Warnung an die Smombies

Südkorea will Smombies mit kostspieligem High-Tech vor dem Verkehrstod retten. Ein Armutszeugnis für Smartphone-Süchtige.

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Von
  • Cosima Ermert
  • Cosima Ermert

Am Zebrastreifen guckt man links und rechts - eigentlich. Statt den Blick auf den Verkehr zu richten, bleibt er bei vielen Smartphone-Nutzern am Display kleben. Die Folge: Die Gefährdung im Straßenverkehr durch Smartphone-Nutzung von Autofahrern und Fußgängern nimmt zu.

Südkorea will das nicht weiter hinnehmen. Laut einem Bericht von Reuters wird gerade in Ilsan, unweit der Hauptstadt Seoul, ein Warnsystem an Fußgängerüberwegen getestet. Ganz nach dem Motto „Technik mit Technik schlagen“ erfassen Radar und Wärmebildkameras herannahende Fahrzeuge und Fußgänger. Blinkende LED im Boden sollen die Verkehrsteilnehmer vor der möglichen Kollision warnen. Dazu gibt es Laser-Projektionen in Form großer Warnschilder, die von umliegenden Strommasten auf den Zebrastreifen geworfen werden – direkt ins Blickfeld der nach unten schauenden Smartphone-Zombies (Kurz: Smombies) also.

Oben drauf gibt es eine App, die per Mitteilung auf sich nährende Autos aufmerksam macht. „Warte. Ein Auto kommt“, steht dann gepaart mit einem großen roten Warndreieck auf dem Bildschirm. Leider lassen sich keine Details finden, wie genau die App funktioniert. Woher weiß sie beispielsweise, dass ich gerade auf den Zebrastreifen laufe – und nicht daran vorbei? Doch nerviges Gebimmel bei jedem Stadtspaziergang und ständig eingeschaltete Lokalisierungsdienste muss man wohl in Kauf nehmen, damit Konfrontationen mit dem Real-Life so gering wie möglich ausfallen.

Eine junge Bewohnerin von Ilsan sagt Reuters gegenüber, sie sei oft zu vertieft in ihr Telefon, um sich zu erinnern, auf den Verkehr zu achten. Das kann einem ja auch schnell mal entfallen. Die Blitzlichter gäben ihr ein Gefühl von Sicherheit. Sie hoffe, dass es bald mehr solcher Installationen gibt. Tatsächlich soll das System, das am Korea Institute of Civil Engineering and Building Technology entwickelt wurde, nach einer erfolgreichen Testphase in ganz Südkorea eingesetzt werden.

Wie gefährlich Smartphone-Sucht im Verkehr für Betroffene und ihr Umfeld ist, haben schon mehrere Metropolen entdeckt. Köln und Augsburg testen Bodenampeln an viel genutzten Kreuzungen. Gesonderte Gehwege für geschwindigkeitsverringerte Handy-Jünger gibt es in China, Antwerpen und Vilnius. Seit 2017 müssen Smombies in Honolulu Strafen zahlen, wenn sie sich beim Überqueren der Straße mit ihrem Handy beschäftigen. Dabei wird immerhin die Ursache des Problems bekämpft und nicht nur die Wirkung. Außerdem kommt etwas Geld rein.

Denn ein großes Manko hat die südkoreanische Technik: Die Installation an einem einzigen Zebrastreifen kostet umgerechnet 11.700 Euro. Kleiner Tipp: Vom Smartphone hoch gucken ist kostenlos. (cose)