CO2-Ausstoß: Einfach nicht aufzuhalten

Der Welt scheint es nicht zu gelingen, den Klimawandel aufzuhalten. Energieverbrauch und Emissionen steigen wieder.

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CO2-Ausstoß: Einfach nicht aufzuhalten

(Bild: Photo by Frédéric Paulussen on Unsplash)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • James Temple
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Der Planet giert weiter nach fossilen Brennstoffen – und auch der CO2-Ausstoß ist 2018 wieder angestiegen. Das geht aus den jüngsten Zahlen der internationalen Energieagentur IEA hervor. Frühere vorläufige Berichte anderer Organisationen sprechen eine ähnliche Sprache. Das wiederum wirft eine unangenehme Frage auf: Wenn erneuerbare Energieformen weltweit wachsen und der Preis für Sonnenstrom, Windkraft und Akkus fällt – warum sinkt dann die Abgabe der Klimagase nicht?

Einer der Gründe könnte das Weltwirtschaftswachstum sein, das die Energienachfrage laut IEA im letzten Jahr um 2,3 Prozent nach vorne trieb. Ein beitragender Faktor war, dass es aufgrund ungewöhnlich harter Winter und erstaunlicher Hitzewellen mehr Heizungs- und Kühlleistung brauchte. Beides soll zumindest teilweise durch das sich verändernde Klima getrieben worden sein. Alles in allem führte dies zu einer höheren Energieerzeugung durch Kohle und Erdgas, was wiederum den CO2-Ausstoß anschob.

Dieser war hoch genug, um die signifikanten Fortschritte zunichte zu machen, die durch den starken Anstieg im Solar- und Windbereich gemacht worden waren. Beide Sektoren wuchsen 2018 im zweistelligen Bereich. Sogar die Atomkraft wuchs leicht, um 3,3 Prozent. Grund waren neue Turbinen in China und vier Reaktoren, die in Japan wieder zugeschaltet wurden.

Schaut man näher in den IEA-Bericht, finden sich daran jedoch systemische Probleme, die uns davon abhalten, die Klimagase konsistent zu begrenzen. Von 2000 bis 2018 wuchs der Anteil von Sonne und Wind an der globalen Stromerzeugung zwar um 7 Prozent, doch die Atomkraft fiel um den gleichen Prozentanteil. Parallel dazu ging die Kohleverstromung nur um 1 Prozent zurück, während Erdgas, das ungefähr die Häfte an CO2 ausstößt, von 18 auf 23 Prozent wuchs.

Mit anderen Worten: Das Wachstum bei den Erneuerbaren geschah vor allem auf Kosten anderer Quellen CO2-freier Stromerzeugung, die fossilen Energieträger wurden kaum tangiert. Addiert man dann auch noch die zunehmende Verwendung von Erdgas und Kohle aufgrund des Wirtschaftswachstums, ist schnell errechnet, warum die Welt in Sachen Klimagas nicht vorankommt – und das Jahrzehnte nach den ersten Warnzeichen.

"Wenn man eine Null-CO2-Quelle durch eine andere ersetzt, ändert sich nicht an der CO2-Intensität der Stromerzeugung", meint Nikos Tsafos vom Center for Strategic and International Studies in Washington. Natürlich zeige sich, dass wir in einigen Bereichen enorme Fortschritte machten. "Doch wenn man die Perspektive ein bisschen umdreht, sieht man, dass wir am Regler kaum etwas verändern."

Beobachter sagen, mehr Atomenergie sei notwendig, um einen höheren Anteil CO2-freien Stroms zu erzeugen. Doch viele dieser Kraftwerke stehen kurz vor dem Rentenalter oder werden bereits stillgelegt. Neue Kapazitäten gehen aufgrund schärferer Regeln und Sicherheitsbedenken kaum ans Netz – das Fukushima-Desaster von 2011 war ein Wendepunkt. Hinzu kommen die hohen Entwicklungskosten. Die Atomkraft kämpft außerdem gegen den Billigheimer Erdgas, der für fast 45 Prozent des zunehmenden Energiebedarfs im letzten Jahr stand, wie die IEA schreibt.

Doch trotz der öffentlichen Ablehnung der Atomkraft hat sie einige kritische Vorteile gegenüber anderer Quellen. Sie erzeugt Strom konsistent und ist nicht an Wetterbedingungen gebunden. Zudem sind keine Zwischenspeicher und große Investitionen ins Stromnetz notwendig. Eine neue Generation von Atomkraftwerken könnte sicherer und leichter zu bauen sein. Die Öffentlichkeit zeigt jedoch kaum Interesse.

Die meisten Modelle des UN-Klimaforschungsausschusses sprechen sich für mehr Kernenergie aus. Im "Sustainable Development Scenario" der IEA heißt es gar, die Welt müsse 17 zusätzliche Gigawatt Atomkapazität jedes Jahr bauen. Bis 2040 würde sich die Anzahl der Kraftwerke dann verdoppeln.

Aktuell sieht es eher danach aus, dass bis zu diesem Zeitpunkt 200 Gigawatt Kapazität abgebaut werden. Das wird die Klimaziele schwerer zu erreichen machen, außer den Reaktoren wird noch einmal eine Laufzeitverlängerung erteilt. Alternativ gibt es immer noch den Neubau.

(bsc)