Bundesarbeitsminister: Digitalisierung bietet riesengroße Chancen für die Gleichstellung

Hubertus Heil verspricht mehr Engagement für die Gleichberechtigung in der Arbeitswelt. Beschäftigte wollen heimarbeiten und den Hund mit ins Büro bringen.

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Bundearbeitsminister: Digitalisierung bietet riesengroße Chancen für die Gleichstellung

Hubertus Heil, Moderator Cherno Jobatey und Sarah Müller (v.l.)

(Bild: heise online / Stefan Krempl)

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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hofft, dass die Arbeit durch das Internet oder Künstliche Intelligenz (KI) nicht nur menschlicher wird, sondern mit weniger Hierarchien und anderen Beschäftigungskulturen auch "etwas für die Gleichberechtigung" zwischen Männern und Frauen bringt. Die Chancen durch die Digitalisierung auf diesem Gebiet "sind riesengroß", erklärte der SPD-Politiker am Donnerstag in einer Diskussion zum Weltfrauentag im Telefónica-Basecamp in Berlin. "Aber das kommt nicht von allein."

Vor allem der öffentliche Sektor müsse mit gutem Beispiel vorangehen und die Politik den Rahmen setzen, unterstrich Heil. "Wir haben die Brückenteilzeit eingeführt", verwies er auf eine Initiative der großen Koalition. So wollten manche Frauen etwa nach einer Babypause rasch wieder in die Vollzeit zurück, was inzwischen leichter möglich sei und hoffentlich bald im Alltag der Menschen ankomme.

Schlecht sieht es laut Heil bei der Gehaltslücke aus, da Männer bislang 21 Prozent mehr verdienten. Für wesentlich hält er es auch, die Berufsorientierung klischeefreier zu gestalten. Seine Frau und er hätten dies mit ihren Kindern zumindest versucht, aber über die Kita wolle der mittlerweile doch Astronaut werden, die Tochter "Tierärztin und Ballerina".

Um Formen "handfester Diskriminierung" von Frauen zu stoppen und diese nicht etwa nur in Dienstleistungs- und Pflegeberufe zu drängen, "muss Druck hinter", unterstrich Heil. "Gläserne Decken im Aufstieg" müssten verschwinden, "Entgelttransparenz" hergestellt werden. In seinem Ministerium seien die Staatssekretäre und Abteilungsleiter "pari pari", auf der unteren Ebene "können wir aber noch besser werden".

Nach ersten Landtagen habe zudem auch den Bundestag die "Parité-Debatte" erreicht, meinte Heil. "Wenn sich nichts bewegt, muss man was machen", lautet sein Motto auch hier. Derzeit schnitten Grüne und Linken hier am besten ab, dann kommt die SPD, die Konservativen und die AfD lägen hinten und zögen das Parlament beim Frauenquotienten nach unten.

"Die Digitalisierung hilft einigen bei der Gleichstellung", sagte Sarah Müller, Geschäftsführerin bei der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu. Viele Berufe, die heute Frauen als Telefonistinnen oder Rechtsanwaltsgehilfinnen ausübten, werde es aber aufgrund von KI bald gar "nicht mehr geben". Als traurig bezeichnete es die Unternehmerin, dass Deutschland mit einem Frauenanteil von nur 16,6 Prozent im IT-Sektor auf Platz 20 von 41 OECD- und EU-Ländern liegt.

"Ein wesentlicher Schritt ist Transparenz", war sich Müller auch hier mit dem Minister einig. Oft wisse frau immer noch nicht, "was Kollegen verdienen". Wenn die Gesellschaft hier mit dem bisherigen Tempo weitermache, dauere es laut OECD 216 Jahre, "bis wir das Gender Pay Gap überbrücken" und so die Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern schließen.

Prinzipiell bestehen Arbeitnehmer vor allem auf eine weitgehend freie Arbeitseinteilung, meine Müller. "Die Hälfte der Arbeitgeber fliegt raus, wenn sie keine flexiblen Zeiten anbieten." Ein Drittel wolle Home Office machen, 28 Prozent den Hund mit zur Arbeit bringen. Das Thema Kind stehe erst auf Platz Nummer 15.

Heil wollte diesen Trend nicht recht glauben. Im Arbeitsministerium gebe es zwar auch eine Kollegin in Leitungsfunktion mit einem "mittelgroßen Hund". Dies habe etwa die Frage aufgeworfen, ob "der im Dienstauto mitfahren darf", was die Juristen letztlich bejaht hätten, da diese das Tier als Sache behandelten und Pakete ebenfalls transportiert werden könnten. Auch wenn er persönlich mit einem Bernhardiner aufgewachsen sei, finde er es aber wichtiger, dass "wir mehr Kinder im Betriebskindergarten haben". (anw)