Neue Prozessoren von AMD und Intel

Ryzen 3000 bringt zwölf Kerne und PCIe 4.0 für Desktop-PCs. Intel nimmt mit 10-nm-Chips stattdessen Notebooks ins Visier, die u.a. von stärkerer Grafik profitieren sollen.

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AMD und Intel auf der Computex
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Die dritte Generation der AMD-Ryzen-Prozessoren kratzt gleich mehrfach an Intels Core-i-Dominanz: Fürs gleiche Geld gibt es zwölf statt acht Kerne. Und höhere Taktfrequenzen als bisher, ein doppelt so großer Leve l-3-Cache und modernisierte Zen-2-Rechenwerke mit verdoppelter Gleitkommaperformance sollen die Singlethreading-Leistung auf das Niveau des bislang schnellsten Intel-Chips Core i9-9900K heben. Zudem unterzog AMD die gesamte AM4-Plattform einer Frischzellenkur. Die Ryzen-3000-Prozessoren und der neue X570-Chipsatz stellen zusammen bis zu 36 PCIe-4.0-Lanes für Grafikkarten und schnelle SSDs bereit.

Ab 7.7. soll es laut AMD-CEO Lisa Su fünf Ryzen-3000-CPUs zu kaufen geben. Das Datum verweist auf die 7-nm-Technik, mit der TSMC die Chips fertigt. AMD verspricht deutlich höhere Effizienz: Der 65-Watt-Achtkerner Ryzen 7 3700X absolviert demnach den Rendering-Benchmark Cinebench R20 mit einem einzelnen Thread um 15 Prozent und mit allen 16 Threads um 18 Prozent schneller als das bisherige AM4-Topmodell Ryzen 7 2700X mit 12-nm-Technik und 105 Watt Thermal Design Power. Weitere Benchmark-Werte der dritten Ryzen-Generation hält AMD vorerst unter Verschluss.

Der Ryzen 3000 wird auf vielen aktuellen Mainboards mit Chipsätzen wie X470 und B450 laufen, sofern der jeweilige Hersteller ein BIOS-Update liefert. Die Neuheit PCI Express 4.0 (PCIe 4.0) wird aber nicht bei älteren Boards nutzbar sein, sondern nur bei neuen mit dem Chipsatz X570. Der hat selbst auch PCIe-4.0-Lanes, die Vorgänger hängen noch bei PCIe 2.0 fest.

Die Hersteller Asrock, Asus, Gigabyte und MSI zeigten auf der Computex bereits zahlreiche X570-Mainboards. Mit Ausnahme teurer Luxus-Boards mit gigantischen Passiv- beziehungsweise Wasserkühlern sind alle mit Chipsatz-Lüftern ausgestattet. Übeltäter ist der PCIe-4.0-Controller im X570, der zwar den Durchsatz auf 2 GByte/s pro Lane bringt, aber leider auch die Leistungsaufnahme im Vergleich zum X470 von 5 auf 11 Watt hinauftreibt. MSI erklärte, dass der Lüfter bei ihren Boards nur bei Bedarf läuft.

Das AM4-Mainboard Asus Pro WS X570-ACE richtet sich an Profi-Nutzer, die Ryzen 3000 mit ECC-RAM kombinieren.

Außer PCIe 4.0 hat AMD bei X570 und Ryzen 3000 auch die USB-Ports kräftig aufgebohrt. Sowohl die vier Ports der CPU als auch acht der zwölf vom Chipsatz arbeiten nun im USB-3.2-Gen-2-Modus mit 10 GBit/s. Für USB 3.2 Gen 2x2 mit 20 GBit/s braucht man aber Zusatzchips wie den Asmedia ASM3242, dessen Massenproduktion startet jedoch erst Ende des Jahres. Die X570-Boards werden bei vergleichbarer Ausstattung rund 50 Euro mehr kosten als X470-Bretter. Letztere wird es deshalb ebenso weiterhin zu kaufen geben wie günstigere mit B450. Für manche, aber nicht alle X370- und B350-Mainboards wird es Beta-Firmware-Updates geben. Ältere A320-Boards bekommen wohl keine BIOS-Updates für Ryzen 3000, weil ihre BIOS-Flash-Chips zu wenig Speicherkapazität haben.

Intel kündigte die „Special Edition“ Core i9-9900KS an. Im Unterschied zum Core i9-9900K darf der Achtkerner im Turbo auf allen Kernen mit 5 GHz laufen. Zur Thermal Design Power schweigt sich Intel auf Nachfrage ebenso aus wie zum genauen Verkaufsstart, der erst fürs vierte Quartal angedacht ist. Aber Intel hat noch eine Fülle weiterer Prozessoren angekündigt, darunter die Workstation-Chips der Serie Xeon E-2200. Die LGA1151v2-Prozessoren sind eng verwandt mit Core i-9000, steuern aber auch ECC-RAM an und laufen nur auf Mainboards mit C240-Chipsatz. Für Businessrechner wiederum hat Intel außerdem 14 Desktop- und Mobil-CPUs der neunten Core-i-Generation für Systeme mit den Fernwartungs- und Managementfunktionen vPro freigegeben. Im Herbst verspricht Intel für die High-End-Plattform LGA2066 schnellere Core-X-CPUs mit höherem Takt und verbessertem Turbo. Bei diesen Prozessoren handelt es sich vermutlich um Abkömmlinge der aktuellen Xeon-SP-Serverchips Cascade Lake.

Dass bei Intel die Nerven etwas blank liegen, zeigt auch die überraschende Kritik an einigen Benchmarks: Der beliebte Cinebench R20, der vom Rendering-Programm Cinema 4D abstammt und viele Kerne und Threads gut ausreizt, spiegelt laut Intel angeblich nicht die Performance von viel häufiger genutzten „Real-World“-Anwendungen wider. Zudem wirft Intel AMD vor, beim Vergleich von Epyc „Rome“ mit Xeon SP nicht die optimalen Compiler-Einstellungen für das Intel-System verwendet zu haben.

Nach mehreren Jahren Verzögerung hat Intel nun endlich die 10-nm-Mobilprozessoren Ice Lake-U fertig. Bei den Quad-Cores mit 9, 15 und 28 Watt TDP hat der Chiphersteller erstmals seit Skylake größere Änderungen an der Architektur der Recheneinheiten vorgenommen. Die „Sunny Cove“-Kerne können pro Taktschritt mehr Befehle parallel verarbeiten und erhalten die Befehlssatzerweiterung AVX-512, die bisher Serverprozessoren wie Xeon SP und dem teuren Core X vorbehalten war. Die AVX-512-Funktion DL Boost beschleunigt KI-Algorithmen.

Pro Takt soll die Rechenleistung um 18 Prozent steigen. In der Praxis dürfte das Leistungsplus jedoch oft verpuffen, da Ice Lake im Turbo maximal 4,1 GHz erreicht, während der Vorgänger Whiskey Lake (Core i-8000U) bis zu 4,8 GHz schafft. Benchmark-Werte für die CPU verschweigt Intel ebenso wie Produktbezeichnungen und Taktfrequenzen.

Mit Ice-Lake-Prozessor und Project-Athena-Zertifikat vereint das Dell-Notebook XPS 13 2-in-1 zwei Computex-Neuheiten in sich.

(Bild: Dell)

Erste Produktankündigungen mit Ice Lake-U gibt es aber bereits: Dell baut den Quad-Core in das Notebook XPS 13 2-in-1 ein, dessen Display sich um 360 Grad herumklappen lässt, um es in ein Tablet zu verwandeln. Erhältlich ist es ab Juli für 1000 Euro. Das XPS 13 2-in-1 erfüllt obendrein alle Vorgaben des Project Athena. Um an diesem Marketing-Programm von Intel teilzunehmen, müssen die Notebooks einige Vorgaben einhalten: Dazu zählen mindestens 16 Stunden Laufzeit beim Videoabspielen mit 150 cd/m2 Displayhelligkeit und neun Stunden beim produktiven Arbeiten mit 250 cd/m2 sowie permanentem Internetzugang mit WLAN oder LTE. Zudem darf das Betanken mit Strom für vier Stunden Laufzeit nicht länger als 30 Minuten dauern. Die Mindestanforderung für die Hardware umfassen einen Core i5 oder i7, 8 GByte RAM, Thunderbolt 3 sowie eine SSD mit 256 GByte oder mehr. Die Displaygröße darf 15,9 Zoll nicht überschreiten.

Passend zur überarbeiten AM4-Plattform mit Ryzen 3000 zeigten SSD-Hersteller Prototypen kommender Produkte mit PCIe-4.0-Controllern, wobei der Zeitrahmen durchweg „Ende des Jahres“ lautete. Je nach Ansprechpartner bedeutete das allerdings alles von „ab August/September“ bis „hoffentlich im Dezember“. Auf der Corsair Force MP600, der PNY CS4040 und bei Klevv/Essencore kommt der Phison-Controller PS5016-E16 zum Einsatz. Adata zeigte am Stand ein Vorserienmodell mit Silicon Motion SM2267 und einer Maximalkapazität von 8 TByte.

Für die erwähnten Vorserienmuster nennen alle Hersteller Transferraten zwischen 4 bis 5 GByte/s – deutlich weniger als knapp 8 GByte/s, die per PCIe 4.0 x4 theoretisch möglich wären. Phison arbeitet bereits am schnelleren PS5019-E19, der mehr als 6 GByte/s erreichen soll. Auch Micron (Crucial) tüftelt an einem eigenen PCIe-4.0-Controller, der zum Jahreswechsel auf ersten SSDs auftauchen soll. Deutlich mehr als 5 GByte/s erreicht man derzeit nur, indem man mehrere SSDs bündelt, so wie es Gigabyte auf einer Steckkarte für einen x16-Slot demonstrierte: Vier Gen-4-SSDs erzielten in einem Ryzen-3000-System mit X570-Chipsatz beeindruckende 15 GByte/s.

AMD-Chefin Lisa Su präsentierte gleich zu Beginn der Computex-Eröffnungsrede endlich mehr Informationen zu den kommenden Navi-GPUs: Offiziell wird die neue Grafikkartenserie in Anlehnung an das 50-jährige Firmenjubiläum Radeon RX 5000 heißen. Sie fußt auf einer neuen Architektur namens Radeon DNA (RDNA). Diese soll die Gaming-Engine für das nächste Jahrzehnt werden, etwa auch in der Playstation 5.

Gegenüber dem bisherigen Design „Graphics Core Next“ (GCN) hat AMD die Grafik-Pipeline verschlankt, um höhere Taktraten zu erreichen, eine neue Multi-Level-Cache-Hierarchie eingeführt sowie die Compute Units überarbeitet. Wie die Radeon VII werden die neuen Chips mit 7 nm Strukturbreite gefertigt. Außerdem werden sie GDDR6-Speicher nutzen und beherrschen bereits PCIe 4.0.

Im Vergleich zu einer nicht näher genannten Vega-Karte steige die Rechenleistung pro Takt um 25 Prozent, die Energieeffizienz um 50 Prozent. Eine Radeon RX 5700 soll im Spiel Strange Brigade 10 Prozent schneller sein als eine GeForce RTX 2070. Das lässt auf echte Konkurrenz hoffen.

Konkrete Daten wie die Anzahl der Shader-Kerne, Taktfrequenz, Speicherausbau, Leistungsbedarf und Preis nannte Su nicht – die will man erst am 10. Juni auf der Computerspielemesse E3 verraten. Der eigentliche Launch soll erst im Juli stattfinden. Auf der Asrock-Pressekonferenz rutschte dem Produktmanager allerdings August als Auslieferungstermin heraus. Vermutlich meinte er damit aber hauseigene Kartendesigns. Dieser Ablauf passt auch zu dem, was wir von anderen Herstellern hörten.

In Ermangelung konkreter Daten – selbst die Kartenhersteller haben noch keine eigenen GPU-Muster – brodelte es in der Gerüchteküche. So meinte einer unserer Kontakte, die erste Generation namens Navi 10 sei noch gar kein vollständiges RDNA-Design, sondern enthalte noch viel GCN, nicht zuletzt, um die Kompatibilität zu älteren Spielen zu gewährleisten. Erst Navi 20 werde komplett auf RDNA setzen, dann aber einen mächtigen Performance-Schub liefern. Die Erwartungen zum Preisgefüge reichten von „gleicher Preis wie die 2070 bei etwas höherer Leistung“ bis „darf nicht über 399 Dollar kosten“.

Einig war man sich, dass Nvidia bereits den Gegenschlag in Form der GeForce RTX 2060 Ti und RTX 2070 Ti vorbereitet. Außerdem werde die Firma ihr bestehendes Portfolio überarbeiten: Eine neue GPU namens TU104-450 soll eine Karte antreiben, die zwischen die GeForce RTX 2080 und 2080 Ti passt. Außerdem löse man TU104-400 und -400A durch den TU104-410 ab. Bei ihm gibt es für die Hersteller keine Einschränkungen bezüglich der Werksübertaktung, die Nvidia bislang dem teureren TU104-400A vorbehielt.

Konkreter ging es bei den Notebooks zu, denn dafür Nvidia hat mobile Workstation-GPUs vorgestellt. Quadro RTX 5000, RTX 4000 und RTX 3000 sind die Gegenstücke zu den Consumer-Modellen GeForce RTX 2080, RTX 2070 und RTX 2060, während die Quadro T2000 und T1000 enge Verwandte der GTX-16-Serie ohne RT- und Tensor-Cores sind.

Dieser Artikel stammt aus c't 13/2019. (chh)