GerĂĽchte um bevorstehende Entlassungen bei Yahoo
Die Wallstreet wartet voller Spannung: Das Internet-Portal Yahoo präsentiert morgen seine Geschäftszahlen für das erste Quartal 2001.
Die Wallstreet wartet voller Spannung: Das Internet-Portal Yahoo präsentiert morgen seine Geschäftszahlen für das erste Quartal 2001. Analysten erwarten keine größeren negativen Überraschungen gegenüber den Ergebnissen des vorhergehenden Quartals, zumal das Unternehmen bereits im März eine Umsatzwarnung herausgegeben hatte, im Zuge derer die Umsatzerwartungen für das erste Quartal 2001 von 232 auf 170 Millionen US-Dollar heruntergesetzt worden waren. Der Börsenkurs des Internet-Portals, Anfang Januar 2000 noch auf einem Höchststand von rund 237 US-Dollar, verlor im Rahmen der US-amerikanischen Hightech-Krise innerhalb eines Jahres rund 95 Prozent seines Wertes und notierte in der letzten Woche mit 11,38 Dollar in etwa so tief wie vor 3 Jahren.
Neben den aktuellen Ertragsproblemen sehen Analysten bei Yahoo vor allem länger wirkende strukturelle Probleme, die im Zuge der derzeitigen US-Krise vor allem durch das werbelastige Geschäftsmodell verstärkt zutage treten. So gab das Internet-Portal in seinem letzten Umsatzreport bekannt, 85 Prozent seiner Erlöse aus dem Anzeigengeschäft zu ziehen - dies hatte angesichts des derzeitigen Kahlschlags bei den "Dot-com"-Startups, die einen nicht unerheblichen Teil der Yahoo-Kunden stellen, in den vorhergehenden Quartalen zu dramatischen Umsatzrückgängen geführt. Aus diesem Grunde könnten die morgen bekannt zu gebenden Yahoo-Quartalszahlen über die Unternehmensgrenzen hinaus von Bedeutung sein, da Yahoo als Barometer für den Gesundheitszustand des Web-basierenden Werbemarktes angesehen wird. Kommt es hier zu negativen Überraschungen, könnte dies auch andere, von Internet-Werbung abhängige Unternehmen abwerten.
Der Aufstieg und Fall von Yahoo spiegelt eindrucksvoll die turbulente Entwicklung der "New economy" wider: Vor wenigen Jahren als Start-up gegründet, entwickelte sich das Unternehmen innerhalb kurzer Frist zu einem Wirtschaftsriesen, der im Jahr 2000 Umsätze von über einer Milliarde US-Dollar vorweisen konnte. Im Rahmen der enormen "Internet-Blase" mit ihrer drastischen Überbewertung der Chancen der "New economy" besaß Yahoo nach einer Ausrechnung des TV-Wirtschaftsmagazins Plusminus zwischenzeitlich einen Börsenwert, der den des Automobilkonzerns Volkswagen, der Commerzbank und der Deutschen Lufthansa zusammengenommen noch übertraf.
Damit Yahoo überleben könne, müsse es dramatische strukturelle Änderungen an seinem Geschäftsmodell vornehmen, warnen Analysten, und das Unternehmen unternimmt bereits erste Anstrengungen in Richtung einer Diversifizierung seines Geschäfts. So sind Bezahl-Services in Planung, etwa im Rahmen kommerziell zu vermarktender Portale für Drittanbieter, außerdem möchte Yahoo als Content-Anbieter auftreten und verhandele dazu mit Sony Music Entertainment und der Music Group von Vivendi Universal.
Als kurzfristige Reaktion auf die schlechten Quartalszahlen erwarten Marktbeobachter zudem eine Entlassungswelle bei Yahoo. Dies sei beinahe überfällig, da das Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit seine Mitarbeiterzahl um rund 50 Prozent auf derzeit 3.000 Mitarbeiter erhöht habe, weshalb sich hier ein erhebliches Potenzial für ein "fat trimming" ergebe, verlautbarte ein Wallstreet-Analyst. Allerdings sei von der aktuellen Entwicklung auch die Führungsetage bei Yahoo betroffen. Neben einer Reihe von Umbesetzungen, Berentungen und Entlassungen sei das Unternehmen vor allem auch auf der Suche nach einem neuen Vorstandsvorsitzenden. Da sich diese Suche ausgesprochen schwierig gestalte, werde für die morgen anstehende Quartalszahlen-Sitzung allerdings nicht mit der Bekanntgabe eines neuen Kandidaten gerechnet.
Inwieweit die Yahoo-Aktie inzwischen ihren Boden gefunden hat, wird von Wallstreet-Beobachtern unterschiedlich eingeschätzt. So äußerte sich eine Vertreterin des Brokerhauses Lehman Brothers zuversichtlich: Das Schlimmste in Bezug auf diese Aktie sei nun vorüber und es könne sich jetzt anbieten, die Aktie zu kaufen, bevor der Markt auf breiter Basis die Kehrtwende in Richtung steigender Kurse vollführe. - Andere Analysten sind indes weniger optimistisch, und viele bleiben bei ihrem "Halten"-Rating, weil sie noch keine Anzeichen für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung und ein günstigeres Umfeld für Online-Werbung sehen. Aber gerade diese Faktoren seien es, von denen Yahoo in hohem Maße abhängig sei. (klp) / (wst)