EuGH-Generalanwalt: Facebook muss bei Rechtsverstößen genauer prüfen

Plattformbetreiber wie Facebook können gerichtlich gezwungen werden, auch ähnliche Hasskommentare weltweit zu entfernen, meint der EuGH-Generalanwalt.

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(Bild: dpa, Oliver Berg/Symbol)

Lesezeit: 3 Min.
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In einem Verfahren um beleidigende Postings auf Facebook am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat Generalanwalt Maciej Szpunar am Dienstag seinen Schlussantrag gestellt, demzufolge Plattformbetreiber rechtswidrige Inhalte künftig gründlicher und weltweit löschen müssen. Ein Anbieter wie Facebook könne gerichtlich dazu verpflichtet werden, auch andere, wortgleiche Beiträge des betreffenden Nutzers zu sperren.

In dem Fall, den der Oberste Gerichtshof Österreichs Anfang 2018 dem EuGH vorgelegt hatte, geht es um beleidigende Äußerungen gegen die frühere Parteichefin der österreichischen Grünen, Eva Glawischnig-Piesczek (Az.: C-18/18). Die Politikerin war auf Facebook unter anderem als "korrupter Trampel" und "miese Volksverräterin" bezeichnet worden. Die Luxemburger Richter sollten vor allem klären, ob das Europarecht verlangt, dass Facebook von sich aus nach vergleichbaren Beiträgen suchen und diese sperren muss.

Der Generalanwalt, dessen Einschätzung das Gericht in der Regel folgt, hält es für vertretbar, den Plattformbetreiber per gerichtlicher Anordnung zu zwingen, auch sinngleiche Inhalte aufzuspüren. Einschränkend stellt Szpunar aber fest, dass der Betreiber nur Informationen durchsuchen müsse, die von dem Nutzer stammten, der auch den rechtswidrigen Beitrag gepostet habe. Darüber hinaus müssten andere sinngleiche Inhalte entfernt werden, wenn der Betroffene oder Dritte einen Hinweis darauf geben.

Der Generalanwalt mahnt jedoch, die betroffenen Grundrechte abzuwägen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Eine Pflicht, von allen Nutzern gepostete sinngleiche Informationen zu identifizieren, sei zu weitgehend. Technische Lösungen führten zu einer Zensur und würden die Meinungs- und Informationsfreiheit systematisch beschränken.

Die E-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2000 besagt, dass ein Host-Provider grundsätzlich nicht für Inhalte haftet, die von Dritten auf seine Server eingestellt werden. Hat er jedoch Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten erlangt, muss er diese nach dem "Notice-and-Take-Down"-Prinzip löschen oder den Zugang zu ihnen sperren. Darüber hinaus sieht die Richtlinie keine Pflichten vor, die gespeicherten Informationen generell zu überwachen oder aktiv auf rechtswidrige Inhalte zu durchsuchen.

Diese gesetzlichen Vorgaben sind nach Ansicht des Generalanwalts kein Hindernis dafür, von einem Host-Provider zu verlangen, die inkriminierten Inhalte weltweit zu entfernen. Die Richtlinie regele die räumliche Reichweite einer Löschpflicht nicht. Das Plädoyer des Generalanwalts ist für den Gerichtshof nicht bindend, häufig folgen die Richter aber den Schlussanträgen. Mit einem Urteil in dem Verfahren ist im Sommer zu rechnen.

Folgt der EuGH in diesem Fall seinem Generalanwalt, müsse sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) fragen, ob er seine Rechtsprechung zur Providerhaftung noch aufrechterhalten könne, glaubt der Rechtsanwalt Andreas Biesterfeld-Kuhn. Dieser habe 2012 im Bereich Urheberrecht entschieden, dass ein File-Hosting-Betreiber nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung im Rahmen des technisch und wirtschaftlich Zumutbaren verhindern müsse, dass Nutzer das konkret benannte geschützte Werk Dritten erneut über seine Server anbieten können.

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