Arbeitsminister Heil will gegen Missstände in Paketbranche vorgehen

Das Geschäft mit Paketdiensten boomt, doch Gewerkschaften und SPD beklagen "skandalöse" Bedingungen. Der Arbeitsminister will das nicht länger dulden.

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DHL-Bote

(Bild: dpa, Oliver Berg/Archiv)

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  • dpa
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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will per Gesetz gegen Missstände in der hart umkämpften Paketbranche vorgehen. "Ich bin nicht bereit, die Entwicklung in Teilen der Paketbranche länger zu akzeptieren", sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Er nannte es beschämend, unter welchen Bedingungen Arbeitnehmer dort teils arbeiten müssten.

Mit dem geplanten Gesetz soll den Angaben zufolge sichergestellt werden, dass die in der Branche weit verbreiteten Subunternehmen Sozialbeiträge für ihre Paketboten zahlen. "Damit sorgen wir für fairen Wettbewerb, soziale Sicherheit und bessere Arbeitsbedingungen", sagte Heil. An den Arbeitsbedingungen von Paketzustellern gab es immer wieder Kritik. Die Gewerkschaft Verdi begrüßte Heils Pläne. Paketdienstleister hatten die Kritik zurückgewiesen.

Konkret soll die sogenannte Nachunternehmerhaftung auf die Paketbranche ausweitet werden. Das bedeutet, dass der eigentliche Auftraggeber für die korrekten Arbeitsbedingungen bei allen Subunternehmern verantwortlich ist. Die großen Zustelldienste müssten bei Verstößen ihrer Subunternehmer gegen die Sozialversicherungspflicht also selber einstehen und die Beiträge zahlen. In der Baubranche, wo die Nachunternehmerhaftung schon seit 2002 gelte, habe man damit gute Erfahrungen gemacht, betonte Heil.

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Der Boom beim Online-Handel scheint kein Ende zu kennen – mit der Folge, dass natürlich auch die Paketlieferungen sprunghaft anwachsen. Das führt nicht nur zu neuen Schwierigkeiten mit der Infrastruktur, sondern auch zu sozialen Konflikten und Problemen auf dem Arbeitsmarkt.

Zuletzt hatte Verdi-Chef Frank Bsirske von teils "mafiösen Strukturen" gesprochen. Er hatte moniert, dass Paketdienste Firmen engagierten, die wiederum andere Firmen beauftragen, die dann Menschen aus der Ukraine, aus Moldawien oder aus Weißrussland in die Lieferfahrzeuge setzten. Es würden Stundenlöhne von 4,50 Euro oder 6 Euro gezahlt bei Arbeitszeiten von 12 oder sogar 16 Stunden pro Tag.

Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis erklärte am Samstag, das entschlossene Handeln tue dringend Not und helfe den Beschäftigten, den Unternehmen sowie den Verbrauchern. Eine Nachunternehmerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge folge dem Prinzip: "Wer Arbeit auslagert, bleibt dafür auch verantwortlich."

Auch die SPD fordert, die Nachunternehmerhaftung auf die Paketbranche auszuweiten. SPD-Partei- und -Fraktionschefin Andrea Nahles hatte kürzlich erklärt, wer den Mindestlohn untergrabe, begehe kein Kavaliersdelikt. SPD-Fraktionsvize Katja Mast meinte jüngst, "sollte stimmen, was die Paketbranche sagt, und alle Standards eingehalten werden – ist das ja auch kein Problem".

Der Bundesverband Paket & Expresslogistik (Biek) hatte erklärt, dass die Unternehmen ihre Vertragspartner zur Zahlung des Mindestlohns und zur Arbeitszeitaufzeichnung verpflichteten. Hermes hatte betont, das Unternehmen lasse sich von allen Servicepartnern vertraglich zusichern, "dass sie sich vollumfänglich an gesetzliche Vorgaben – insbesondere die Verpflichtung zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns – halten".

DHL unterstrich, mehr als 98 Prozent der Pakete durch eigene Zusteller auszuliefern. Bei den anderen 2 Prozent müssten sich beauftragte Firmen an die gesetzlichen Bestimmungen halten. Nach Angaben des Paketdienstleisters DPD haben beauftragte Transportunternehmen klare Verpflichtungen, die fortlaufend geprüft würden. (tiw)