ICANN setzt Galgenfrist für .amazon

Seit 7 Jahren streiten Amazonas-Anrainerstaaten und der Online-Einzelhändler Amazon über die Vergabe der TLD .amazon. Der Streit könnte nun verlängert werden.

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ICANN setzt Galgenfrist für .amazon

Der Verlauf des Amazonas in Südamerika.

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Eine letzte Chance gibt die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) dem Online-Einzelhändler Amazon und den acht Amazonas-Anrainerstaaten, um ihren Streit über eine mögliche Top Level Domain .amazon beizulegen. Bis zum 7. April sollen sich die gegnerischen Parteien endlich über Bedingungen für eine mögliche Vergabe an Amazon einigen, entschieden die ICANN-Direktoren auf ihrem Treffen in Kobe. Eigentlich hatte die private Netzverwaltung dort abschließend über die Vergabe der umstrittenen Top Level Domain an Amazon entscheiden wollen.

Seit sieben Jahren kämpfen Brasilien, Kolumbien, Peru, Bolivien, Surinam, Guyana, Venezuela und Ecuador dagegen, dass das US-Unternehmen "ihren" Namen im Netz erhält. Amazon hatte der Amazon Cooperation Treaty Organisation (ACTO) diverse Angebote unterbreitet, damit die lateinamerikanischen Regierungen ihren Widerstand aufgeben.

Weder Zusagen bezüglich besonderer Selbstverpflichtungen bei der Nutzung der Zone noch finanzielle Zugeständnisse samt gesponserter Kindles für die ACTO-Mitgliedsländer konnten die lateinamerikanischen Länder für die Idee einer von Amazon gemanagten Top Level Domain gewinnen. Ein völliger Fehlschlag waren zudem Bemühungen, durch die Einschaltung von ICANN-CEO Göran Marby als Moderator zu einer für beide Seiten akzeptablen Lösung zu kommen.

Für viel Ärger auf Seiten der ACTO hatte gesorgt, dass der ICANN-Vorstand im vergangenen Jahr unmittelbar vor einem anberaumten Treffen entschieden hatte, das seit 2013 ausgesetzte Delegationsverfahren wieder aufzunehmen. Mitte Januar hatte die ICANN, die ihrerseits durch einen Schiedsspruch gehalten war, das Verfahren fortzusetzen, schließlich entschieden, in Kobe endgültig über die Vergabe zu entscheiden.

Amazon hatte sich verfrüht als Sieger gewähnt. In dem nun an die ACTO übermittelten Beschluss des Vorstands räumten die ICANN-Direktoren ACTO und Amazon noch eine letzte Frist zur gütlichen Einigung ein. Wenn Amazon und ACTO diese tatsächlich zustandebringen, werde die TLD vergeben. Schaffen beide Parteien es nicht bis zum 7. April, beantragen aber einvernehmlich eine Verlängerung der Frist, will die ICANN auch dem nachkommen.

Falls sich die Parteien nicht einigen, will der ICANN-Vorstand den dann von Amazon vorgelegten Vorschlag prüfen und entscheiden, ob dieser aus Sicht der Direktoren den ICANN-Vorgaben entspricht. Zugleich hält sich die ICANN die Möglichkeit offen, eine Delegation von .amazon ganz abzulehnen. Amazons Hartnäckigkeit bei der Beantragung spricht dafür, dass die ICANN in diesem Fall mit einer Klage rechnen darf. Vergibt die ICANN andererseits die TLD gegen den erklärten Willen der Amazonas-Anrainer, stehen der privaten Netzverwaltung große diplomatische Schwierigkeiten ins Haus. (anw)