US-Chiphersteller liefern wieder an Huawei

Zumindest teilweise haben Intel, Micron und Qualcomm ihre Geschäftsbeziehungen mit Huawei wieder aufgenommen. Aber von Entspannung kann keine Rede sein.

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Zeitung: Google strebt Ausnahme von Huawei-Verbot an

(Bild: dpa, Andre M. Chang/ZUMA Wire)

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US-Zulieferer des chinesischen Telekommunikationsriesen Huawei haben einen Weg gefunden, das von der US-Regierung verhängte Handelsverbot zu unterlaufen. US-Medienberichten zufolge haben die Chiphersteller Intel, Micron und Qualcomm ihre Lieferungen an Huawei teilweise wieder aufgenommen. Bei Qualcomm handelt es sich demnach um Funkchips, nicht die Breitband-Chips für Smartphones. Während Intel und Qualcomm sich bisher dazu nicht geäußert haben, bestätigte der Speicherchiphersteller Micron die Wiederaufnahme der Lieferungen.

US-Sanktionen gegen Huawei

Hintergrund sind die Bedingungen der US-Sanktionen. Die US-Regierung hatte Huawei am 15. Mai auf die sogenannte "Entity List" gesetzt – eine Liste der Unternehmen, mit denen US-Unternehmen keine Geschäfte mehr machen dürfen, sofern nicht eine Ausnahmegenehmigung der Regierung vorliegt. Das Verbot gilt für die Lieferung von Gütern, die in den USA hergestellt wurden. Bis Mitte August gilt noch eine Schonfrist, danach soll das Verbot durchgesetzt werden.

Das sind demnach nur Güter, die mindestens zu einem Viertel aus in den USA hergestellten Teilen bestehen oder sicherheitsrelevante Technologien enthalten. Alle anderen gelten als ausländische Produkte und unterliegen nicht den Sanktionen. Diese Schwelle dürfte bei Halbleitertechnik nicht immer erreicht werden. Die Branche ist durch komplexe Lieferketten und Beziehungsgeflechte eng miteinander verwoben. Bei Chips reichen die Lieferketten über zahlreiche Länder und Fertigungsschritte.

Viele Unternehmen haben die Geschäftsbeziehungen zu Huawei sofort auf Eis gelegt, nachdem die US-Regierung die Sanktionen angekündigt hatte. Die US-Branche trifft das hart: Huawei bezieht nach eigenen Angaben Technik von US-Unternehmen im Umfang von zuletzt rund 11 Milliarden US-Dollar. Der Verband der US-Halbleiterbranche und andere betroffene Zulieferer hatten sich bei der US-Regierung umgehend um eine Ausnahme bemüht, sind damit aber bisher abgeblitzt.

Mit der 25-Prozent-Regel hat die Branche nun einen Hebel gefunden, zumindest einige Komponenten wieder legal an Huawei liefern zu können. "Es scheint nun klar zu sein, dass einige Teile im Einklang mit der Entity-Liste und den anzuwendenden Regeln an Huawei geliefert werden können", teilte die Semiconductor Industry Association (SIA) mit. Darüber sei man mit der US-Regierung übereingekommen.

"Abhängig von den spezifischen Produkten und Lieferketten sind die Unternehmen unterschiedlich betroffen und müssen selbst beurteilen, wie sie ihre Geschäfte im Einklang mit den Regeln fortführen können", empfiehlt der Verband und warnte die US-Regierung, auf lange Sicht seien die Sanktionen schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit der US-Branche.

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Micron hat diese Beurteilung offenbar erfolgreich abgeschlossen. "Wir haben festgestellt, dass wir einen Teil unserer Produkte wieder legal liefern können, weil sie nicht der Exportkontrolle und den "Entity List"-Beschränkungen unterliegen", bestätigte Micron-CEO Sanjay Mehrotra am Mittwoch gegenüber Analysten.

Der Aktienkurs des Chipherstellers, der unter anderem NAND-Speicher für Smartphones produziert, erholte sich danach spürbar. Dennoch warnt Mehrota vor weiterer Unsicherheit. "Wir können nicht mit Sicherheit sagen, welche Mengen oder über welchen Zeitraum wir Produkte an Huawei liefern können." Der chinesische Smartphonehersteller sei Microns größter Kunde. Durch die Sanktionen seien dem Chiphersteller 200 Millionen US-Dollar Umsatz entgangen.

Die Sanktionen der US-Regierung sind vor dem Hintergrund des Handelskriegs zwischen den USA und China zu sehen. Die USA warnen ihre Verbündeten seit Monaten, den Telekommunikationsausrüster nicht am Ausbau der 5G-Infrastruktur zu beteiligen. Für die von den USA vorgebrachten Sicherheitsbedenken und Spionagevorwürfe hat die US-Regierung bisher keine Belege geliefert. Die Bundesregierung fährt derzeit einen eher gemäßigten Kurs und setzt auf Transparenz und Zertifizierung.

Von den US-Handelssanktionen ist nun auch Huaweis Gerätesparte betroffen. Der Konzern ist der zweitgrößte Smartphonehersteller nach Samsung. Ihre Ambitionen auf die Marktführerschaft müssen die Chinesen nun erstmal aufgeben. Unter anderem will Google für künftige Geräte kein Android mehr an Huawei liefern. Während aktuelle Produkte und Bestandskunden davon nicht unmittelbar betroffen sind, ist das ein schwerer Schlag für Huawei – und für Android: Google hat sich ebenfalls bereits um Ausnahmegenehmigungen bemüht.

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Huawei arbeitet unterdessen an seinem Plan B: Der Konzern entwickelt ein eigenes Smartphone-Betriebssystem auf Android-Basis, das wohl unter dem Namen Ark OS auf den Markt kommen will. Huawei konnte auf seinem Heimatmarkt schon viel Erfahrung mit Google-freien Betriebssystemen sammeln. Damit steht zwar eine etablierte Infrastruktur für App-Store und andere bisher von Google gelieferte Dienste bereit, dennoch wird es schwer sein, das den Kunden im Westen zu verkaufen. Auch Google hat kein Interesse daran, dass sich ein weiteres Betriebssystem im Markt etabliert.

US-Präsident Donald Trump und der chinesische Staatspräsident Xi Jinping werden sich im Rahmen des G20-Gipfels am kommenden Freitag im japanischen Osaka zu Gesprächen treffen. Das könnte auf eine Entspannung der verfahrenen Situation hindeuten. Die Verhandlungen beider Länder über ein Handelsabkommen waren im Mai abgebrochen worden. Daraufhin hatte Trump die Gangart verschärft und die Sanktionen gegen Huawei verhängt. (vbr)