Künstliche Intelligenz wird kreativ

Algorithmen können mittlerweile überzeugend musizieren und sogar Texte schreiben. Doch wer hat dafür das Urheberrecht?

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Künstliche Intelligenz, KI, AI
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Meredith Rose ist Politikberaterin beim amerikanischen Non-Profit Public Knowledge. Die Organisation setzt sich für ein offenes Internet mit breitem Wissensaustausch ein, das sich zunehmend mit den Wünschen der Rechteinhabern beißt – zu beobachten zuletzt bei der EU-Urheberrechtsreform.

Technology Review: KI-Algorithmen sind mittlerweile in der Lage, Musik zu erzeugen, die ziemlich gut klingt. Wer hat in einem solchen Fall die Copyright-Rechte an der Musik, die Programmierer der Algorithmen, die Nutzer der Algorithmen im Musikstudio – oder vielleicht sogar niemand?

Meredith Rose: Es gibt eine große Debatte um die Frage der Besitzverhältnisse für solche Inhalte. Rechtswissenschaftler wie Annemarie Bridy von der University of Idaho haben ziemlich viel darüber geschrieben. Die Kurzfassung ist, dass rational gesehen der Autor solcher Musik der Algorithmus oder das Programm ist, das sie erzeugt hat – und das Urheberrecht der Vereinigten Staaten historisch nichtmenschliche Autoren nie anerkannt hat.

TR: Wie gut klingt solchem Musik überhaupt?

Rose: Ich habe selbst noch nicht viel KI-generierte Musik angehört, deshalb kann ich mir da keine echte Meinung bilden. Ich habe allerdings kürzlich von einer Künstlichen Intelligenz erzeugten Metal vernommen – und der war mindestens so überzeugend, dass er so klang, als sei er vom Menschen gemachte Musik aus dem Genre!

TR: Wann werden wir das erste Nummer-Eins-Album sehen, das komplett von einer KI stammt?

Rose: Keine Ahnung!

TR: Maschinelles Lernen hat die KI revolutioniert. Die Systeme sind dabei immer nur so gut wie das Material, von dem sie lernen konnten – und dieses Material ist wiederum häufig urheberrechtlich geschützt und stammt von echten Künstlern. Sehen Sie darin ein Problem?

Rose: Die Debatte rund um das Copyright im Bereich des maschinellen Lernens dreht sich grundsätzlich um folgende Frage: Wenn ich eine digitale Kopie eines Werkes habe, was darf ich denn damit dann machen? Ist das Einspeisen dieser Musik in eine KI Fair Use? [Fair Use ist eine amerikanische Rechtsdoktrin, die bestimmte Nutzungen geschützten Materials auch ohne Entgelt erlaubt, Anm. d. Red.]

Damit man das machen kann, muss man natürlich eine Kopie des Werkes erstellen, also eine Reproduktion anfertigen. Und das könnte dann wieder – so zumindest die Diskussion – gegen die Reproduktionsrechte des Rechteinhabers verstoßen. Diese Debatte tobt noch.

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TR: Musik ist nicht das einzige kreative Betätigungsfeld, in dem KI-Technik zunehmend zum Einsatz kommt. Mittlerweile gibt es Algorithmen, die realistisch klingende Romane schreiben können. Wie groß werden die Auswirkungen dieses Problems werden?

Rose: Bei KI-generierten Texten und den damit verbundenen Urheberrechtsauswirkungen werden wir die Debatte vermutlich vor allem in Bereichen wie dem Nachrichtengeschäft sehen. Da gibt es ja schon verschiedene Beispiele von Algorithmen, die News- oder sogar Meinungsstücke verfassen, die passabel überzeugend wirken.

(bsc)