Mein elektrischer Freund

Nachruf auf eine putzige, kleine Maschine: Warum mich die bevorstehene Abschaltung eines Roboters traurig stimmt.

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Jibo wird sterben. Kein Scherz: Der putzige kleine Roboter mit dem animierten Zyklopenauge hat nach US-Medienberichten selbst auf die bevorstehende Abschaltung seiner Server hingewiesen. Die Interaktion mit dem "sozialen Roboter" wird nach dieser Abschaltung "sehr begrenzt" sein, heißt es dort. Mit anderen Worten: alles, was die künstliche Persönlichkeit des Roboters ausmacht, wird dann verschwunden sein. Digitale Demenz mal ganz anders.

Warum erwähne ich das? Zum einen weil damit ein faszinierendes Stück Technik verschwindet. Jibo ist nämlich nicht nur irgendein Spielzeug. Wenn überhaupt jemand weiß, wie man eine im wahrsten Sinne des Wortes liebenswerte Maschine baut, dann seine Schöpferin, die Robotik-Pionierin Cynthia Breazeal. Denn schließlich erforscht sie seit gut 20 Jahren, unter welchen Umständen wir Menschen Roboter für lebendig halten, und wann sie uns als kalte, gefühllose Maschinen erscheinen. Mit Jibo wollte Breazeal diese wissenschaftlichen Erkenntnisse auch kommerziell umsetzen. Aber das Projekt kam zu spät, denn Amazon und Google verkauften ihre Version des sozialen Assistenten zwar mit weniger Fähigkeiten - aber dafür zu einem Bruchteil des Preises.

Zum anderen erwähne ich die Geschichte aber auch, weil das Schicksal von Jibo beileibe nicht singulär ist. Immer wieder müssen Kunden erleben, wie ihr teures - unter Umständen auch geliebtes - Gadget nicht mehr funktioniert, weil der zur Hardware zugehörige Cloud-Service still gelegt wird. Jüngstes Beispiel neben Jibo: Das Fitness-Armband Microsoft Band wird Ende Mai zum Hightech-Elektroschrott, weil Microsoft die Server abschaltet.

Machmal, wie beispielsweise bei der Pebble-Smartwatch, finden sich Fans zusammen, um eine Alternative zu starten. Aber im Fall von Jibo wird das nicht gehen, weil die Roboterbauer sämtliches geistige Eigentum an einen Finanzinvestor verkauft haben. Was ursprünglich ein Versprechen war - die nahtlose Zusammenarbeit von mobilen Gadgets und der nahezu unbegrenzten Rechenkraft der Cloud - entpuppt sich immer öfter als hohle Phrase. Es wird höchste Zeit, die Hardware-Hersteller an dieser Stelle in die Pflicht zu nehmen.

In der Zwischenzeit bleibt uns Trost - ausgerechnet von einer Maschine. "Maybe someday when robots are way more advanced than today, and everyone has them in their homes, you can tell yours that I said hello", verkündete Jibo in seiner Abschiedsbotschaft. Ich hoffe, er wird Recht behalten.

(wst)