Zehn Technologien, auf die Bill Gates setzt

Exklusiv für Technology Review hat Bill Gates eine Liste der zehn Technologien zusammengestellt, die ihm am meisten Hoffnung machen.

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Zehn Technologien, auf die Bill Gates setzt

(Bild: Ian Allen)

Lesezeit: 8 Min.
Inhaltsverzeichnis

Bill Gates war nie jemand, dessen Ansichten auf ungeteilte Zustimmung stießen. Wohl eher im Gegenteil: Gates polarisiert, wenn auch selten mit Absicht. Warum also hat Technology Review für die neueste Ausgabe gerade ihn gebeten, zehn Technologien zu nennen, auf die er setzt? Weil die Zukunft nicht nur schöne Visionen braucht, sondern auch kontroverse Debatten darüber, wie sie zu erreichen sind. Und Gates ist sicherlich ein Kristallisationspunkt solcher Debatten.

TR 4/19


"Ich wollte Dinge wählen, die nicht nur 2019 Schlagzeilen machen, sondern für den jetzigen Moment der Technikgeschichte typisch sind – was mich darüber nachdenken ließ, wie sich der Blick auf Innovation im Laufe der Zeit entwickelt hat", schreibt Gates im aktuellen April-Heft. Bei seiner Auswahl bedachte er dabei zweierlei: Dinge, die das Leben verlängern, und jene, die es besser machen. "Jede einzelne Technologie gibt mir einen anderen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken", so Gates.

TR-Wettbewerb

Technology Review sucht junge Vordenker, die neue Wege gehen und mit ihren Ideen die Zukunft prägen. Ausgezeichnet werden konkrete Projekte aus allen Technologiebereichen. Einsendeschluss: 1. April 2018.

Im Projekt Dactyl lernte ein Roboter, einen Würfel in seiner Hand zu drehen.

(Bild: Screenshot aus Video/OpenAI)

Heutige Roboter können zwar Bauteile vom Fließband präzise und schnell aufnehmen und weiterverarbeiten. Verschiebt man die Objekte aber um wenige Zentimeter oder ersetzt sie durch ein anderes Bauteil, ist die Maschine ratlos. Die gemeinnützige Organisation OpenAI hat nun einen Weg gefunden, das zu ändern: Ihr Roboter hat sich selbst beigebracht, einen Würfel zu halten und ihn dabei mit seinen Fingern hin und her zu bewegen. Wenn Forscher diese Art des Lernens zuverlässig einsetzen können, werden Roboter schon bald lernen, Geschirrspüler zu beladen – und vielleicht sogar Großeltern aus dem Bett zu helfen.

Die Aufzucht von Tieren für den menschlichen Verzehr gehört zu den schlimmsten Dingen, die wir unserer Umwelt antun können. Im Labor gezüchtetes künstliches Fleisch oder pflanzlicher Fleischersatz könnten ein Ausweg sein. Allerdings geht das Weltwirtschaftsforum in einem aktuellen Bericht davon aus, dass die Emissionen von Laborfleisch nur etwa sieben Prozent geringer wären als die von Fleisch aus der Viehzucht. Viel besser schneidet der Fleischersatz von Unternehmen wie Beyond Meat oder Impossible Foods ab. Sie verwenden Erbsenproteine, Soja, Weizen, Kartoffeln und Pflanzenöle, um die Textur und den Geschmack von tierischem Fleisch nachzuahmen. (Bill Gates ist ein Investor in Beyond Meat und Impossible Foods.)

Mitarbeiter von General Fusion installieren Sensoren am Plasma-Injektor PI3. Der Injektor gehört zu einem Fusionsreaktor, den das Unternehmen entwickelt.

(Bild: General Fusion)

Neue Designs für Kernkraftwerke versprechen, diese Energiequelle sicherer und kostengünstiger zu machen. Dazu gehören die Spaltreaktionen der Generation IV, eine Weiterentwicklung traditioneller Designs, kleine modulare Reaktoren sowie Fusionsreaktoren. Entwickler von Designs der vierten Generation wie Terrestrial Energy aus Kanada und TerraPower mit Sitz in Washington sind Partnerschaften mit Versorgungsunternehmen eingegangen. Sie streben eine (vielleicht etwas optimistische) Netzversorgung ab den 2020er-Jahren an. Kleine modulare Reaktoren produzieren typischerweise eine Leistung im Bereich von zehn Megawatt (ein herkömmlicher Kernreaktor leistet rund 1000 Megawatt). Unternehmen wie NuScale aus Oregon gehen davon aus, dass die miniaturisierten Reaktoren Geld sparen sowie Umwelt- und Finanzrisiken reduzieren. Es gibt sogar Fortschritte bei der Fusion. Obwohl niemand vor 2030 mit tatsächlichen Kraftwerken rechnet, machen Unternehmen wie General Fusion und Commonwealth Fusion Systems, ein MIT Spin-out, Fortschritte. Viele halten die Fusion für einen Wunschtraum, aber da die Reaktoren nicht einschmelzen können und keine langlebigen, hochaktiven Abfälle erzeugen, sollte sie viel weniger Widerstand in der Öffentlichkeit hervorrufen als die konventionelle Atomkraft. (Bill Gates ist ein Investor in TerraPower und Commonwealth Fusion Systems.)

Stephen Quake, ein Bioingenieur in Stanford, hat einen Weg gefunden, eines der hartnäckigsten Probleme der Medizin anzugehen: vorauszusagen, welche Babys wahrscheinlich zu früh zur Welt kommen. Ärzte können so rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um eine Frühgeburt abzuwehren und dem Kind eine bessere Überlebenschance zu geben.

Das Gerät erleichtert die Untersuchung von Darmkrankheiten einschließlich der umweltbedingten Enteropathie, die bei Millionen von Kindern der Grund für Unterernährung ist.

(Bild: Bruce Peterson)

Die umweltbedingte Enteropathie ist einer der Gründe, warum in armen Ländern viele Menschen unterernährt sind. Dabei gibt es für Säuglinge eine Therapie. Allerdings müssen die Kinder für die Untersuchung häufig betäubt werden, damit ein Endoskop durch die Speiseröhre bis zum Darm geführt werden kann. Das ist in den Regionen, in denen die Erkrankung verbreitet ist, teuer. Eine Diagnosekapsel zum Schlucken soll keine Unannehmlichkeiten bereiten und bei Hausbesuchen einsetzbar sein. Die Kapseln enthalten Miniaturmikroskope und wurden bereits an Jugendlichen in Pakistan getestet. Dieses Jahr sollen Tests bei Kleinkindern folgen.