#Twittersperrt: Account der "Jüdischen Allgemeinen" blockiert

Die Sperrungen von Twitter-Accounts wegen angeblicher Wahlbeeinflussung gehen weiter. Nun hat es die Jüdische Allgemeine getroffen – wegen eines Artikels.

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Twitter

(Bild: dpa, Ole Spata)

Lesezeit: 3 Min.

Von den Aussperrungen bei Twitter ist mit der Jüdischen Allgemeinen nun auch die wichtigste Zeitung des deutschen Judentums betroffen. Der Twitter-Account @JuedischeOnline ist damit das nächste Opfer der mutmaßlich unberechtigten Account-Sperrungen, die seit vergangener Woche für Aufregung und zahlreiche Korrekturen von Twitter sorgen. Wie die Wochenzeitung berichtet, wurde ein Tweet mit dem Wortlaut "Warum Israels Botschafter Jeremy Issacharoff auf Gespräche und Treffen mit der AfD verzichtet" beanstandet, der auf einen zugehörigen Artikel der Zeitung verlinkte.

Nachfragen bei Twitter blieben der Zeitung zufolge bislang unbeantwortet. Bei dem Kurznachrichtendienst kann ihr Account keine Tweets mehr verbreiten. Philipp Peyman Engel von der Jüdischen Allgemeinen meint nun, "dass Twitter antisemitische Hasstweets duldet, aber Nachrichten der einzigen jüdischen Wochenzeitung Deutschlands sperrt, ist für uns absolut unverständlich."

Hintergrund der anhaltenden Blockade-Serie auf Twitter ist nicht das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), sondern eine Meldefunktion gegen Desinformation vor der anstehenden Europawahl. Gemeldet werden kann etwa, wenn falsche Informationen zum Termin oder zum Vorgang der Wahl in Tweets auftauchen. Offenbar hat das US-Unternehmen aber Probleme mit der Umsetzung – wohl, weil das nötige Personal fehlt. Bleibt ein Account im Raster hängen, bleiben alle Tweets bis auf den betroffenen sichtbar, aber der Zugriff wird entzogen. Nutzer können den dann entweder löschen und wieder Zugriff erhalten, oder "Einspruch" gegen die Beurteilung von Twitter einlegen.

Viele Beispiele und der gesammelte Protest unter dem Hashtag #Twittersperrt legen nun aber nahe, dass das Unternehmen dabei in einer ganzen Reihe von Fällen wohl deutlich über das Ziel hinausschießt. Am heutigen Montag war etwa auch der Berliner SPD-Abgeordnete Sven Kohlmeier betroffen. Im Fall seines Accounts ging es um einen Tweet zu einem konkreten Vorfall mit dem Text: "Die Typen von der #AfD! So ein paar #Hitlerwein-Fotos schaden nicht der Parteimitgliedschaft. Wie rechtsradikal müssen Mitglieder eigentlich sein, um bei der #AfD rauszufliegen? #fragefüreinenfreund". Kohlmeier ist inzwischen wieder freigeschaltet.

Wie sich Betroffene gerichtlich gegen die Aussperrungen wehren können, hat die Anwaltskanzlei Löffel Abrar in einem Blogeintrag zusammengefasst. Derweil will sich auch der Bundestag mit der Thematik beschäftigen: Die Account-Sperrungen sollen am Mittwoch Thema im Ausschuss Digitale Agenda des Bundestags sein. Eingeladen wurden dazu Vertreter des Bundesamts für Justiz und von Twitter.

[Update 13.05.2019 – 08:15 Uhr] Der Account der Jüdischen Allgemeinen wurde von Twitter wieder freigegeben. (mho)