Ermittlungen gegen prominenten Biohacker
Josiah Zayner erlangte mit fragwürdigen Selbstversuchen Berühmtheit. Jetzt wird er beschuldigt, unerlaubt Medizin praktiziert haben.
- Antonio Regalado
Josiah Zayner weiß, wie man das Spiel spielt. Der ehemalige NASA-Wissenschaftler mit den markanten Piercings und der mittlerweile stacheligen Frisur hat sich in den sozialen Medien einen Namen gemacht und verdient seinen Lebensunterhalt damit, dass er Gentechnik-Kits an andere Biohacker verkauft und medizinische Eingriffe an sich selbst vornimmt. So verabreichte er sich etwa in einem Flughafenhotelzimmer selbst eine Kottransplantation.
Später injizierte er sich während einer Konferenz ein CRISPR-Genkonstrukt zum Abschalten des Myostatin-Gens, um sein Muskelwachstum anzuregen. Wenn er nicht von einem Filmteam verfolgt wird, erklärt er zahlenden Kunden auf YouTube, wie Biohacken funktioniert und wie sie die US-Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) wegen ihrer angeblichen Innovationsblockade schikanieren können.
Kein positives Licht
Doch nun wird gegen den Biohacker ermittelt, weil er in Kalifornien Medizin ohne Lizenz praktiziert haben soll. Zayner selbst veröffentlichte Anfang Mai den Brief der Ermittler vom kalifornischen Verbraucherschutzministeriums, in dem ihn die Agentur über eine entsprechende Beschwerde informiert. Der gelernte Biophysiker wurde für Juni zu einer Befragung vorgeladen und soll „einen Anwalt mitbringen, wenn Sie es wünschen“. Ein Sprecher der kalifornischen Verbraucherbehörde wollte die Ermittlungen weder bestätigen, noch kommentierte er, welche konkreten Anschuldigungen gegen Zayner erhoben wurden.
Beschwerden wie die gegen Zayner kann jeder bei der kalifornischen Ärztekammer einreichen. Die Ermittlungen dürften jedoch bedeuten, dass der Vorwurf als glaubwürdig angesehen wird. Das Praktizieren von Medizin ohne Lizenz kann in Kalifornien als Vergehen oder Straftat eingestuft und mit bis zu drei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 10.000 Dollar bestraft werden. Zayner lehnte einen Kommentar ab, weil er nicht glaube, dass Technology Review ihn in einem positiven Licht darstellen würde.
Als Biohacker oder Do-it-yourself-Biologen werden in der Regel Personen bezeichnet, die einfache Experimente außerhalb von Universitätslabors und Unternehmen durchführen. Einige Biohacker sind jedoch einige Schritte weiter gegangen und haben sich verschiedene Gentherapien zu Hause verabreicht. Bisher haben Biohacker keine nennenswerten genetischen Behandlungen entwickelt. Ihre Experimente sind zuweilen rücksichtslose, zirkusartige Inszenierungen, aus denen kaum etwas Nützliches entstehen dürfte. Sogar Zayner gibt zu: "Ich habe keinen Zweifel, dass irgendjemand irgendwann verletzt wird" bei der Suche nach Ruhm durch Selbstexperimente.
Rebell mit Geschäftsmodell
Seine rebellische Rhetorik ist Teil seines Geschäftsmodells, Aufmerksamkeit für sein – nach eigenen Angaben profitables – Unternehmen "The Odin" zu erzeugen. Dieses betreibt er aus einer Garage heraus und verkauft eine Vielzahl von DIY-Biologie-Kits, einschließlich eines für die Herstellung von fluoreszierender Hefe im Wert von 209 Dollar. Die FDA hat Zayner schon früher vor dem Verkauf dieser Leuchtbier-Kits gewarnt. Darüber hinaus veröffentlichte die Behörde einen Warnbrief, nachdem Zayner und ein weiterer Biohacker Videos online gestellt hatten, in denen sie sich selbst selbstentwickelte Gentherapien injizieren. Die FDA warnte ihn, dass der Verkauf von Gentherapie-Kits zum Selbermachen illegal sei.
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Zayner glaubt, er werde zu Unrecht verfolgt, weil er "genetische Selbstversuche durchgeführt und Menschen gezeigt hat, wie sie auf öffentlich verfügbares Wissen zugreifen können". Er bestritt auch, medizinische Behandlung für jedermann anzubieten. "Ich habe noch nie jemandem etwas zum Injizieren oder Verwenden gegeben, nie Material verkauft, das zur Behandlung einer Krankheit bestimmt ist, und nie behauptet, Behandlungen oder Heilmittel anzubieten, weil ich wusste, dass dieser Tag kommen würde", schreibt Zayner. Da er große Aufmerksamkeit in den Medien findet, fragen ihn regelmäßig Menschen um Rat, die an verschiedenen schweren Krankheiten leiden. Nach eigenen Angaben antwortet er nicht auf solche Anfragen.
In seinen YouTube-Auftritten und in anderen Medien argumentiert Zayner häufig mithilfe von Hashtags wie #RightToTry, #RightToLive und #BodyAutonomy , dass die Regierung Heilmittel blockiere. "Die Menschen sterben", weil die US-Regierung ihnen "den Zugang zu hochmodernen Behandlungen oder in einigen Fällen sogar zur Grundversorgung verweigert", schrieb er zum Beispiel. "Dennoch bin ich derjenige, dem Gefängnis droht." Zuletzt twitterte er: "Ja, ich muss einen Anwalt finden", denn "die Leute werfen mir allerlei verrückten Mist vor".
(vsz)