Maas warnt vor Killer-Robotern und Bomben "mit Megabits"

Bundesaußenminister Heiko Maas fordert neue Regeln für autonome Waffensysteme und Cyberwaffen, um "automatische Eskalationen" zu verhindern.

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Heiko Maas

(Bild: dpa, Monika Skolimowska)

Lesezeit: 3 Min.

Außenminister Heiko Maas hat für verstärkte Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung plädiert. Dies sei angesichts zunehmender internationaler Spannungen, einem "wie gelähmt" wirkenden "multilateralem System" und "neuer Felder der Auseinandersetzung" vom Weltraum bis in den Cyberraum hinein notwendig. "Wir brauchen Regeln für autonome Waffensysteme", betonte der SPD-Politiker am Freitag auf der vom Auswärtigen Amt ausgerichteten internationalen Konferenz "Capturing Technology. Rethinking Arms Control" in Berlin.

"Killer-Roboter, die auf Basis anonymer Datensätze und völlig jenseits menschlicher Kontrolle über Leben und Tod entscheiden", bezeichnete Maas als "erschreckend reale Perspektive". Dabei handle es sich um einen "Angriff auf die Menschlichkeit selbst, auf die menschliche Würde und auf den Kern unserer Verfassung". Vollautonome Waffen seien zudem "anfällig für Manipulation und auch für Fehlkalkulationen", warnte er vor automatischen Eskalationen in Form von "flash wars". Rüstungswettläufe seien damit "praktisch vorprogrammiert".

"Wir dürfen deshalb diese rote Linie nicht überschreiten", mahnte der Minister. Deutschland wolle daher bei den laufenden Verhandlungen der Gruppe der Regierungsexperten der Genfer Waffenkonvention ( Convention on Certain Conventional Weapons – CCW) dieses Jahr Fortschritte erzielen. "Das Prinzip wirksamer menschlicher Kontrolle über alle tödlichen Waffensysteme" solle international festgeschrieben und damit ein großer Schritt "hin zur weltweiten Ächtung vollautonomer Waffen" gemacht werden. Dafür brauche die Bundesrepublik internationale Unterstützung.

Noel Sharkey, Sprecher der internationalen Kampagne "Stop Killer Robots", hatte der Bundesregierung jüngst vorgeworfen, in Genf ein klares Verbot für den Einsatz autonomer Waffensysteme zu hintertreiben. Deutschland setze zusammen mit Frankreich nur auf eine "politische Erklärung" und einen späteren Verhaltenskodex, die juristisch zahnlos seien, lautete seine Kritik. Viele andere Staaten einschließlich China befürworteten einen schärferen Kurs.

Besorgt zeigte sich Maas auch angesichts des Wettrüstens im Internet. Er wagte die Prognose, dass der nächste Krieg "nicht mehr nur mit Megabomben, sondern auch mit Megabits und Megabytes geführt" werde. Es werfe aber große Fragen für die Transparenz und Rüstungskontrollgespräche auf, "wenn das schädliche Objekt nur ein Code ist, der blitzschnell kopiert und um die Welt bewegt werden kann".

Der Sozialdemokrat warb daher "für universelle Verhaltensnormen und Standards im Cyberraum". Als Anknüpfungspunkte für einschlägige Prozesse etwa bei der Uno oder der OSZE machte er aus, dass wohl kein Staat ernsthaft den "hochgradig vernetzten Welthandel zum Opfer von Cyber-Angriffen" machen wolle. Genauso wenig wollten Nationen hinnehmen, dass Hacker das Bankensystem lahmlegten, den Zahlungsverkehr manipulierten oder den internationalen Luftverkehr gefährdeten.

Ferner rief Maas nach einer "fundierten, sicherheitspolitischen Analyse des Risikos von Missbrauch und Proliferation in der Biotechnologie". Zugleich warb er für einen internationalen Raketendialog angesichts "manövrierfähiger Flugkörper, die mit vielfacher Schallgeschwindigkeit unterwegs sind" und "abgewogene menschliche Reaktionen kaum noch zulassen". Auch dabei handle es sich nicht mehr um Science Fiction: Russland habe angekündigt, entsprechende erste Hyperschallwaffen-Systeme "schon in diesem Jahr in den Dienst zu stellen". Deutschland, Schweden und die Niederlande vereinbarten im Rahmen der Konferenz, einschlägige Abrüstungsgespräche gemeinsam vorantreiben zu wollen. (olb)