfrage nach den Sony-Geräten drücken.

Die Sony A7 III gehört beim Geizhals-Preisvergleich zu den beliebtesten spiegellosen Vollformatkameras, die Nikon Z6 liefert sich aktuell ein Duell mit Canon EOS RP.

Doch wenige Monate nach dem Verkaufsstart der Kameras ergibt sich ein anderes Bild: Nach wie vor führt in diesem Gespann die Sony A7 III die Nachfrage über Geizhals an – sie kommt hier aktuell auf 38 Prozent der sogenannten "Click-Outs", der tatsächlichen Klicks auf ein Händlerangebot, ab. Mit gut 17 Prozent folgt Nikons Z6. Dahinter liegt mit etwa 16 Prozent die Canon EOS R.

Bleibt abzuwarten, wie sich die Canon EOS RP langfristig schlägt, die preislich noch einmal unter der großen Schwester EOS R angesiedelt ist. Im Moment scheint sie vor allem Nikons Z6 das Leben schwer zu machen. Seit ihrem Einstand in der vergangenen Woche ging die Click-Out-Rate der Nikon-Konkurrentin deutlich zurück. Wir behalten im Auge, wie nachhaltig dieser Effekt ist. Im März kommen außerdem noch die Vollformatspiegellosen von Panasonic auf den Markt, die den Konkurrenz- und damit den Preiskampf in diesem Kamerasegment weiter verschärfen könnten. Damit lohnt es sich vielleicht, sich noch etwas länger mit Anschaffung einer Vollformatspiegellosen zu warten.

➤ Mehr zum Thema: Spiegellose Vollformatkameras: Sony A7 III und Nikon Z6 im Vergleichstest

Bis zur Photokina im September 2018 dirigierte Sony dieses Segment noch praktisch allein. Hersteller Leica, der sich mit seiner SL hier bereits seit 2015 tummelt, bedient bisher nur den Premium-Markt. Nun sind mit Canon, Nikon und Panasonic binnen weniger Monate drei weitere Hersteller dazu gekommen. Und auch Objektivhersteller Sigma will sich in Kürze mit einer eigenen Kamera mit Foveon-Vollformat-Chip einreihen.

Die Flucht der Kamerahersteller ins spiegellose Vollformat ist der Versuch, den Stückzahlenrückgang mit hochpreisigen Geräten zu kompensieren. Während es bei Kompaktkameras und Spiegelreflexkameras (DSLR) seit Jahren stetig bergab geht, halten sich die spiegellosen Systemkameras mehr als stabil. Das zeigen auch die aktuellen Zahlen des Photoindustrie-Verbands.

Immer weniger Kameras mit Wechseloptik werden hierzulande gekauft. Daran haben auch die spiegellosen Systemkameras nichts geändert.

(Bild: Photoindustrie-Verband)

Stückmäßig liegen die Spiegellosen mit den Spiegelreflexkameras fast gleichauf. Wertmäßig haben sie sie längst überholt. Mit hierzulande 302.000 verkauften Spiegellosen (inklusive Kit-Verkäufe) haben Sony, Canon, Panasonic, Olympus und Co. im vergangenen Jahr etwa 295 Millionen Euro umgesetzt. Macht knapp 980 Euro pro Gerät. Mit 310.000 verkauften DSLR (inklusive Kit-Verkäufe) kamen sie im vergangenen Jahr dagegen nur auf 250 Millionen Euro – knapp 810 Euro pro Kamera. Das Preisniveau ist bei den Spiegellosen also deutlich höher. Und mit dem Fokus auf das spiegellose Vollformat dürfte es weiter steigen.

Der Umsatz mit den spiegellosen Systemkameras steigt kontinuierlich.

(Bild: Photoindustrie-Verband)

Dennoch dürften die Kamerahersteller nicht erleichtert durchatmen. In den vergangenen vier Jahren hat sich der Gesamtmarkt für Digitalkameras in Deutschland stückmäßig praktisch halbiert und wertmäßig um etwa 30 Prozent verloren. Unwahrscheinlich, dass Geräte, die sich fast ausschließlich an ambitionierte Hobbyfotografen richten, dies wettmachen können. Canons Präsident Fujio Mitarai hat das offenbar erkannt und in einem Interview Medienberichten zufolge eine düstere Prognose abgegeben: Die Spiegellosen seien keine wirkliche Rettung, denn die kompensierten höchstens die Einbrüche bei den Spiegelreflexkameras – Wachstum brächten sie nicht. Künftig wolle sich Canon verstärkt Industriethemen wie Überwachungs- und Medizintechnik zuwenden. Sein Kamerageschäft werde man künftig stärker auf professionelle Anwender ausrichten. (ssi)