Niedersächsisches Polizeigesetz: Vor Abstimmung erneut Demonstration in Hannover

Vor der Abstimmung zum neuen Polizeigesetz für Niedersachsen gehen Gegner noch einmal auf die Straßen. Dienstag wird über das umstrittene Gesetz abgestimmt.

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Demonstranten ziehen gegen geplantes Polizeigesetz durch Hannover

(Bild: pixabay)

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  • dpa
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An einem Protestmarsch gegen das neue niedersächsische Polizeigesetz haben sich laut Polizei rund 1500 Bürger beteiligt. "Die Auftaktkundgebung und der Start des Zuges durch die Innenstadt verliefen friedlich", sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Die Teilnehmer wenden sich gegen einen Gesetzentwurf, der der Polizei unter anderem mehr Freiheiten bei der Terrorismusbekämpfung geben soll, was an hohe gesetzliche Hürden geknüpft ist.

Zu der Demo aufgerufen hatte das Bündnis #noNPOG. "Das schlechte Wetter hat eine bessere Beteiligung verhindert", sagte Bündnissprecherin Juana Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur. Aus ihrer Sicht sei aber ein deutliches Signal gegen das Vorhaben der Landesregierung gesetzt worden. "Wir appellieren an das Gewissen der einzelnen Landtagsabgeordneten. Sie sollen bei der Abstimmung nicht unter Fraktionszwang handeln, sondern sich für die Freiheit der Menschen in Niedersachsen einsetzen", hatte sie im Vorfeld gefordert.

Die Reform des Polizeigesetzes, die am Dienstag im Landtag zur Abstimmung steht, ist ein zentrales Vorhaben der rot-schwarzen Koalition. Für eine bessere Terrorismusbekämpfung soll beispielsweise die Präventivhaft für Gefährder auf bis zu 35 Tage ausgeweitet werden. Zum anderen soll die Handhabung neu hinzugekommener elektronischer Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten gesetzlich geregelt werden.

Als "leider nicht immer sachlich" bezeichnete Dietmar Schilff, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), die Debatte. "Das Gesetz ermöglicht eine effektivere Bekämpfung von Terrorismus, Rechtsextremismus und organisierter Kriminalität", sagte Schilff am Samstag.

Besonders um die geplante Ausweitung der Präventivhaft für Gefährder hatten SPD und CDU lange gerungen. Im Landtagswahlkampf 2017 hatte die CDU eine Präventivhaft von bis zu 18 Monaten gefordert. Im ursprünglichen Gesetzentwurf der großen Koalition waren dann maximal 74 Tage geplant. Doch am Ende konnte sich die CDU mit dieser Forderung nicht durchsetzen. Bedenken kamen nicht nur von Experten in Anhörungen, sondern auch von den juristischen Beratern des Landtags selbst.

Anfang März fanden SPD und CDU einen Kompromiss: Künftig sollen 14 Tage Präventivhaft für Terrorverdächtige verhängt werden können, die einmal um die gleiche Zeit und dann noch einmal um 7 Tage verlängert werden können. Bislang sind maximal 10 Tage Präventivhaft erlaubt, sofern ein Gericht zustimmt und eine "konkrete Wahrscheinlichkeit" vorliegt, dass der oder die Betroffene in absehbarer Zeit eine terroristische Straftat begeht.

Die Opposition aus Grünen und FDP droht mit einer Verfassungsklage, sollte das Gesetz den Landtag passieren. Beide Parteien halten den Entwurf für unpräzise und nicht verfassungskonform, sie befürchten massive Eingriffe in die Bürgerrechte. Allerdings haben FDP und Grüne nicht genug Stimmen im Landtag, um eine Normenkontrollklage beim Staatsgerichtshof in Bückeburg durchzusetzen. Dafür müssten mindestens 28 der 137 Abgeordneten, also mindestens ein Fünftel, das Ansinnen einer Normenkontrollklage unterstützen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließen beide Fraktionen aus. Grüne und FDP kommen zusammen auf 23 Sitze im Landtag.

Mehr Infos

In der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover sind mehr als zehntausend Menschen gegen Pläne für ein neues Polizeigesetz auf die Straße gegangen.

Im Mai vergangenen Jahres hatte der bayerische Landtag mit den Stimmen der CSU eine umstrittene Änderung im Polizeiaufgabengesetz (PAG) beschlossen. Vor der Abstimmung waren in München mehr als 30.000 Menschen gegen die Neufassung auf die Straße gegangen. SPD und Grüne im Landtag reichten Klagen gegen das neue PAG beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof ein. (bme)