Testfeld: Autonome Schiffe sollen bald durch Brandenburg schippern

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt will zusammen mit Partnern ein digitales Testgebiet für Binnenschiffe an der Spree-Oder-Wasserstraße einrichten.

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Testfeld: Autonome Schiffe sollen bald durch Brandenburg schippern

(Bild: pixabay.com)

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Auf das 2015 gestartete "digitale Testfeld Autobahn" an der A9 in Bayern soll vom kommenden Jahr an ein Pendant für autonome Binnenschiffe folgen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat am Freitag bekanntgegeben, zusammen mit Partnern aus der Wirtschaft ein einschlägiges Versuchsareal an der Spree-Oder-Wasserstraße in Brandenburg zwischen den Häfen Königs Wusterhausen und Eisenhüttenstadt aufsetzen zu wollen. Menschliche Kapitäne sollen damit mittelfristig überflüssig gemacht werden.

Dem DLR schweben gemeinsam mit Fachleuten "kleine, flexible Binnenschiffe" vor, "die miteinander kommunizieren, ihre Routen selbst berechnen und ihre Ladung eigenständig auf- und abladen können". Vor allem die "Zukunft des vernetzten Güterverkehrs auf dem Wasser" dürfte laut der Forschungseinrichtung so aussehen. Die Automatisierung der Schifffahrt auf Flüssen und Seen stelle eine Möglichkeit dar, "um das große, bislang ungenutzte Potenzial dieses Transportträgers zu heben".

Im Spree-Oder-Gebiet sieht Ralf Ziebold aus dem DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Neustrelitz eine gute Option, von 2020 an "einzelne Basistechnologien zu testen, die das Binnenschiff Schritt für Schritt weiter automatisieren". Zusammen mit seinem Team hat der Wissenschaftler bereits dafür benötigte Assistenzsysteme vorangetrieben. Aktuell arbeiten die Forscher an einer Technik, mit der ein Boot automatisch in eine Schleuse ein- und ausfahren kann, ohne dass der Kapitän eingreifen muss.

Solche oder ähnliche Techniken sollen künftig auf dem Testfeld untersucht werden. Dabei wird laut dem DLR die Navigation mithilfe globaler Satellitensysteme wie Galileo eine wichtige Rolle spielen. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen werde angestrebt, in naher Zukunft auch komplett autonom fahrende Binnenschiffe über das Testfeld schippern zu lassen.

Parallel wollen die Wissenschaftler auskundschaften, an welchen Stellen der hochautomatisierte Bootsverkehr in etablierten Gütertransportketten eingesetzt werden kann. Heute kommen dafür hauptsächlich Lkws zum Einsatz. Wenn nur ein Teil davon aufs Wasser verlagert wird, könnte dies den Straßenverkehr und das Klima deutlich entlasten. "Der Bundesverkehrswegeplan sieht vor, dass bis zum Jahr 2030 der Güterverkehr mit Binnenschiffen um 23 Prozent wachsen soll", weiß Ziebold. "Dazu müssen wir diesen Verkehrsträger wettbewerbsfähiger machen."

Das Team soll auch Anwendungen untersuchen wie kleinere Container-Einheiten, die eigenständig auf- und abgeladen werden. Digitale Assistenzsysteme könnten dabei die energie- und ressourcensparendste Fahrweise ermitteln sowie Unfallrisiken frühzeitig erkennen.

Mit im Boot sind bei dem Projekt auch der Bundesverband öffentlicher Binnenhäfen, die auf Satellitennavigation spezialisierte Wildauer Firma Alberding und die HPC Hamburg Port Consulting. Für sie ist die ins Visier genommene Wasserstraße ein idealer Ort zum Testen, da es dort wenig Binnenschiffsverkehr und damit eine geringe Kollisionsgefahr mit Gefahrguttransporten gebe. Ferner verfüge die Strecke über wichtige Infrastrukturen wie Häfen und Schleusen und sei nicht weit von Berlin entfernt.

Die Bundesregierung hatte im Sommer angekündigt, Testgebiete für mehr oder weniger selbstständig fahrende Schiffe ausweisen zu wollen. Sie geht davon aus, dass "der Grad der Automatisierung im Seeverkehr insbesondere durch fortschreitende Entwicklungen im Bereich neuer Sensortechnologien, neuer Sicherheitssysteme mit Echtzeitfähigkeiten und Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz und der Digitalisierung weiter zunehmen". Zunächst müssten aber Regeln etwa der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) angepasst werden. (tiw)