Facebook: Karlsruhe ordnet vorübergehende Freigabe von Neonazi-Seite an

Bis zum Abschluss der anstehenden Europawahl muss Facebook die Seite einer rechtsextremen Partei wieder freigeben. Das hat Karlsruhe entschieden.

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Facebook

(Bild: dpa, Christophe Gateau)

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Facebook musste die Seite der rechtsextremen Kleinstpartei "Der III. Weg" auf Verpflichtung des Bundesverfassungsgerichts vorübergehend wieder freischalten, nachdem sie Anfang des Jahres gesperrt worden war. Die einstweilige Anordnung sei dazu da, "die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern", begründete die 2. Kammer des Ersten Senats ihre Entscheidung. Damit hatte ein Eilantrag der Partei Erfolg. Es sei ausreichend, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht von vornherein klar sei.

Facebook hatte die Seite wegen eines Beitrags im Januar mit der Begründung gesperrt, dass der als "Hassrede" gegen die Gemeinschaftsstandards verstoße. Das galt zuerst nur für eine Frist von 30 Tagen, nach einem Einspruch sei das Nutzerkonto dann ganz entfernt worden. Vor Gerichten in Rheinland-Pfalz hatte die Partei sich erfolglos mit Eilanträgen dagegen zu wehren versucht. Sollte "Der III. Weg" auch noch Verfassungsbeschwerde einreichen, wäre der Ausgang nicht von vornherein sicher, begründen die Karlsruher Richter nun ihre Anordnung.

Zur Entscheidung stünden gegebenenfalls wichtige Rechtsfragen, sagen nun die Richter. Zu urteilen wäre darüber, ob die mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten wie dem auf Meinungsfreiheit in diesem Fall zum Tragen kommen würde. Für das Verhältnis zwischen sozialen Netzwerken und ihren Nutzern seien die Rechtsbeziehungen hier verfassungsrechtlich noch ungeklärt. Sollte die Partei später eine Wiederherstellung ihres Kontos erwirken, wären die Folgen der aktuellen Sperrung für sie schwerwiegender, als die zeitweilige Wiedereröffnung für Facebook, sollte das Netzwerk später Recht bekommen.

Der Beschluss vom Mittwoch gilt auch nur bis zur Feststellung des amtlichen Endergebnisses der Europawahl in wenigen Tagen. Für diesen Zeitraum habe die Partei "eine besondere Dringlichkeit dargelegt", hieß es aus Karlsruhe. Facebooks Recht und die Pflicht, einzelne Inhalte auf ihre Vereinbarkeit mit den Nutzungsbedingungen, den Rechten Dritter oder den Strafgesetzen zu prüfen und gegebenenfalls auch zu löschen, bleibe auch durch die aktuelle Verpflichtung zur zeitweiligen Entsperrung unberührt, ergänzen sie.

"Der III. Weg" wird laut der Bundeszentrale für politische Bildung wegen der "rechtsextremen und neo-nazistischen Ausrichtung" vom Verfassungsschutz beobachtet. Im Verfassungsschutzbericht heißt es, die ideologischen Aussagen der Partei seien vom historischen Nationalsozialismus geprägt. Sie lehne den demokratischen Rechtsstaat fundamental ab. Die Partei hatte vor wenigen Tagen mit einem martialischen Auftritt im sächsischen Plauen für Aufmerksamkeit gesorgt. (mho)