China: Behörden fahnden angeblich vermehrt per Gesichtserkennung nach Uiguren

Sicherheitsbehörden überall in China setzen auf Technik, um dank der allumfassenden Videoüberwachung und Gesichtserkennung die Uiguren zu kontrollieren.

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China: Behörden fahnden angeblich vermehrt per Gesichtserkennung nach Uiguren

(Bild: Pavel Ilyukhin/Shutterstock.com)

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Bei ihrem harten Vorgehen gegen die Uiguren setzen chinesische Behörden auch auf Systeme zur Gesichtserkennung, um Angehörige der Minderheit außerhalb der autonomen Region Xinjiang zu überwachen und zu kontrollieren. Das berichtet die New York Times unter Berufung auf Dokumente und anonyme Quellen. Es sei das erste bekannte Beispiel für eine Regierung, die gezielt künstliche Intelligenz einsetzt, um das sogenannte Racial Profiling umzusetzen. So werde das immense Netz an Überwachungskameras beispielsweise genutzt, um in den Metropolen Hangzhou und Wenzhou nach Uiguren zu fahnden.

Die muslimische Minderheit der Uiguren spricht eine Turksprache und lebt vorwiegend in der westchinesischen Region Xinjiang. Das Vorgehen des chinesischen Zentralstaats dort steht seit Monaten immer wieder im Fokus der Weltöffentlichkeit. Bis zu einer Million Uiguren soll in sogenannten "Umerziehungslagern" eingesperrt sein. Chinas Führung spricht von präventiven Maßnahmen zur "Verhinderung von Terrorismus" und verbittet sich jedwede Einmischung aus dem Ausland. Bislang hatten vor allem diese Lager und die massive Überwachung in Xinjiang für Kritik gesorgt, die New York Times bringt nun einen weiteren Aspekt in den Fokus.

Wie die US-Zeitung schreibt, haben Behörden im Zentrum und Osten des Riesenreichs Technik installiert, um die Bewegungen von Uiguren zu kontrollieren. So sei allein in der Stadt Sanmenxia innerhalb eines Monats 500.000 Mal geprüft worden, ob es sich bei Einwohnern um Uiguren handelt. Eingesehenen Dokumenten zufolge, suchten fast zwei Dutzend Polizeibehörden in 16 Provinzen Technik, um mit Gesichtserkennung "Attribute von Uiguren und Nicht-Uiguren zu unterscheiden", berichtet die New York Times weiter. Die als "Minderheiten-Identifizierung" gewünschte Funktion beruht demnach darauf, dass die zentralasiatischen Uiguren oft anders aussehen als die chinesische Mehrheitsbevölkerung der Han.

Gleich mehrere chinesische KI-Unternehmen bieten derartige Technik an, schreibt die Zeitung. CloudWalk etwa bewirbt die eigene Überwachungs-KI ohne Umschweife: "Wenn in einem Viertel ursprünglich ein Uigure lebt und innerhalb von 20 Tagen sechs Uiguren auftauchen, wird direkt ein Alarm an Sicherheitsbehörden ausgesendet." Die könnten dann Befragungen durchführen und "das weitere Vorgehen planen". Behörden der Provinz Hebei wiederum wollten demnach, dass die Polizei alarmiert wird, wenn mehrere Uiguren am gleichen Tag den gleichen Flug buchen. Gleichzeitig schränken die anonymen Quellen aber auch ein, dass die angebotenen Systeme noch nicht perfekt funktionierten und beispielsweise sehr von der Beleuchtung abhingen.

Mit einer derartigen Anwendung von KI-Systemen zur Unterdrückung einer ethnischen Minderheit beschreiten die chinesischen Behörden einen Weg, der in der Technik selbst durchaus angelegt ist. Was anderswo kritisiert wird, kann in einem der Vorreiterstaaten bei der KI-Forschung durchaus erwünscht sein. So gilt es in westlichen Demokratien als problematisch, dass Algorithmen etwa bei Gesichtserkennung unterschiedlich gut funktionieren, je nachdem welcher ethnischen Herkunft die Abgebildeten sind. Entwickler werden hier aufgefordert, die systematische Benachteiligung von Minderheiten durch Software zu verhindern. (mho)