Datenpannen bei Melderegister-Auskünften: Wahlwerbung für Säuglinge

Der baden-württembergische Datenschützer beklagt "massive Datenpannen bei Meldebehörden" während der jüngsten Europa- und Kommunalwahlen.

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Auch bei der EU-Wahl ist es zu Datenpannen gekommen

(Bild: Shutterstock/Daniel Jedzura)

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Dem baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten Stefan Brink sind umfangreiche Rechtsverstöße im Umgang mit persönlichen Informationen von Bürgern vor der Europa- und Kommunalwahlen im Mai zu Ohren gekommen. Es habe "massive Datenpannen" bei Meldeämtern gegeben, sodass dortige Informationsbestände illegal an Wahlkämpfer weitergegeben worden seien, teilte die Aufsichtsbehörde am Freitag mit. Die Fehler hätten dazu geführt, dass teils Daten von Nichtwahlberechtigen oder Personen, für die eigentlich Übermittlungssperren bestanden, in falsche Hände gelangten. Selbst Säuglinge und Kleinkinder hätten personalisierte Wahlwerbung erhalten.

"Parteien nehmen im demokratischen Willensbildungsprozess eine hervorgehobene Rolle ein und sind deshalb melderechtlich privilegiert", betonte Brink. Sie könnten daher von den Meldebehörden unter bestimmten Voraussetzungen Daten von Wahlberechtigen für deren gezielte Ansprache erfragen, solange die Betroffenen vorab keinen Widerspruch eingelegt hätten.

Das offenbar gewordene Versagen zeige jedoch dringenden Handlungsbedarf bei den Meldeämtern auf, meint der Datenschützer. Bereits einfache organisatorische und technische Vorkehrungen könnten Brink zufolge helfen, solche Vorkommnisse deutlich zu reduzieren. Er denkt dabei daran, die mit Melderegisterauskünften befassten Mitarbeiter vor Wahlen zu schulen oder das Vier-Augen-Prinzips bei der Datenaufbereitung anzuwenden. Generell habe der Wahlkampf erneut zu "einer Vielzahl von Beschwerden bei der Aufsichtsbehörde" geführt.

Oft sei den Betroffenen aber die Rechtslage und das Erfordernis, Widerspruch gegen persönliche Wahlwerbung einlegen zu müssen, schlicht nicht bekannt gewesen, erklärte Brink. Er erinnerte daran, dass das Vetorecht auch bei Datenübermittlungen an Adressbuchverlage und an Mandatsträger, Presse und Rundfunk bei bestimmten Alters- und Ehejubiläen gelte. Der Bundestag hat gerade ein Gesetz beschlossen, mit dem es Adresshändlern schwerer fallen soll, mit einer einfachen Melderegisterauskunft Informationen über Bürger abzufragen. (vbr)