Internet-Offensive: à la Schland

Der deutsche Internetausbau mit Glasfaser ließ zunächst große Hoffnungen aufkommen, sorgt mittlerweile jedoch für Enttäuschungen. Was steckt dahinter?

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Internet-Offensive: à la Schland
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Sven Hansen

Die Glasfaser kommt - endlich. In der 600.000-Einwohner-Stadt einer führenden Industrienation geht es in Sachen Internet jetzt richtig zur Sache - dachte ich zumindest. Ich freue mich über die frohe Kunde, bis mir klar wird: Mein Internet ist jetzt nur noch maximal 100 statt 400 MBit/s schnell. Wie das?

Fiber to the building bringt die Zukunft zwar in den Keller des Mehrfamilienhauses, doch danach kriecht die Internet-Offensive auf dem verdrillten Klingeldraht von 1946 in meine Wohnung. 100 MBit/s brutto werden vom lokalen Versorger immerhin angeboten, 27 MBit/s garantiert er in seinen Tarifinformation. Leider müssen die aus den 80ern stammenden HF-Kabel für die TV-Verteilung nun auch an die Glasfaser, damit die Glotze noch funktioniert. Der Kabel-Hausanschluss wird dafür gekappt. Die 400 MBit/s, die bisher übers Breitbandkabel verfügbar waren, sind damit Geschichte.

Ortswechsel: 50 Kilometer nördlich auf dem flachen Land. Auch in einer abgelegenen 70-Seelen-Siedlung geht es in Sachen Internet nun richtig los. Es brauchte die Fördermittel der EU, um die Offensive zu starten: Der Glasfaserausbau wird derart stark bezuschusst, dass sich selbst hier ein Unternehmen zum Netzausbau erbarmt. Doch leider wird das immerhin vorhandene Internet in der Ansiedlung langsam bleiben, weil es schon so schnell ist. Wie das?

Da die Telekom wegen ihrer außergewöhnlich langen Leitungen nur Geschwindigkeiten um 2,3 MBit/s anbieten konnte, hat sich in den umliegenden Dörfern und Ansiedlungen eine DSL-Selbsthilfegruppe gegründet, die das Netz auf eigene Faust in Haushalte und Gewerbe bringt. Das wird dem Gebiet und mir nun zum Verhängnis, denn auf dem Papier ist die dortige Wochenendhütte mit 2 x 16 MBit/s versorgt und fällt somit aus der EU-Förderung heraus. Die tatsächliche Bandbreite liegt bei 7,9 MBit/s - immerhin.

Ortswechsel. Ferien in einem einsamen Strandhaus in den Dünen der dänischen Westküste. Ein Blick auf die Speedtest-App bringt mich ins Grübeln: 98 MBit/s up und 96 MBit/s down - selbst am Rande des Staates Dänemark scheint so gar nichts faul zu sein. Schnelles Internet gehört zur Daseinsvorsorge und muss wie Strom und Wasser fließen. Halbherzige Online-Offensiven bringen uns dabei keinen Schritt weiter und Rückschritte können wir uns in keinem Fall leisten.

(sha)