Analyse PC-Markt: Lohnt jetzt der Hardware-Kauf?

Eine gesunkene Nachfrage nach PC-Komponenten sorgt für fallende Preise. Wer einen Kauf plant, sollte die für die nächsten Monate angekündigten Prozessoren und Grafikkarten berücksichtigen.

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Analyse PC-Markt: Lohnt jetzt der Hardware-Kauf?
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Inhaltsverzeichnis

Im vergangenen Jahr gingen 260 Millionen Notebooks und Desktop-PCs über die Ladentheken. Vermutlich wären es noch ein paar Millionen Geräte mehr gewesen, wenn die Preise für Flash- und DRAM-Speicher für SSDs und RAM nicht erst zur Jahresmitte ins Rutschen gekommen wären. Zudem hatte Intel mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen, was die Prozessoren vorübergehend verteuerte. Das oft herbeigeredete Ende des PCs ist also weiterhin nicht in Sicht. Im zweiten Quartal 2018 legten die Verkäufe laut den Marktforschern von Gartner und IDC sogar wieder zu, nachdem es seit Anfang 2012 ausschließlich abwärts ging.

Wachstum gab es vor allem in zwei Bereichen: Business und Gaming. Im Hinblick auf das Support-Ende von Windows 7 am 14.1.2020 steigen viele Firmen auf Windows 10 um und aktualisieren deshalb ihren Gerätepark beziehungsweise haben das über die letzten anderthalb Jahre bereits getan. Für 2019 prognostiziert IDC vor allem unter den kleineren Unternehmen noch einige Nachzügler, die beim Wechsel auf die neue Windows-Version ihre Desktop-PCs und Notebooks durch modernere ersetzen.

Bei privaten Käufern waren leistungsfähige Gaming-Systeme nachgefragt. Nachdem der Krypto-Mining-Boom von Mitte 2017 bis Anfang 2018 zu hohen Grafikkartenpreise geführt hatte und damit zu Kaufzurückhaltung führte, kurbelten sogenannte Battle-Royale-Spiele wie Fortnite, PlayerUnknown’s Battlegrounds (PUBG) und deren diverse Nachahmer die Nachfrage nach potenter Hardware an.

Der Absatz von Gaming-PCs mit leistungsstarker Hardware soll nach Vorhersage der Marktforscher von IDC auch in den kommenden Jahren weiter wachsen. Das gelte vor allem für 2020 und später, wenn mehr Spiele Raytracing-Effekte einsetzen. Erste Grafikkarten, die spezialisierte Rechenkerne dafür mitbringen, bietet Nvidia seit Herbst 2018 unter der Bezeichnung GeForce RTX an.

Bei Mobilgeräten wächst der Absatz hochwertiger (Business-)Notebooks und von 2-in-1-Geräten mit abnehmbarer Tastatur wie beispielsweise dem Microsoft Surface Pro, während die Nachfrage nach klassischen Tablets schrumpft. Dieser Trend soll sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen.

Weil die PC- und Chiphersteller ungern Auskunft über die Stückzahlen ihrer einzelnen Produkte geben, lässt sich die Hardware-Ausstattung nur indirekt über Telemetriefunktionen von Software ermitteln, die auf den Rechnern installiert ist. Die Aussagekraft hängt dabei von der Verbreitung und dem Einsatzzweck ab.

Für Gaming-PCs bietet die Steam-Hardware-Umfrage ein gutes Hilfsmittel. Die Spieleplattform nutzen 90 Millionen Gamer. Im monatlichen Rhythmus fragt die Software bei einer Stichprobe unter anderem Zahl der CPU-Kerne, Grafikkarte, Größe des Arbeitsspeichers, Festplattenkapazität aber auch Betriebssystem und DirectX-Version ab. Für die Übertragung der Daten bedarf es dabei der Zustimmung der Nutzer. Anhand dieser Informationen können zum Beispiel Spieleentwickler abschätzen, welche Systemanforderungen ihre Programme haben dürfen, ohne größere Käufergruppen auszuschließen. Die Daten stehen aber auch der Öffentlichkeit zur Verfügung und geben somit einen Einblick, welche Hardware Gamer weltweit nutzen und kaufen.

Vor einem Jahr steckte lediglich in 2 Prozent der Spielerechner ein Prozessor mit mehr als vier Prozessorkernen. Binnen Jahresfrist schnellte allein der Anteil an Hexa-Cores bei Steam auf über 12 Prozent hoch und wächst weiterhin stark. Solche Prozessoren wie Ryzen 5 2600 oder Core i5-9400F kosten inzwischen nur noch um die 150 Euro. Bis vor zwei Jahren waren Sechskerner noch weitgehend High-End-Plattformen wie LGA2011-v3 vorbehalten. Für einen Hexa-Core wie dem Core i7-6800K musste man Ende 2016 ungefähr dreimal so tief ins Portemonnaie greifen (450 Euro) wie heute.

Weiterhin dominieren bei Steam-Nutzern jedoch Vierkern-CPUs mit 56 Prozent Anteil, gefolgt von Dual-Cores mit 26 Prozent. Letztere dürften zum Großteil in Notebooks stecken, wo sich Prozessoren mit vier und mehr Kernen erst seit 2018 mit AMD Ryzen 2000U und Intel Core i-8000U verbreiten. Trotz der schon seit Anfang 2017 lieferbaren Ryzen-CPUs für Desktop-PCs finden sich Achtkerner weiterhin nur in wenigen Gaming-PCs (2,3 Prozent). Für 3D-Spiele ist das Geld weiterhin besser in einer potenten Grafikkarte investiert als in einem Prozessor mit sehr vielen Kernen, auch wenn die Spieleentwickler die Rechenarbeit auf immer mehr Threads aufteilen.

Bei den Grafikkarten dominiert mit riesigem Vorsprung der Chiphersteller Nvidia. In drei von vier zum Spielen genutzten Desktop-PCs und Notebooks rendert eine GeForce-GPU die 3D-Grafik. Die GeForce-GTX-1000-Serie mit Pascal-Architektur hat seit dem Verkaufsstart Mitte 2016 in der Steam-Hardware-Umfrage einen Anteil von 42 Prozent erobert. PC-Spieler nutzen also vergleichsweise moderne Hardware.

Die Vorgängergeneration GeForce GTX 900 kam im März 2019 auf etwa 12 Prozent. Das ist kaum weniger als das, was alle AMD Radeon zusammen erreichen (15 Prozent). Davon wiederum sind ein Großteil Grafikkarten der Serien Radeon RX 400 und RX 500 mit Polaris-Architektur (3,2 Prozent), während die High-End-Karten der Vega-Reihe (0,2 Prozent) kaum Käufer fanden. Anfängliche Lieferschwierigkeiten sowie ein unattraktives Preis-Leistungs-Verhältnis goutieren die Gamer mit Nichtbeachtung.

Gelegenheitsspieler sind bei Steam ebenfalls vertreten: Etwas über 10 Prozent kommen mehr oder minder gut mit der überschaubaren Performance der in Intel-Prozessoren integrierten Grafik aus. Ab Ende 2020 könnte der Intel-Anteil zunehmen, dann möchte der Chiphersteller mit den Xe-Grafikkarten GeForce und Radeon Konkurrenz machen. Zwei Drittel der Spieler sind bereits auf Windows 10 umgestiegen, denn nur dafür gibt es die aktuelle Version 12 der 3D-Grafikschnittstelle DirectX. Windows 7 nutzt inzwischen weniger als ein Viertel der PC-Spieler. MacOS und Linux haben sich mit drei beziehungsweise weniger als einem Prozent nicht als Spieleplattformen durchsetzen können – deshalb gibt es nur wenig Anreiz für Game-Entwickler, für solche Exoten zu optimieren.

Auch 2019 nutzt die große Mehrheit (61 Prozent) einen Monitor mit Full-HD-Auflösung (1920 × 1080) zum Spielen. Mit großem Abstand folgen die oft in Notebooks eingesetzten Displays mit 1366 × 768 Pixeln. Hochauflösende Monitore mit WQHD- (2560 × 1440) oder UHD/4K-Auflösung (3840 × 2160) sind noch an wenigen Spiele-PCs angeschlossen. Ihr Anteil beträgt 4,5 beziehungsweise 1,5 Prozent.

Beim Arbeitsspeicher geizen PC-Gamer nicht, denn auch hier steigen die Anforderungen der Spieltitel kontinuierlich. 8 GByte gehören schon seit Jahren zum Standard der Steam-Anwender (38 Prozent). Ein Drittel der Spielerechner ist bereits mit 16 GByte RAM ausgestattet, obwohl die DRAM-Preise zur Jahresmitte 2018 ihren Höhepunkt erreichten. Ein übliches 8-GByte-Modul der Geschwindigkeitsklasse DDR4-2400 kostete beispielsweise Mitte 2016 lediglich 28 Euro. Über die folgenden 18 Monate verteuerte es sich auf das Dreifache.

Ursache für den Preisanstieg war unter anderem die hohe Nachfrage nach Server-RAM, wo der Bedarf durch immer mehr Cloud-Dienste die Fertigungskapazitäten übertraf. Zudem wachsen die Speicherkapazitäten in Smartphones. Große Abnehmer wie beispielsweise die Serverhersteller Dell und HPE und die Smartphone-Fertiger Apple und Samsung haben langfristige Lieferabkommen mit den Speicherlieferanten Samsung, SK Hynix und Micron. Erst wenn deren Hunger gestillt ist, kommen kleinere Abnehmer an die Reihe. Inzwischen hat sich die Situation durch ein Abkühlen des Servermarktes entspannt und die Preise sind so günstig wie seit zwei Jahren nicht mehr.

Einen weiteren Überblick der tagtäglich genutzten PC-Hardware liefert die Firefox-Hardwareumfrage. Der Open-Source-Browser wird querbeet von Privat- und Firmenanwendern genutzt. Wie bei Steam dienen Telemetriedaten einer repräsentativen Nutzerzahl als Grundlage. Im Unterschied zu den Statistiken der Spieleplattform, die monatlich aktualisiert werden, veröffentlicht die Mozilla Foundation wöchentliche Updates.

Zu zwei Dritteln läuft Firefox auf Rechnern mit Intel-Prozessorgrafik, bei diesen handelt es sich also mehrheitlich um Notebooks und Büro-PCs. Für ersteres spricht außerdem der mit 30 Prozent recht hohe Anteil von Displays mit der für Mobilgeräte typischen Auflösung 1366 × 768. Full HD (29 Prozent) holt aber kontinuierlich auf und dürfte in den nächsten zwei bis drei Monaten die Spitzenposition übernehmen. AMD- und Nvidia-GPUs spielen mit jeweils 14 Prozent Anteil nur eine untergeordnete Rolle bei Firefox-Nutzern.

Prozessoren von AMD stecken nur in jedem zehnten Firefox-Rechner und sind somit deutlich seltener als bei Steam (18 Prozent). Auch bei der Kernanzahl gibt es deutliche Unterschiede zu Spielerechnern: In fast zwei Drittel der abgefragten Desktop-PCs und Notebooks arbeitet eine Dual-Core-CPU, vier physische Kerne haben 31 Prozent. Der Anteil leistungsstärkerer Prozessoren liegt unter 2 Prozent.

Den Wechsel von Windows 7 auf Windows 10 hat die Mehrheit der Firefox-Nutzer bereits hinter sich. In der Woche vom 21. bis zum 28.10.2018 hat der Windows-10-Anteil den von Windows 7 übertroffen. Linux spielt mit 3 Prozent Anteil auch in dieser Statistik kaum eine Rolle. Allerdings fließen die von Distributionen mitgelieferten angepassten Firefox-Varianten nicht mit ein, da bei diesen die Statistikfunktion zumeist nicht aktiv ist.

Abseits von Desktop-PC und Notebook fanden 2018 1,4 Milliarden neu produzierte Smartphones einen Käufer, zum Vorjahr ging die Zahl um 4,9 Prozent zurück. Dennoch bedeutet dies, dass fast jeder fünfte Mensch auf der Erde 2018 ein neues, internettaugliches Mobiltelefon gekauft hat.

Bei heise online erfolgen inzwischen 46 Prozent der Zugriffe von einem Smartphone oder Tablet. Auf einen iOS-Nutzer kommen dabei zwei Android-Besucher. Bei Desktop-PCs und Notebooks dominiert klar Windows mit 81 Prozent Anteil. 12 Prozent der PC-Nutzer surfen heise online mit einem Mac an. Obwohl der Anteil an Linuxern unter unseren Lesern höher als in der Gesamtbevölkerung ist, verwenden lediglich 6,6 Prozent das Open-Source-Betriebssystem.

Aus Käufersicht verspricht 2019 ein gutes Jahr zu werden. Die Preise für SSDs und Arbeitsspeicher werden wohl auch noch in den nächsten Monaten weiter fallen, wenn auch nicht mehr so stark wie im vergangenen halben Jahr. Zudem will Intel die Lieferschwierigkeiten bei Prozessoren bis Jahresmitte vollständig in den Griff bekommen. Im Vergleich zum Herbst 2018, als die damals neu vorgestellten Core-i-9000-CPUs nur mit saftigem Aufpreis erhältlich waren, hat sich die Lage schon deutlich entspannt.

Im Sommer und Herbst dieses Jahres stehen außerdem neue Prozessoren wie die dritte Ryzen-Generation von AMD und Intel Comet Lake an, die 16 beziehungsweise 10 Kerne in die jeweilige Mainstream-Plattform bringen sollen. AMD setzt auf ein Chiplet-Design: Die nächsten Ryzen bestehen aus in 7 nm von TSMC gefertigten Octa-Core-Dies und einem 14-nm-I/O-Chip, der auch PCI Express 4.0 bringt. Für die High-End-Desktop-Plattform Ryzen Threadripper sind mit diesem Design wie bei den Server-Prozessoren Epyc 2 64 Kerne möglich. Offen bleibt, wie viele AMD davon in den Consumer-CPUs einbaut.

Bei den Grafikkarten muss AMD nach längerer Durststrecke nachziehen. Die für den Sommer erwarteten und in 7 nm gefertigen Navi-GPUs sollen dabei den Erfolg bringen. Konkurrenz ist aus Käufersicht immer gut, denn dadurch dürften auch die Preise der teuren GeForce-RTX-Karten von Nvidia etwas sinken. Als dritter Chiphersteller will Intel 2020 in den Grafikkartenmarkt einsteigen.

Wer einen alten Desktop-PC oder Laptop ersetzen will und nicht dringend auf Ersatz angewiesen ist, sollte mit dem Neukauf noch bis zum Herbst 2019 warten. Passiert nichts Unvorhergesehenes, gibt es dann fürs gleiche Geld noch etwas mehr Ausstattung und Leistung.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in c't 11/2019 (chh)