Österreich: Verstoß gegen digitales Vermummungsverbot kann teuer werden

Die österreichische Regierung hat ihren Entwurf für Gesetz "über Sorgfalt und Verantwortung im Netz" auf den Weg gebracht, doch es gibt laute Kritik.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 194 Kommentare lesen
Anonymous

(Bild: Thomas Roberts/Unsplash)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

In Österreich soll für Online-Foren bald eine Registrierungspflicht gelten. Die Regierung in Wien hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf "über Sorgfalt und Verantwortung im Netz" befürwortet, mit dem sie ein "digitales Vermummungsverbot" etablieren will – und scharf durchsetzen: Der Entwurf sieht Sanktionen von bis zu einer halben Million Euro vor, wenn die betroffenen Diensteanbieter ihren Pflichten nicht nachkommen, im Wiederholungsfall bis zu einer Million.

Das Gesetz erfasst Betreiber von Foren, die im Inland über 100.000 registrierte Nutzer und im vorigen Jahr in Österreich einen Umsatz von über 500.000 Euro erzielt haben. Sollte es sich dabei um Medienunternehmen handeln, müssen diese Fördermittel nach dem Presseförderungsgesetz von mehr als 50.000 Euro pro Jahr erhalten haben. In der Form gelten die Vorgaben unter anderem für das Forum des regierungskritischen Standard, das auf bis zu 40.000 Kommentar pro Tag kommt.

Betroffene Anbieter müssen laut dem Entwurf von Foren-Nutzern "vorab ein Registrierungsprofil" erstellen, in dem Vorname, Nachname und Adresse hinterlegt sind. Pseudonyme sollen weiter erlaubt sein, eine Verbindung mit den Klardaten muss aber einfach herstellbar sein. Betreiber sind angewiesen, die Identität eines Users "auf der Grundlage von Dokumenten, Daten oder Informationen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen", zu überprüfen.

Als mögliche Lösung könnte auch ein zweistufiger Verifizierungsprozess herangezogen werden. Die Auflagen wären dann etwa erfüllt, wenn die für die Rechtsverfolgung notwendigen Daten mittels 2-Faktor-Authentifizierung mit Mobiltelefonnummer bestätigt werden oder der Anbieter sichergestellt hat, dass er bei begründeten Anfragen die notwendigen Daten in Erfahrung bringen kann. Auch eine unabhängige Clearing-Stelle ist im Gespräch, die letztlich die Identifizierung "des Posters" sicherstellen soll. Anbieter selbst dürfen dem Entwurf zufolge Nutzeridentitäten und Inhalte nicht verknüpfen.

Herausgegeben werden müssen die hinterlegten Daten "zum Zweck der Strafverfolgung durch kriminalpolizeiliche Behörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte und zum Zweck der Rechtsverfolgung durch Dritte im Fall einer Privatanklage" wegen übler Nachrede, Beleidigung oder Ehrverletzungen. Betreiber sind zudem verpflichtet, einen verantwortlichen Beauftragten zu benennen, der für Auskunftsanfragen rund um die Uhr verfügbar ist. Keine Geldbuße soll fällig werden, wenn ein Anbieter glaubhaft machen kann, "dass er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für eine Überprüfung der Identität gesorgt hat".

Die rechtskonservative Regierung von ÖVP und FPÖ begründet das Vorhaben damit, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein dürfe: "Den Grenzüberschreitungen, Herabwürdigungen, Demütigungen und Übergriffen im digitalen Raum sollen mit diesem Gesetz wirksame rechtliche Maßnahmen entgegengesetzt werden."

Scharfe Kritik an dem Entwurf übt der österreichische Providerverband ISPA: Die Initiative widerspreche "den Grundsätzen des gemeinsamen Binnenmarktes, bremst die Digitalisierung Österreichs und senkt damit die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts". Große Bedenken hat die ISPA auch gegen Schranken für die Anonymität im Internet und den damit verknüpften Folgen für Datenschutz und Meinungsfreiheit. Auch Oppositionsparteien sind gegen das Vorhaben, das nun bis zum 23. Mai von Interessenvertretern und Bürgern kommentiert werden kann. Im Anschluss könnte der Entwurf schon recht bald vom österreichischen Parlament mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen beschlossen werden (vbr)