Reichlich Platz für Photovoltaik

Die Dächer riesiger Logistikzentren wären nahezu ideale Standorte für Solarkraftwerke – wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmten.

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Tja, wer hätte das gedacht? Ein französischer Feldversuch mit einer Solarstraße ist krachend gescheitert. Viele Solarmodule überstanden es nicht lange, dass ständig Autos und Lastwagen über sie hinwegrumpelten. Zudem produzierte die Anlage wegen des üblichen Straßendrecks deutlich weniger Strom als erwartet. So eine Überraschung aber auch.

Selbst wenn die Hersteller irgendwie und irgendwann eine bessere Haltbarkeit hinkriegen sollten – welches Problem genau wäre damit gelöst? Günstiger wird der Solarstrom sicherlich nicht, wenn man die Module mit teurem Spezialglas schützen muss. Und aus Platzgründen muss man auch nicht auf die Straßen ausweichen. Es gibt nach wie vor genug Alternativen.

Da wären zum Beispiel die normalen Hausdächer. Tübingen etwa hat im vergangenen Jahr die Installation von PV-Anlagen auf Neubauten zur Pflicht gemacht. In Hannover wird so etwas gerade debattiert. Ein Solarkataster verrät, welche Dächer sich besonders gut eignen. Eine grobe Übersicht zeigt: So gut wie alle.

Auch auf Ackerflächen müssen Strom- und Nahrungsmittelproduktion keine Gegensätze sein. Am Bodensee gibt es seit zwei Jahren ein Pilotprojekt mit aufgeständerten PV-Modulen, unter denen ein Traktor durchfahren und den Acker bestellen kann. Zwischenbilanz: Die Verschattung hatte die Erträge zumindest im Sommer 2018 nicht gesenkt, sondern unter dem Strich sogar erhöht: Am meisten profitierte Sellerie (plus zwölf Prozent), gefolgt von Winterweizen und Kartoffeln (je drei Prozent). Lediglich bei Kleegras ging der Ertrag um acht Prozent zurück. Gerade in heißen und trockenen Gegenden würden sich auf diese Weise Strom- und Nahrungsproduktion wunderbar ergänzen.

Das größte Potenzial dürften hierzulande aber die Dächer von Gewerbeflächen bieten – etwa auf den riesigen, allerorten aus dem Boden schießenden Logistikzentren. Dass man dort ähnlich wirtschaftlich Strom produzieren kann wie mit einer Freiflächenanlage, hat der Projektierer MaxSolar gerade mit einer 6,4-Megawatt-Anlage auf dem Dach einer Logistikhalle im hessischen Dieburg gezeigt.

Das besondere daran: Sie hat sich in einer Ausschreibung für Freiflächenflächenanlagen durchgesetzt, die üblicherweise zu 5 bis 6 Cent pro Kilowattstunde produzieren. Feste Einspeisevergütungen gibt es nur bis 750 Kilowatt, was für solch große Dächer unterdimensioniert ist. Wer mehr installieren will, muss sich an einer Ausschreibung beteiligen. Da aber Freiflächenanlagen tendenziell günstiger zu errichten sind, haben große, gewerbliche Aufdachanlagen hier in der Regel keine Chance. Sie sitzen also zwischen allen Stühlen.

"Die Komplexität des Projekts erforderte eine längere Planungszeit als gewöhnlich", schreibt MaxSolar. Es müssten "stimmige Rahmenbedingungen vorliegen, damit solche Kraftwerke maßgenschneidert umgesetzt werden können. Eine Standardisierung ist erst ab 30.000 m² Fläche möglich – dann aber durchaus lohnenswert."

Die Rahmenbedingungen sind aber schlecht. So mussten die Projektierer eigens ein unabhängiges PV-Kraftwerk mit 750 kW auf dem Dach installieren, um selbst erzeugten Strom nutzen zu können, denn bei größeren Anlagen ist der Eigenverbrauch untersagt.

Es ist schon erstaunlich: Da fährt Deutschland sehenden Auges seine Klimaziele gegen die Wand (was nicht nur ein ethisches Problem ist, sondern auch richtig, richtig teuer werden kann), und das zuständige Bundeswirtschaftsministerium fühlt sich nicht einmal bemüßigt, die niedrigst hängenden Früchte zu ernten. Große Aufdachanlagen verbrauchen schließlich keine zusätzlichen Flächen, beeinträchtigen die Landschaft nicht, dürften den Wenigsten ein ästhetisches Ärgernis sein, und erzeugen günstigen Strom. Mit wenigen Änderungen im Gesetz ließe sich ein ganz neues Segment erschließen, ohne Steuergelder, Diskussionen mit Anwohnern, Kollateralschäden irgendeiner Art. Wenn die Regierung nur wollte.

(grh)