Aufspringen, Gas geben – NRW-Städte bereiten sich auf E-Roller vor

Bald sollen E-Tretroller auf deutschen Straßen zugelassen werden. Städte in Nordrhein-Westfalen bereiten sich vor und hoffen auf weniger Autoverkehr.

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Aufspringen, Gas geben - NRW-Städte bereiten sich auf E-Roller vor
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Von
  • David Schwarz
  • dpa
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Es ist wie mit dem Fahrrad, auch das Rollerfahren verlernt man nicht: Ein kurzer Antritt, Gas geben, um Kurven fahren. Die Bedienung von Tretrollern mit Elektromotor ist kinderleicht, zumal die Füße nur beim Start Schwung holen müssen. So leicht, dass es sich vergessen lässt, wie schnell man unterwegs ist – mit bis zu 20 Kilometern pro Stunde. Auf einem Fabrikgelände in Köln können die E-Scooter der deutschen Vermietfirma Tier ausprobiert werden. Mit einer App finden Interessierte die Scooter, per Handykamera werden sie freigeschaltet.

Im Straßenverkehr sind sie noch nicht erlaubt. Das soll die für Freitag erwartete Zustimmung des Bundesrats aber ändern. Angesichts breiter Sicherheitsbedenken will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Elektro-Roller nun jedoch nicht auf Bürgersteigen erlauben.

In vielen anderen europäischen Städten gehören sie längst zum Stadtbild. Neben der Firma Tier wollen auch andere große Firmen in Nordrhein-Westfalen an den Start gehen – mit Details halten sie sich aber noch zurück. Ein Sprecher des US-Anbieters Lime erklärte: "Grundsätzlich ist für 2019 geplant, in allen größeren deutschen Städten und Regionen aktiv zu sein. Städte wie Düsseldorf, Köln oder Dortmund befinden sich natürlich in der engeren Auswahl." Hive vom Fahrdienstleister MyTaxi sieht NRW als "sehr wichtigen Markt" an. Die US-Firma Bird steht nach eigenen Angaben mit verschiedenen Städten im Land in Kontakt.

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Ob sich die Miet-Scooter durchsetzen, wird unter anderem vom Preis abhängen. Die Testfahrten von Tier in Köln sind gratis. Im regulären Betrieb würde eine Fahrt von 15 Minuten 3,25 Euro kosten: einen Euro für die Aktivierung und 15 Cent je gefahrener Minute.

In Dortmund haben fünf Anbieter Interesse bekundet. Sie wollen nach Angaben der Stadt je mit 50 bis 150 Rollern starten. Auch Köln, Düsseldorf, Essen und Münster bestätigen Gespräche mit Vermietfirmen. "E-Scooter bieten gute Möglichkeiten, Kurzstreckenautofahrten zu ersetzen", sagt eine Sprecherin der Stadt Dortmund. Auch auf dem Weg zu Bushaltestellen und Bahnhöfen seien sie sinnvoll.

Ähnliches hört man aus anderen Städten: Die Roller könnten helfen, den Autoverkehr in vollen Innenstädten zu verringern. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) sieht sie als Ergänzung zum bisherigen Mobilitätsmix. "Man sollte Neues nicht immer ausschließlich von der Risikenseite betrachten", sagte er auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf.

Die Vermieter, die bisher eine Betriebsaufnahme in Köln planen, haben laut Stadtsprecher von Anfang an auf Roller gesetzt, die nicht auf Gehwegen fahren. Auch Tier und Lime drängten nicht auf die Bürgersteige. "Scooter haben nichts auf dem Gehweg zu suchen", erklärt der Sprecher von Lime.

Bei der Stadt Dortmund werden "pöbelhaftes Verhalten von Scooter-Nutzern und missbräuchliche Nutzung von Gehwegflächen und Fußgängerzonen" als Risiken angesehen. Der Versicherungskonzern Allianz erwartet höhere Unfallzahlen durch E-Scooter. Das Unternehmen warnt davor, Roller bis zwölf Stundenkilometer schon für Kinder ab zwölf Jahren freizugeben. Aus dem Kreis der Länder und von Experten gibt es die Forderung nach einer Altersgrenze von 15 Jahren.

Der Fahrradclub ADFC NRW blickt mit gemischten Gefühlen auf die Roller. "Neue Impulse für die Vermeidung von kurzen Autofahrten sind dringend nötig", sagte eine Sprecherin. Radwege seien allerdings oft zu schmal, holprig und nicht ausreichend vom schnellen Autoverkehr getrennt. "Wenn hier noch E-Roller unterwegs sind, könnte es an einigen Stellen gefährlich werden." Ohne den Autos Platz wegzunehmen, werde es auf Dauer in den Städten nicht gehen.

Einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa zufolge stoßen die Scooter bei einer Mehrheit der Deutschen bisher auf Skepsis. Demnach gaben 56 Prozent der 1001 Teilnehmer an, sie könnten es sich nicht vorstellen, mit einem E-Scooter zu fahren.

Der ADAC Nordrhein hält die E-Tretroller auf kurzen Distanzen für eine attraktive Alternative zum Auto. "Weniger Autos in den Städten heißt sauberere Luft. Das will jeder", betonte ein Sprecher. Konfliktpotenzial sei trotzdem vorhanden. "Das muss sich einspielen."

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(tiw)