Internet aus dem All

Hunderte kleine und günstige Satelliten bringen den letzten Winkel der Erde ans Netz.

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Satellitenschüsseln

So groß werden die neuen Antennen für das Satelliten-Internet nicht sein.

(Bild: dpa)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Alexander Stirn

Welch gewaltige Vorsätze Greg Wyler für dieses Jahr gefasst hat, zeigt sich am besten beim Blick auf die Zahlen: Der Gründer des Raumfahrtunternehmens OneWeb will Woche für Woche fünfzehn Satelliten in seiner neuen Fabrik in Florida herstellen. Jeweils drei Dutzend von ihnen sollen in eine russische Sojus-Rakete gepackt werden. Alle 21 Tage soll eine dieser Raketen abheben. Und vier Milliarden Menschen, vielleicht das ambitionierteste Ziel, sollen durch die neuen Satelliten schnelles Internet aus dem All erhalten – genau jene Hälfte der Menschheit, die bislang vom Netz der Netze abgehängt ist.

Größenwahnsinnig? Es ist zumindest ehrgeizig. Und 2019 muss sich zeigen, ob Wylers Traum, die Menschheit flächendeckend mit Satelliten-Internet zu versorgen, nach vielen Verzögerungen endlich wahr werden kann. Wyler muss beweisen, dass OneWeb in der Lage ist, die technischen Herausforderungen in den Griff zu bekommen und das nötige Geld für eine Flotte aus mindestens 800 Satelliten aufzutreiben. Die Zeit drängt, denn die Konkurrenz – allen voran SpaceX – will ebenfalls im Internetmarkt mitmischen.

Derzeit sind Datenpakete aus dem All noch eine zähe, vor allem aber eine teure Angelegenheit: Die heutigen Internetsatelliten kreisen im sogenannten geostationären Orbit, etwa 36.000 Kilometer über dem Erdboden, wo sie immer über demselben Ort verbleiben. Aufgrund der großen Distanzen und der damit verbundenen langen Signallaufzeiten reagiert das orbitale Internet nur langsam auf Anfragen. Genutzt wird es vor allem von Fluggesellschaften, die teuren Bordzugang anbieten wollen, oder von Hilfskräften in Krisenregionen, die – koste es, was es wolle – aufs Netz angewiesen sind.

Wyler und seine Konkurrenten wollen das ändern, indem sie ihre Satelliten lediglich 1200 Kilometer über dem Erdboden kreisen lassen. In dieser geringen Höhe sind die Trabanten allerdings ständig in Bewegung; für eine vernünftige Abdeckung braucht es deutlich mehr Satelliten als im geostationären Orbit. OneWeb rechnet in der ersten Ausbaustufe mit knapp 800 Satelliten. SpaceX will für sein Projekt namens Starlink sogar 4425 orbitale Sendemasten starten.

Gelingen wird das nur, wenn sich die Art und Weise, wie Satelliten gebaut werden, grundlegend ändert. OneWeb hat auf dem Gelände des Kennedy Space Centers, direkt hinter dem Besucherzentrum, gemeinsam mit Airbus eine Fabrik errichtet, in der Satelliten auf zwei Produktionsstraßen fließbandartig montiert werden sollen.

Die ersten zehn Satelliten, noch in einer Testfabrik in Toulouse zusammengeschraubt, sollen im Februar mit einer Sojus-Rakete von Französisch-Guayana aus starten. Bewähren sie sich und bekommt OneWeb die Massenproduktion in den Griff, soll es dann im Dreiwochenrhythmus mit jeweils 34 bis 36 Satelliten weitergehen. Um sich nicht komplett auf Russland zu verlassen, hat OneWeb zudem ein Abkommen mit dem privaten Raketenbauer BlueOrigin geschlossen, dessen Fabrik derzeit schräg gegenüber entsteht.

Noch sind allerdings viele Fragen offen. Etwa 500.000 Dollar sollten die knapp 150 Kilogramm schweren Satelliten ursprünglich kosten. Der aktuelle Preis dürfte eher beim Doppelten liegen. Und auch das Geld für den Aufbau der Konstellation hat Wyler noch nicht zusammen. Branchenexperten rechnen mit einem Bedarf von sechs Milliarden Dollar, bislang ist OneWeb aber lediglich mit 1,7 Milliarden Dollar finanziert. Der Rest? Schweigen.

Über die Pläne von SpaceX sowie über Finanzierung und Technik ist sogar noch weniger bekannt. Immerhin: Die ersten beiden Testsatelliten hat das kalifornische Unternehmen – im Gegensatz zu OneWeb – bereits im All.

(bsc)