Trumps Handelskrieg gegen Technologie

Mit Sanktionen will die US-Regierung einen vorteilhaften Handelsdeal mit China erzwingen. Doch die Maßnahmen schaden nicht nur chinesischen Unternehmen, sondern auf lange Sicht möglicherweise der ganzen Welt.

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Google sperrt Android-Updates und den Play Store für Huawei

(Bild: heise online; Daniel Herbig)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Will Knight
Inhaltsverzeichnis

Eine der Folgen der Sanktionen von US-Präsident Donald Trump gegen den chinesischen Technologieriesen Huawei scheint eine zunehmend nationalistische Stimmung bei manchen chinesischen Verbrauchern zu sein: Die Verkäufe von iPhones sind in den letzten Monate gesunken, während der Absatz bei Huawei anzieht. In sozialen Medien wie weibo ist es derzeit nicht schwierig, patriotische Slogans zu finden, die der Unterstützung des einheimischen Herstellers dienen sollen.

Das ist nicht weiter überraschend, zeigt aber einen Besorgnis erregenden Trend: Es ist das neueste Anzeichen dafür, dass die amerikanische Außenpolitik und insbesondere die Spannungen im Verhältnis zu China die Gefahr bergen, dass sich die Technologiewelt künftig an nationalen Grenzen orientieren wird.

"In vielen Bereichen ist bereits eine Balkanisierung von Technologie zu beobachten", sagt Zvika Krieger, Leiterin Technologiepolitik beim Weltwirtschaftsforum. "Wenn es so weitergeht, werden Unternehmen unterschiedliche Produkte für unterschiedliche Märkte entwickeln müssen, was das Auseinanderlaufen noch weiter beschleunigt."

US-Sanktionen gegen Huawei

Inkompatible Produkte und Plattformen mit denselben Funktionen würden die Entwicklung rückwärts laufen lassen, sagt Krieger: "Dies wird zugleich dämpfende Auswirkungen auf Innovationen haben, weil digitale Unternehmen nicht mehr davon ausgehen können, dass sie weltweit so leicht und schnell expandieren können, wie es im vergangenen Jahrzehnt der beispiellosen Innovation der Fall war."

Bei einem Gespräch mit der US-Ausgabe von Technology Review in Boston gaben Manager von Huawei Mitte Mai an, das Unternehmen werde den Sturm aussitzen. Unabhängig davon aber riskiere Trump mit seinen Aktivitäten eine zunehmende Spaltung der Technologiewelt, sagten sie. Die konkreteste Gefahr sei, dass das Vertrauen in eine weltweit ausgebaute Lieferkette für Elektronik verloren gehe.

"Das ist eine echte Gefahr", sagte Vincent Peng, Senior Vice President und Leiter der Huawei-Unternehmenskommunikation. "Unterschiedliche Standards, unterschiedliche Ökosysteme, unterschiedliche Technologien – die gesamte Welt wird zu einem Durcheinander. Kurzfristig leidet nur Huawei, aber langfristig auch das amerikanische Lieferkettensystem und die amerikanische Wirtschaft."

Diese Sichtweise scheint inmitten all der kämpferischen Rhetorik und der Angriffe im Handelskonflikt ignoriert zu werden. Jeder Tag bringt immer schlechtere Nachrichten für Huawei.

Mitte Mai hatte die Regierung Trump den Druck erhöht, indem sie US-Unternehmen verbot, im Ausland hergestelltes Material zu verwenden, das "eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen könnte"; Huawei kam auf eine Liste von Unternehmen, für die Export-Beschränkungen gelten, sodass US-Unternehmen es ohne besondere Genehmigung nicht mehr beliefern dürfen. Durch das Verbot wurde die wichtige Versorgung mit Chips und anderen Komponenten unterbrochen.

Bald darauf stellten die US-Unternehmen Intel, Qualcomm, Xilinx und Broadcom die Zusammenarbeit mit Huawei tatsächlich ein. Noch heikler: Auch das britische Unternehmen ARM, das Chip-Designs für mobile Geräte und Server lizenziert, hat seine Mitarbeiter aufgefordert, nicht mehr mit Huawei zu arbeiten. Anschließend gab noch Google bekannt, dass sein mobiles Betriebssystem Android und seine Apps nicht mehr auf Geräten von Huawei verfügbar sein sollen.

Diese Entscheidungen sind potenziell verheerend für Huawei, auch wenn die US-Regierung eine Schonfrist von 90 Tagen zugesagt hat. Zwar gibt das Unternehmen an, in Vorbereitung auf das jetzt eingetretene Szenario Chips gelagert und ein eigenes Betriebssystem entwickelt zu haben, doch die meisten Experten haben Zweifel, ob es wirklich über die benötigte Technologie verfügt. China tut sich seit Jahren schwer damit, eine Chip-Industrie aufzubauen, die in der Lage ist, hochmoderne Komponenten bereitzustellen, wie sie für Smartphone und 5G-Technik benötigt werden.

Allerdings hat Huawei im vergangenen Jahrzehnt massiv in Forschung und Entwicklung investiert und könnte als weltweit führend bei 5G-Technologien angesehen werden. Auch auf anderen Gebieten wie künstlicher Intelligenz baut das Unternehmen Kompetenzen auf.

Die Rechtfertigung für die Maßnahmen gegen Huawei liegt in möglichen Sicherheitsrisiken aufgrund seiner Verbindung zur chinesischen Regierung, die durch seine Produkte entstehen, insbesondere bei kommenden 5G-Netzen.

Zwar gibt es bislang keine Belege für absichtlich eingebaute Hintertüren, doch nach Darstellung von US-Offiziellen könnte China das Unternehmen schlicht zwingen, sie vorzusehen. Solche Verdächtigungen wurden in den letzten Monaten immer aufgeregter und dürften auch dann nicht verschwinden, wenn die Trump-Regierung ihren Kurs wieder ändert.

Zuletzt hat die US-Regierung ihren Blick erweitert. Man werde US-Unternehmen möglicherweise auch verbieten, Technologie an Hikvision Digital Technology und Zhejang Dahua zu liefern, kündigte sie in der vorletzten Mai-Woche an. Als Rechtfertigung dafür wurde genannt, dass China die Technologien nutzt, um im Westen des Landes die muslimische Minderheit der Uiguren zu überwachen.

Die Strategie von Trump scheint darauf ausgelegt, einen Handelsdeal zu erzwingen und gleichzeitig Chinas Fortschritte in der Technologieindustrie zu bremsen. Insgesamt aber lässt das Vorgehen ein allgemeineres Misstrauen gegenüber China und seiner Entwicklung erkennen. Zum Beispiel hat es die Regierung für chinesische Studenten erschwert, moderne Technologien an den besten US-Universitäten zu studieren, indem sie den Prozess für die Beantragung von Visa schwieriger und länger gestaltet hat.

Preston McAfee, bis vor kurzem Chefökonom bei Microsoft, bezeichnet dies als besonders schlecht für Innovation. "Handelsspannungen und weniger Einwanderung hemmen den grenzüberschreitenden Fluss von Kapital und Arbeit, was verringerte Effizienz bedeutet", sagt er.

Laut McAfee ist das für Start-ups eine größere Herausforderung, denn anders als große multinationale Unternehmen hätten sie nicht die Flexibilität, Produktion und F&E überall auf der Welt anzusiedeln. "Einschränkungen für Handel und Einwanderung tendieren dazu, dominante Positionen zu zementieren oder zumindest die Wahrscheinlichkeit dafür zu verringern, dass Neueinsteiger in wichtigen Bereichen den Status Quo angreifen können", erklärt er.

Die Herausforderungen für Huawei und die zunehmende nationalistische Stimmung in China sind nicht zu übersehen. Trotzdem behauptet Ren Zhengfei, Gründer und CEO des Unternehmens, immer noch Fan eines Konkurrenten aus den USA zu sein.

"Meine Kinder mögen Produkte von Apple lieber als die von Huawei", sagte er in einem Interview im chineischen Fernsehen. "Man kann nicht einfach sagen, dass jemand patriotisch ist, weil er Huawei-Produkte benutzt, oder umgekehrt. Letztlich sind die Produkte von Huawei austauschbar. Wenn die Leute sie mögen, kaufen sie sie. Die Politik sollte sich da raushalten."

Die letzte Aussage war offensichtlich reines Wunschdenken.

(sma)