"Starshot": Interstellare Mission mit vielen Herausforderungen

Das Projekt "Breakthrough Starshot" will mit Lasersegeln und Sonden andere Sterne erreichen. Es unterstützt jetzt eine Mission von Minisatelliten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 46 Kommentare lesen
"Starshot": Interstellare Mission mit vielen Herausforderungen

Millionen Laserstrahlen treffen auf ein ultradünnes Segel und katapultieren eine Sonde durchs All.

(Bild: Breakthrough Initiatives)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christian Rauch

Unzählige Laser feuern 100 Gigawatt Leistung auf ein hauchdünnes Segel in der Erdumlaufbahn und beschleunigen eine kleine Raumsonde auf ein Fünftel der Lichtgeschwindigkeit. Damit soll sie binnen 20 Jahren die uns nächstgelegenen Sterne erreichen – rund 1000-mal schneller als mit bisherigen Antrieben, so das erklärte Ziel von Breakthrough Starshot. Das Projekt hat seit seiner Gründung durch den Milliardär Yuri Milner im Jahr 2016 Fortschritte gemacht: Es unterstützte die Mission des Technologieerprobungssatelliten KickSat-2, der im März 2019 hundert Minisatelliten vom Typ Sprite in den Orbit ausgesetzt hat. Sie sind gut drei mal drei Zentimeter groß, wiegen nur wenige Gramm und ähneln den angedachten interstellaren Sonden. Die aber müssen noch leichter ausfallen, um die nötige Geschwindigkeit zu erreichen, berichtet Technology Review in seiner neuesten Ausgabe.

TR 5/2019

Technology Review Mai 2019

(Bild: 

)

"Das Segel, die Laser und die Kommunikationstechnik sind die größten Herausforderungen", erklärt Projektleiter Pete Worden, vormals Direktor des Nasa Ames Research Center. Die Sonde selbst wird nicht mehr als ein fliegender Elektronikchip sein – wenige Zentimeter lang und hauchdünn. Dennoch muss das Segel eine Fläche von 20 bis 100 Quadratmetern besitzen. Es darf daher nur so dick sein wie ein paar Hundert Atome – sonst würde es zu schwer. Worden ist überzeugt, dass es geeignete Materialien dafür gibt, nennt aber keine Details. Vielversprechend scheinen photonische Kristalle zu sein. Sie bestehen nur aus wenigen Nanofolien und dienen gewöhnlich zur optischen Datenübertragung in der Telekommunikation. Sie sind nicht nur ultradünn, leicht und robust, sondern reflektieren zudem einen Teil der Laserenergie. Würde die Sonde zu viel absorbieren, wäre sie rasch überhitzt.

Eine weitere Herausforderung ist der Antrieb. Nötig zum Anschub der Raumsonden ist ein Array mit Tausenden oder Millionen kleinen Lasern, so groß wie eine Kleinstadt. 36 Wissenschaftseinrichtungen und Firmen sollen nun in Wordens Auftrag ein Jahr lang mögliche Technologien für diese drei kritischen Bereiche untersuchen. Die besten Vorschläge wollen die Forscher dann zu Prototypen entwickeln. "Bis in etwa fünf Jahren wollen wir wissen, ob ein Starshot-System gebaut werden kann", so Worden. Dann werden die 100 Millionen Dollar, die Yuri Milner bereitgestellt hat, aufgebraucht sein.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Sollten die Teams die technologischen Anforderungen meistern, will Worden ein erstes weltraumtaugliches System mit einem Gigawatt Laserenergie bauen. Das könnte Minisonden binnen drei Tagen zum Mars schicken, in den Kuipergürtel um Pluto binnen Monaten. Mit rund einer Milliarde Dollar rechnet man bei Breakthrough Starshot – weniger als für den rollenden Roboter Marsrover Curiosity, der seit 2012 den Roten Planeten erkundet. Wäre die Summe nach der Entwicklungsphase verfügbar, könnte 2030 das System für Missionen in unserem Sonnensystem stehen. Weitere 10 bis 15 Jahre würde es dauern, um das 100-mal stärkere und vermutlich mindestens zehnmal teurere System für interstellare Missionen zu bauen, etwa für einen Flug zu dem erdähnlichen Proxima Centauri b.

Bremsen ließen sich die Sonden allerdings nicht. Den Technikern müsste daher Weiteres gelingen: Etwa die Kameras so zu stabilisieren, dass sie trotz des rasanten Vorbeiflugs brauchbare Aufnahmen liefern. Hinzu kommt die Datenübertragung an die Lichtjahre entfernte Erde. Das könnte nur ein sondeneigener Minilaser schaffen. Bleibt noch die Zielgenauigkeit, wobei Pete Worden auf Menge setzt: "Viele Sonden zu schicken wird kaum teurer sein als wenige, und manche werden einen verhältnismäßig nahen Vorbeiflug schaffen." Was noch für eine große Staffel spricht: Etliche Sonden werden die Reise nicht überstehen – oder einfach abgelenkt. Dafür reicht unter Umständen schon ein Staubkorn.

Mehr dazu lesen Sie im Fokus Raumfahrt in der Mai-Ausgabe von Technology Review (jetzt im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich). (jle)