Katz-und-Maus-Spiel mit Kryptobörsen-Regulierern

Die Kryptobörse Binance hilft Startups, per „Initial Coin Offerings“ regulierungsarm Millionen einzusammeln. Mit den Vorschriften nimmt sie es nicht so genau und entzieht sich der verschärften Regulierung solcher Plattformen durch ein geografisches Katz-und-Maus-Spiel.

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Von
  • Mike Orcutt

Den Großteil der Blockchain-Welt hat das verschärfte regulatorische Durchgreifen bereits eingeholt, aber eine der beliebtesten Kryptowährungsbörsen schert sich immer noch nicht darum. Trotz des allgemeinen Marktabschwungs setzt Binance seinen kometenhaften Aufstieg fort, der während des Booms von 2017 begann. Das Unternehmen tut schlicht so, als sei der Boom nie zu Ende gegangen – insbesondere die damalige Begeisterung für sogenannte „initial coin offerings“ (ICO, auf Deutsch in etwa Münzangebote), eine Art der Kapitalaufnahme per Crowdfunding, mit denen Kryptowährungsfirmen für Banken, Börsen und Risikokapitalgeber geltende Vorschriften umgehen können.

Es verfügt über eine neue Plattform für solche „Token Sales“ und hat darüber dieses Jahr bereits für drei ICO durchgeführt. Mitte März warb das auf Blockchain-Skalierung spezialisierte Start-up Celer Network über die Binance Launchpad genannte Plattform in weniger als 20 Minuten vier Millionen Dollar ein.

Tokenverkäufe, die auch normalen Anlegern und nicht nur vermögenden Personen und Finanzinstituten offenstehen, sind in vielen Ländern zum Stillstand gekommen. Der Grund dafür ist, dass Regierungsbeamte, die die Anlegerschutzgesetze in den Wertpapiermärkten durchsetzen, zunehmend strenger kontrollieren. Binance allerdings ist all das egal. Neben dem jüngsten ICO führte es kürzlich auch erfolgreiche ICOs für BitTorrent und ein Startup für künstliche Intelligenz namens Fetch.AI durch.

Möglicherweise betrachten Aufsichtsbehörden Binances eigenes Kryptogeld – dessen Wert in den letzten vier Monaten um 100 Prozent gestiegen und die damit zur siebtwertigsten Kryptowährung geworden ist – als Sicherheit. Ein dezentraler Austausch, den Binance testet, dürfte auch sie interessieren.

Binance ist bekanntermaßen lax bei den Identitätskontrollen seiner Nutzer, was gegen die Geldwäschebekämpfungsregeln in den USA, Westeuropa und in anderen großen Volkswirtschaften verstößt. Es listet auch mehr als hundert Kryptowährungen auf, darunter viele obskure Token, die über ähnliche ICO verteilt wurden, gegen die US-Strafverfolgungsbehörden wegen des Verkaufs nicht registrierter Wertpapiere Anklage erhoben haben.

Binances hartgesottener Geschäftsführer Changpeng Zhao – oder CZ, wie er in der Krypto-Sphäre auch genannt wird –, scheint zu glauben, dass seine Börse die verschärften regulatorischen Anforderungen umgehen kann, indem er sich ausschließlich an krypto-freundliche Regierungen hält. Zunächst verlegte er seinen Hauptsitz von China nach Japan. Als die Aufsichtsbehörden in Japan letztes Jahr anfingen, gegen Kryptobörsen hart durchzugreifen, seilte sich Binance nach Malta ab. Das Land gehört zu jenen, die für Krypto-Unternehmen den roten Teppich ausgerollt haben. Binance hat auch mit anderen krypto-freundlichen Regierungen wie Bermuda, Uganda, Singapur und Argentinien Geschäftsabkommen geschlossen.

Aber hat diese globale Strategie, die auch als „Regulierungsarbitrage“ bezeichnet wird, eine langfristige Zukunft? Kyle Samani, Mitbegründer des Crypto-Hedge-Fonds Multicoin Capital (der in Binance investiert hat), wagte bei einem Investorenpanel der Konferenz- und Festivalveranstaltung „South by Southwest“ die Prognose, dass es für Regulierungsbehörden zu spät sein könnte, das Unternehmen zu zügeln. „Man kann sagen, dass es illegal ist und versuchen, IP-Adressen zu sperren, aber es ist nicht klar, ob das auf sinnvolle Art und Weise funktioniert. Man kann sie mit Strafzahlungen belegen, aber sie verdienen so viel Geld, dass es keine Rolle spielt. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass die Geschäftsführung ins Gefängnis kommt, weil sie sich wahrscheinlich nicht in einem Land befindet, in dem sie von irgendjemand verhaftet werden könnte.“ Samani bezeichnete Binance als wichtigstes Unternehmen im Kryptobereich.

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