Video-Streaming: Die Rückkehr der Piraterie

Für eine Weile schien es, als würde Netflix ähnlich wie Spotify nahezu alle Inhalte anbieten, die man sich wünscht. Doch dann kamen die anderen.

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Video-Streaming: Die Rückkehr der Piraterie
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Es war eine schöne, aber kurze Zeit, als Netflix die bessere Alternative zur Online-Piraterie bot. Für eine Weile sah es so aus, als würde der Video-Streaming-Dienst ähnlich wie Spotify nahezu alle Inhalte anbieten, die man sich wünscht. Dann kamen die anderen.

Zu meinem Netflix-Abo gesellte sich Amazon Prime – die haben gute Sachen. Für Highlightswie die HBO-Serie "Chernobyl" kaufe ich hin und wieder ein Sky-Ticket. Einige Serien wie "The Handmaid's Tale" produziert der Dienst Hulu, dessen Serien man über Prime hinzubuchen kann. Als Star-Wars- und Marvel-Fan wird der Streaming-Dienst von Disney ein Muss sein. Vermutlich wird Apple für seine Videoplattform mindestens einen Titel pro Jahr produzieren, den ich gesehen haben muss. Hinzu kommt noch der Rundfunkbeitrag.

Sieben Dienste allein fürs Fernsehen also: Das läuft aus dem Ruder. Schließlich schaue ich nicht mehr, es verteilt sich nur auf mehr Anbieter. Die Streaming-Dienste wollen nämlich nicht konkurrieren, sondern sich ergänzen. Für "Stranger Things" geht man zu Netflix, für "Good Omens" zu Prime und so weiter. Das Urheberrecht ermöglicht es den Streaming-Anbietern, ihre Straßenfeger in monopolistischer Manier zu nutzen. "Game of Thrones" könnte durchaus auf mehreren Plattformen laufen.

Die Praxis erinnert an die Hollywood-Zeit vor 1945, als jedes Studio in den USA seine eigenen Kinos besaß. Das Publikum musste für manche Filme weite Wege auf sich nehmen, auch wenn ein Kino am Ende der Straße stand, und es bekam eine Menge Schrott, pardon, B-Movies angeboten. Es brauchte ein Urteil des Obersten Gerichtshofs gegen die Studios, vertreten durch Paramount, das seit 1948 sogenanntes Block-Booking verbietet, die Vermarktung von A- und B-Filmen im Paket. In der Folge produzierten die Studios weniger, aber teurere und attraktivere Filme wie "Die zehn Gebote", die in möglichst allen Kinos laufen sollten.

Ohne ein solches Urteil wird sich vermutlich auch die Aufteilung der Rechte unter den Streaming-Diensten nicht ändern. Es sei denn, sie einigen sich untereinander, denn das Publikum wird langfristig nicht für jeweils eine attraktive Serie gleich eine ganze Streaming-Plattform abonnieren. Ohne eine solche Einigung erlebt die Online-Piraterie möglicherweise eine Wiedergeburt. Und dann verlieren alle.



Dieser Beitrag stammt aus c't 17/2019
(akr)